Rechtliches und Formales

Bei der Planung einer Praxisphase stehen ganz selbstverständlich die inhaltlichen, organisatorischen und finanziellen Fragen meistens im Mittelpunkt, besonders zu Beginn der Überlegungen. Formalitäten und behördliche oder legale sowie verwaltungstechnische Gesichtspunkte verlegen Sie im eigenen Planungsbewusstsein gerne »auf später«. Irgendwie wird das alles schon gehen, und unangenehm wird es ohnehin früh genug – so oder ähnlich denken viele, die ansonsten ihre Planungsphase durchaus umsichtig vorbereiten.

Es können aber gelegentlich gerade diese externen Aspekte sein, von denen die Realisierbarkeit eines Praktikums abhängt. Sich in diesen Fragen frühzeitig Klarheit zu verschaffen stellt den besten Weg dar, spätere Enttäuschungen zu vermeiden. Auch um bei der Kontaktaufnahme zu möglichen Praktikumsgebern überzeugend auftreten zu können, ist es von großem Vorteil, von der Machbarkeit eines Praktikums selbst überzeugt zu sein.

Diese Machbarkeit hängt nun aber, ob wir das wollen oder nicht, oftmals vom äußeren Rahmen ab, also von Regeln, Vorschriften, und eben auch Gesetzen. Die weit verbreitete Einschätzung, dass das »die Organisationen schon wissen werden«, mag auf große Unternehmen zutreffen. Selbst dort werden Sie aber nicht positiv auffallen, wenn Sie in punkto Basiswissen zu unbedarft auftreten und vieles einfach anderen überlassen wollen. Bei den meisten mittelgroßen und kleineren Praktikumsgebern lässt sich sogar vorher sehen, dass ein prinzipielles Interesse an Praktikant:innen schnell wieder gebremst wird, wenn der formale und legale Rahmen unklar und fragwürdig erscheint. An diesem Punkt kann es für den Bewerbungserfolg mit entscheidend sein, sich als Bewerber selbst auszukennen und Vorschläge parat zu haben.

Die in vielen Fällen heikelste Frage, die es zu klären gilt, ergibt sich aus der Notwendigkeit, dass Sie für eine aktive Praxisphase in aller Regel eine Arbeitserlaubnis benötigen. Wer also mehr von einem Praktikum erwartet, als nur »beobachtend« den Arbeitsalltag zu erleben, kommt um die Abklärung dieser Frage nicht herum.

Für EU-Bürger, die innerhalb der Europäischen Union ihr Praktikum absolvieren möchten, fällt die Klärung leicht. In allen Mitgliedsstaaten gilt das Prinzip der sogenannten »Freizügigkeit«, das es allen EU-Bürger:innen gestattet, überall in der Union zu leben und zu arbeiten – nachgewiesene Arbeitsplatzangebote können, abhängig von nationalen Gesetzgebungen, die Voraussetzung für längerfristige Aufenthalte sein. Nicht EU-Bürger:innen, die sich legal für ihr Studium in einem EU-Land aufhalten, erkundigen sich sowohl bei der für sie zuständigen Ausländerbehörde des Studienlandes wie auch bei der Botschaft des beabsichtigten EU-Gastlandes, in dem das Praktikum stattfinden soll, über die gültigen Regeln.

Bei allen anderen Auslandspraktika gilt für alle Praktikant:innen derselbe Grundsatz: Außer für Praktika im Heimatland oder in einem Land, zwischen welchem und dem eigenen Heimatland besondere bi-laterale Verträge existieren (Auskunft dazu von den jeweiligen Außenministerien und Konsulaten), wird auch für kürzere Praxisphasen meistens eine Arbeitserlaubnis (oder eine spezielle Befreiung davon) zu beantragen sein. Rechtliche Ausnahmekategorien, wie wir sie zum Teil in Deutschland kennen, werden oftmals keine Rolle spielen. So ist es für die visumsrechtliche Beurteilung – also ob eine spezielle Arbeitserlaubnis benötigt wird oder nicht – in vielen Ländern nicht relevant

  • ob ein praktischer Einsatz im Rahmen eines Studiums stattfindet
  • ob Sie eine Entlohnung erhalten oder
  • wie viele Stunden Sie arbeiten

denn in anderen Ländern haben Aspekte wie Ausbildungsbezug oder Art der Tätigkeit einen anderen Stellenwert, als wir in Deutschland gewohnt sind.

