Nr. 239 / 7. September 2016 RO
Neu eingeführte Medikamente bedeuten trotz verschärfter gesetzlicher Regelungen längst nicht immer einen medizinischen Fortschritt für die Patienten. Auch führt das Verfahren eines neuen Gesetzes, das den Zusatznutzen von Medikamenten bewertet und den Titel Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) trägt, nicht zu deutlich verringerten Ausgaben für die Krankenkassen. Zu diesem Ergebnis kommt der Innovationsreport 2016, den die Bremer Gesundheitsexperten Daniela Boeschen, Dörte Fuchs und Judith Günther unter Leitung des Arzneimittelforschers Professor Gerd Glaeske vom SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik der Universität Bremen jetzt auf einer Bundespressekonferenz in Berlin vorgestellt haben. Der Bericht wurde mit Unterstützung der Techniker Krankenkasse (TK) erstellt und zusammen mit Professor Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, Berlin und Professorin Petra Thürmann, Direktorin des Philipp-Klee-Instituts für klinische Pharmakologie am HELIOS Klinikum Wuppertal herausgegeben. Er bietet Fachkreisen Orientierung im Arzneimittelmarkt und leistet einen wichtigen Beitrag zur Versorgungsforschung.
Zu den Ergebnissen
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler geben eine Übersicht über 23 der im Jahr 2013 neu auf den deutschen Markt gekommenen Arzneimittel. Sie bewerten diese zum einen hinsichtlich ihres therapeutischen Stellenwertes, zum anderen bezüglich ihrer Kosten, Marktentwicklung und Versorgungsrealität mit einem Ampelsystem. Der Innovationsreport begleitet den mit dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) im Jahr 2011 gestarteten Prozess der Arzneimittel-Nutzenbewertung. Mit dem AMNOG wurde eine gesetzliche Regelung eingeführt, die den Innovationsgrad neuer Arzneimittel prüft. In der Studie wird auch untersucht, ob und in welchem Ausmaß neue Arzneien therapeutisch positiver zu beurteilen sind als bewährte Vergleichstherapien.
Nicht nur neue Medikamente auf Nutzen prüfen
Die im Innovationsreport beschriebene Kostenexplosion in der medikamentösen Therapie durch neu angebotene hochpreisige Arzneimittel, mündet in der Forderung nach einer Weiterentwicklung der Kriterien für die Preisgestaltung und -festsetzung neuer Wirkstoffe. Das mittlerweile fünf Jahre bestehende AMNOG, das als lernendes System eingeführt wurde, sollte weiter entwickelt werden, um Qualität, Wirtschaftlichkeit, Transparenz und Patientenorientierung in der Arzneimittelversorgung zu steigern. Eine Weiterentwicklung sollte es auf dem Gebiet der Spätbewertung vieler Arzneimittel geben, da unmittelbar nach der Zulassung noch zu wenig über den Patientennutzen bekannt ist. Vor allem für die größte Gruppe der neu auf dem Markt angebotenen Arzneimittel, nämlich der Onkologika, sind dringend Studien erforderlich, die für die drei Jahre nach der Zulassung die Behandlungsergebnisse dokumentieren.
Achtung Redaktionen: In der Uni-Pressestelle ist unter der E-Mail presse@uni-bremen.de ein Foto von Professor Gerd Glaeske erhältlich.
Weitere Informationen:
Universität Bremen
SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik
Prof.Dr. Gerd Glaeske
Tel.: 0421 218-58559
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