Nr. 366 / 24. November 2011 RO
Bremen ist für seine lange Handelstradition bekannt. Vom Überseehandel mit Baumwolle, Zucker, Kakao, Kaffee und Tee kann man sich zum Beispiel im Bremer Überseemuseum ein Bild machen. Bremens Regional- und Stadtgeschichte war, so belegen es historische Quellen, dabei auch eingebunden in Sklaverei und Sklavenhandel. Wie sieht die öffentliche Erinnerung an diesen Teil der Geschichte aus? Eine Antwort darauf soll das DENKWERK-Projekt „Das Gewebe der Sklaverei: auf den Spuren transatlantischer Versklavung in Bremen“ geben. Das Projekt, das von der Robert Bosch Stiftung mit 28.000 Euro gefördert wird, wurde am Fachbereich Sprach- und Literaturwissenschaften von Professorin Dr. Sabine Broeck eingeworben. Es soll eine engere Verzahnung zwischen Universität und Schule etablieren, um Schülerinnen und Schüler an Fragestellungen und Methoden der Wissenschaft heran zu führen und für die Universität zu gewinnen: Es wird darum gehen, neugierig, selbständig und ergebnisoffen etwas herauszufinden, was nicht vom Lehrplan vorgegeben ist.
Das Stichwort ist also „forschendes Lernen“: Ausgehend von der Beobachtung, dass die Frage nach der Verzahnung von Bremens Stadtgeschichte mit Sklaverei und Sklavenhandel kaum Thema im Schulunterricht, in Reportagen und Museumsausstellungen ist – selbst wenn es direkt um Kakao und Kaffee oder das Jubiläum der Baumwollbörse geht – erforschen Schüler, welche Mechanismen des Vergessens hier greifen. Handelt es sich hierbei um gezieltes Verschweigen oder um Verdrängung?
Unter federführender Leitung von Sabine Broeck erkunden Bremer Schulklassen nun in Archiven und Museen die Frage, ob und wie die Verwicklung Bremens in Menschenhandel und Versklavung in der Neuen Welt im Bremer Gedächtnis verankert ist oder verschwindet. Das Projekt, das gemeinsam mit Lehrerinnen und Lehrern für den Abiturschwerpunkt Tiefer Süden entworfen wurde, wird von Jugendlichen der Jahrgänge acht und zwölf der Schulzentren Walle und Waller Ring durchgeführt. Die Suche nach den Erinnerungsspuren des frühen Kolonialhandels führt dabei an verschiedene Orte in der Stadt: Im Staatsarchiv ergründen die Schüler zum Beispiel, ob und wie die Abhängigkeit des Baumwollhandels von Sklaverei im offiziellen Gedächtnisort der Stadt auftaucht.
Im Frühjahr 2012 führen die Schüler das Projekt über mehrere Wochen durch und stellen es in einer schulischen Veranstaltung und auf einer selbst konzipierten und eingerichteten Website abschließend vor; ein zweiter Durchgang ist im Folgejahr vorgesehen.
Weitere Informationen:
Universität Bremen
Fachbereich 10: Sprach- und Literaturwissenschaften
Prof. Dr. Sabine Broeck
Tel. 0421 218-68130
E-Mail: broeckprotect me ?!uni-bremenprotect me ?!.de