Ausschlaggebend dafür, dass eine besondere Erlaubnis benötigt wird, ist meistens die schlichte Tatsache, dass Sie bei einer/einem Arbeitgebenden mitarbeiten möchten. Dies ohne weitere Erläuterungen als »einfachen Besuch« zu deklarieren, es also mit einem Touristenvisum oder der in vielen Ländern inzwischen möglichen visumsfreien Einreise für einen begrenzten Zeitraum abdecken zu wollen, verstößt so gut wie immer gegen nationale Gesetze. Da die Strafen für einen Missbrauch des Touristenstatus bzw. für illegale Einreiseversuche drakonisch sein können, muss die Erkundigung beim jeweiligen Konsulat ganz oben auf der Liste dringend zu klärender Fragen stehen. Wenn Sie richtig und mit Geduld fragen, werden Sie in der Mehrzahl der Fälle und Länder mit brauchbaren Antworten belohnt.

Ganz wichtig dabei ist, dass Sie sich den jeweiligen Rahmenbedingungen entsprechend verhalten, also die passenden Worte finden bzw. danach suchen. Wenn Sie sich nach den Arbeitserlaubnistypen erkundigen, fragen Sie also konkret nach Work&Travel-Visum, Praktikumsvisum, Arbeitserlaubnis etc. (je nachdem was für Sie in Frage kommt). Dies gilt sowohl für das persönliche Gespräch wie auch für die (meistens primäre) Suche auf den Webseiten der Konsulate derjenigen Länder, für die Sie sich interessieren.

Hinweis: Wie Sie die Botschaften und Konsulate weltweit zuverlässig finden, ist im Regionalteil »Europa« erläutert.

Obwohl Sie als Praktikant:in eine offizielle Erlaubnis zum Arbeiten benötigen, stellt für Sie das klassische »Arbeitsvisum« nicht unbedingt den günstigsten Weg dar. Auch wenn sich die Beschreibungen solcher Visumstypen häufig passend anhören (so zum Beispiel, wenn von zeitlich befristeten Arbeitsverhältnissen zwischen einigen Wochen und mehreren Monaten/Jahren die Rede ist), führt der Beantragungsversuch oft in eine Sackgasse.

Die zwei größten Stolpersteine für Praktikant:innen sind dabei die so genannte Arbeitsmarktprüfung (Kann kein Inländer diese Arbeits-/Praktikumsstelle einnehmen?) sowie die Tatsache, dass die Beantragung fast immer zu Lasten der/des Arbeitgebenden geht, teilweise mit sehr hohem zeitlichen und finanziellen Aufwand. An diesem Punkt verlieren auch wohlwollende Firmen oftmals die Lust, sich diesen Mühen zu stellen, und sagen ein bereits vereinbartes Praktikum ab. Auch deshalb ist es wichtig, als Bewerber*in fit zu sein und Alternativen möglichst schon zu kennen.

Dazu gehört in diesem Fall ein echtes »duales Denken«: Der Begriff »zeitlich befristete Mitarbeit«, den wir für die Gespräche mit Vertreter:innen von Arbeitgebenden als äußerst nützlich kennen gelernt haben, weist in punkto Visum oft in die falsche Richtung – »temporary work« als Arbeitserlaubnistyp sollte die Ausnahme sein, während der Gedanke des ausbildungsbezogenen Praxisaufenthalts dem Konsulat gegenüber in den Vordergrund tritt.

Wer keine Alternativen zum »Arbeitsvisum« finden kann oder die Bedingungen des Ausbildungsbezugs nicht mehr erfüllt und deshalb keine Wahl hat, sollte den Aufwand, den das reguläre Arbeitsvisum für die Firma mit sich bringt, bedenken. Der eigene Auftritt muss in solchen Fällen umso überzeugender gestaltet werden, damit sich die Mühe für die Arbeitgebenden auch lohnt.

Als Student:in oder Absolvent:in wird sich die Alternative zum »Arbeitsvisum« aber sehr oft finden lassen. Der Nutzen ausbildungsbezogener Praxisphasen wird mittlerweile weltweit anerkannt, so dass viele Länder, sowohl eher exotische Ziele wie zum Beispiel Indonesien als auch klassische Traumländer wie die USA oder Kanada, entsprechende Visumstypen eingeführt haben.

Der entscheidende Unterschied zwischen einem »Arbeitsvisum« und einer ausbildungsbezogenen Arbeitserlaubnis besteht darin, dass bei einer Praxisphase der Lerngedanke im Vordergrund steht, nicht aber das Arbeiten als Selbstzweck zum Geldverdienen oder als Weg zu einer neuen Existenz. Die Visumskategorie, die dafür bestimmt ist, können Sie pauschal etwa als »Kulturaustauschvisa« bezeichnen. Bezeichnungen wie zum Beispiel »Practical Training«, »(Occupational) Trainee«, »Student Intern« oder »Sozial-Kultur-Visum« drücken aus, worum es dabei gehen soll. Besonders interessant werden diese Kulturaustauschvisa dadurch, dass die Beantragung im Vergleich zum Arbeitsvisum deutlich vereinfacht und der Aufwand für den Arbeitgeber minimiert wird. Meistens beantragen Sie ein »Praktikantenvisum« in eigener Regie, indem Sie sich die nötigen Belege (z.B. die Einstellungszusage der Firma, den Nachweis einer Anerkennung durch die Heimathochschule o.ä.) besorgen und beim Konsulat einreichen. In manchen Fällen, so in den USA, existiert ein streng durchreguliertes System, das die Antragstellung über einen »legalen Sponsor« (meistens eine Austauschorganisation) zwingend vorschreibt, um das berühmte J-1(Trainee) Visum erhalten zu können.

Die Regeln für solche »Praktikantenvisa« unterscheiden sich innerhalb der Länder und Regionen zum Teil erheblich (zum Beispiel auch im Hinblick auf die mögliche Aufenthaltsdauer), während der grundsätzliche Vorteil gegenüber einem regulären Arbeitsvisum praktisch überall besteht. Die Erlaubnis für die Durchführung eines Praktikums kann durch eine konsularische (schriftliche) Kommentierung eines Touristenvisums wie auch durch die Erteilung eines Spezialvisums wie des J-1 (USA) ausgesprochen werden. Dazwischen gibt es eine ganze Reihe von nationalen Varianten wie auch fächerspezifischen Besonderheiten (z.B. für Juristen und Mediziner). Im Allgemeinen werden mindestens folgende Papiere bzw. Nachweise vorausgesetzt, die auf den Seiten der jeweiligen Konsulate meistens gut erklärt werden:

  • Vordruck für den Visumsantrag
  • Bescheinigung über ausreichende finanzielle Mittel
  • Vereinbarung mit der/dem Arbeitgebenden (in einigen Ländern nur mit staatlicher Genehmigung möglich)
  • Bescheinigung des Studienbezugs (enger oder weiter gefasst, je nach Land)
  • Nachweis, dass Sie nach Beendigung des Praktikums wieder ausreisen werden
  • Aussagen zur persönlichen Eignung, zum Stand der Fremdsprachenkenntnisse sowie zur Krankenversicherung

Ganz wichtig zu wissen ist auch, dass nach Erfüllung der vorgegebenen Kriterien – selbst in Ländern mit sehr strikten Regeln wie den USA – die inhaltliche und organisatorische Ausgestaltung der Praxisphase den beteiligten Firmen und Praktikant:innen weitgehend selbst überlassen wird. Einschränkungen, was die Art der Tätigkeit oder auch eine mögliche Bezahlung angeht, gibt es meistens nicht. Entscheidend ist die Feststellung, dass es sich eben nicht um »normale Arbeit« handelt, sondern der Lernaspekt (practical training) im Vordergrund steht.

Hinweis: Obwohl es im Internet mittlerweile eine fast schon unüberschaubare Anzahl von Informationsquellen (die sich alle für berufen und wohl informiert halten) zu diesem Thema gibt, empfiehlt sich besondere Vorsicht gegenüber den Auskünften privater, kommerzieller und halb-offizieller Anbieter sowie Meinungsäußerungen in Foren, Blogs und sozialen Netzwerken aller Art – egal, wie wohlgemeint sie sein mögen. Vieles, was Sie dort lesen, kann wirklich zum Einstieg in das Thema hilfreich sein; genauso häufig aber tauchen nicht mehr aktuelle und halb-wahre Informationen auf, die die Gefahr in sich bergen, dass Sie vollkommen falsch planen. Rechtsverbindliche Auskünfte zur Visumserteilung können generell nur die Konsulate der Zielländer geben. Eine gute Informationsquelle stellen des Weiteren häufig die großen Berufsverbände oder bi-national arbeitende Organisationen wie z.B. die bereits erwähnte Deutsch-Amerikanische Jurist:innen-Vereinigung e.V. dar. Am besten verfahren Sie wie ein guter Journalist und verifizieren die entsprechenden Informationen durch mindestens zwei bis drei zuverlässige Quellen, eine davon das Konsulat selbst.

Eine besondere und oft unterschätzte Variante des Kulturaustauschvisums stellt die Work&Travel-Kategorie dar. Landläufig wird davon ausgegangen, dass ein Work&Travel-Visum ausschließlich saisonale und Aushilfsarbeiten ermöglicht (die sogenannten »backpacker activities«). Tatsächlich erhält man mit einem Work&Travel-Visum aber eine in den meisten Fällen fast uneingeschränkte Arbeitserlaubnis, die auch fachlich anspruchsvolle Arbeiten nicht ausschließt. Für viele stellt ein solches Visum die am wenigsten aufwändige, eleganteste und dabei noch flexibelste Variante einer Arbeitserlaubnis dar. Denn nur mit einem Work&Travel-Visum besteht die Möglichkeit, neben dem eigentlichen Praktikum gegebenenfalls noch etwas »zu jobben«, um zum Beispiel die Reisekasse aufzufüllen.

Es lohnt sich also auf jeden Fall, sich darüber zu informieren, ob im gewünschten Zielland eine Work&Travel-Variante existiert. Geringe Beantragungshürden werden zum Teil durch strikte Kontingentierungen ergänzt. Beim Working Holiday Maker (WHM) in Australien und Neuseeland zum Beispiel ist der Ausbildungsbezug allein durch das richtige Alter (18-30 Jahre) gegeben. Allerdings dürfen Sie das WHM-Programm im Prinzip nur einmal im Leben wahrnehmen (mit bis zu 12 zusammenhängenden Monaten Aufenthaltszeitraum), und nicht alle Nationalitäten sind zugelassen. Die bekanntesten Work&Travel-Visa-Programme mit ganzjähriger Dauer werden von den Regierungen Australiens, Neuseelands, Kanadas und Japans angeboten. Für die USA gibt es neben dem J1 Visum, welches auch für Work&Travel gilt, die Möglichkeit als Volonteer tätig zu sein (siehe auch am Ende des Kapitels). Für Tätigkeiten dieser Art kann ein normales Besucher Visum (B1/B2-Visum) ausreichen Allerdings gibt es hier einige Beschränkungen. So darf es sich nur um ausschließlich helfende Tätigkeiten, die Bedürftigen in den USA zu Gute kommen, handeln.

Hinweis: Unterscheiden sollten Sie sorgfältig zwischen einem »Work&Travel-Visum«, das Sie meistens selbständig bei der entsprechenden Botschaft beantragen können, und den intensiv beworbenen weltweiten Work&Travel-Programmen von Austauschbüros und -organisationen. Während das Visum als solches, wie oben beschrieben, maximale Bewegungs- und Gestaltungsfreiheit ermöglicht, handelt es sich bei den Programmpaketen, die den gleichen Namen nutzen (aber zum Teil ein entsprechendes Visum gar nicht beinhalten), oftmals um  umfangreiche Pakete, wie sie im Abschnitt »Programmangebote« unter »Full Service« (s. Kapitel 5.1 Programmangebote) beschrieben sind.

So wie ein Work&Travel-Visum, obwohl es sich anfangs »nicht richtig anhört«, in vielen Fällen der ideale Weg zur Legalisierung einer Praxisphase sein kann, können sich je nach Zielland unter Umständen ganz unterschiedliche Optionen für den Visumsstatus anbieten. Wichtig ist, dass Sie die  Visumsbezeichnung und die Inhalte, die Sie umsetzen und mit dem Arbeitgeber vereinbaren möchten, nicht unbedingt gleich setzen. Solange nach den Visumsbestimmungen die Tätigkeiten, die Sie ausüben möchten und der Rahmen, den Sie vereinbart haben, legal und bei eindeutigen Angaben abgedeckt ist, kann die entsprechende Visumskategorie im Prinzip heißen, »wie sie will«.

Einige Studierende haben in der Vergangenheit erfolgreiche Praktika unter einem Visum für »Freiwilligenarbeit« abgeleistet, sogenannte »Volunteers«. In solchen Fällen muss das Wort »Freiwilligenarbeit« nicht einmal unbedingt »unentlohnt« bedeuten, denn wenn zum Beispiel Unterbringung und Vollverpflegung vom Praktikumsgeber gestellt werden, finanziert sich dadurch ein Großteil der anfallenden Kosten. Flexibilität ist also auch gefragt, was die Wahl des richtigen Visums angeht, so dass es sich mehrfach lohnen kann, im Vorfeld zu diesem Thema gründlich zu recherchieren. So werden zum Beispiel staatliche und transnationale Organisationen wie die Vereinten Nationen, die EU oder der World Wide Fund for Nature in aller Regel auch in Bezug auf das Visum ihre eigenen Routinen oder Sonderkategorien haben, denen dann selbstverständlich Folge geleistet werden muss.

Der arbeitsrechtliche Rahmen für ein internationales Praktikum stellt einen weiteren Bereich dar, in dem das Motto »Fremde Länder, fremde Sitten« seine Gültigkeit hat. International allseits anerkannte Regeln oder gar Gesetze zum Status von Praktikant*innen existieren nicht.

Während wir in Deutschland auf verschiedenen Ebenen jede Menge ausgefeilter Regelungen gewohnt sind (vgl. auch das Informationshandbuch Praktikum »Wegweiser für Studierende« des Career Centers) – zum Beispiel sozialversicherungsrechtlich, steuerrechtlich, was den Grad der Verantwortung und die möglichen Arbeitszeiten angeht – finden sich in den meisten anderen Ländern davon erheblich weniger.

Ganz verkehrt ist es, sich gegenüber Arbeitgebenden im Ausland auf den Rechte- und Pflichtenkatalog von deutschen Praktikant:innen zu beziehen – das schreckt eher ab und macht manchen guten Gesprächsansatz zunichte. Ganz allgemein gilt, dass mit Ausnahme der großen internationalen Konzerne, der Ableger deutscher Firmen im Ausland und der großen internationalen und politischen Organisationen in Bezug auf Arbeitsverhältnisse weniger geregelt und schriftlich fixiert wird, als das in Deutschland der Fall ist. Besondere Berufsgruppen wie der medizinische Bereich, Juristen oder verstärkt auch sicherheitsrelevante Tätigkeitsfelder können dabei eine Ausnahme bilden.

Die Themen, die hinter arbeitsrechtlichen Vorgaben, wie wir sie kennen, stehen, werden dadurch natürlich nicht gegenstandlos: Wöchentliche Arbeitszeit, Arbeitszeitverteilung, Tätigkeitsbereiche, Pausenregelungen, Gehalt und einiges mehr sind international ebenso bedeutsam wie zuhause und sollten abgesprochen und vereinbart werden. Ob dies unbedingt in Form eines Praktikums- oder Arbeitsvertrags zu geschehen hat, kann von Land zu Land und von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich sein. Gerade die in Deutschland beliebte und als Ur-Recht empfundene Forderung (»da muss ein Vertrag gemacht werden« – »we have to sign a contract«) kann international Befremden auslösen. Themen oder ganz ungeschickt sogar Forderungen in Richtung Urlaubstage, Überstundenausgleich oder gar Urlaubsgeld u.ä. werden in den meisten Fällen auf dem Weg zum Praktikumsangebot kontraproduktiv sein. Alle diese Fragen und Themen zu klären erfordert Sensibilität und Geschick – schließlich erwarten wir als zukünftige Praktikant:innen primär etwas von unseren Praktikumseinrichtungen und nicht umgekehrt. Das soll und darf nun allerdings überhaupt nicht bedeuten, dass Praktikant:innen sich als Bittsteller:innen zu geben haben und sich für einen guten Praktikumsplatz gegebenenfalls auch ausbeuten lassen sollten.

Dass also über die oben genannten Themen und je nach Bereich weitere wichtige Aspekte des Praktikumsalltags mit den Arbeitgebenden zu sprechen sein wird, ist klar. Wie so oft kommt es dabei auf das »WIE?« an.

Regel 1: Im Vorfeld informieren, wie sich die Gepflogenheiten des Arbeitsmarkts in Bezug auf die Regelung von Arbeitsverhältnissen und Umgangsformen zwischen Beschäftigten und Arbeitgebern gestalten, auch im Hinblick darauf, ob der Praktikant:innenstatus als Thema auftaucht. Als Quelle für solche Informationen können die »Arbeitsagenturen« der Zielländer, die Career Center und andere berufliche Beratungsstellen im Gastland sowie Berufsverbände, Gewerkschaften und auch das nationale Arbeitsministerium dienen.

Regel 2: Nicht mit der Tür ins Haus fallen, sondern geduldig abwarten und genau aufpassen, ob und wann von seiten der/des Arbeitgebenden Andeutungen oder sogar klare Aussagen zur rechtlichen Gestaltung und den Regeln für eine Praxisphase erwähnt werden. Wenn das der Fall ist, daran anknüpfen. Die schlechteste Idee ist es immer, Sätze einzuleiten mit »In Germany, we do it like this: …« – es sei denn, Sie werden interessiert danach gefragt. Auch dann aber sollten Sie die eigenen Verhältnisse als eine Möglichkeit, nicht als ein MUSS beschreiben.

Regel 3: Eine schriftliche Fixierung der wichtigsten Eckpunkte sollte immer (taktvoll) angestrebt, aber nicht eingefordert werden. Begründungen wie zum Beispiel »zur Vorlage bei meiner Universität« oder »zu meinem besseren und eindeutigen Verständnis« kommen immer gut an, ebenso wie die Bevorzugung des Worts »Vereinbarung« (agreement) gegenüber dem »Vertrag« (contract). Ein Beispiel für ein absichtlich moderat formuliertes Work Experience Agreement, das aber alle wesentlichen Punkte beinhaltet und nach Bedarf ergänzt werden kann, findet sich im an die Unternehmen gerichteten Teil dieses Handbuchs (und auf der Career Center Website unter Downloads.) Nach Telefonaten zu den hier relevanten Themen ebenso wie nach dem Austausch einer Reihe von E-Mails empfiehlt sich immer eine schriftliche Zusammenfassung (»wir haben vereinbart…« – »we have agreed…«), die in Form eines bestätigten EMailaustauschs (»could you please confirm that my understanding is correct as far as…is/are concerned«) durchaus verbindlichen Charakter erzielt. In jedem Fall können Sie sich später auf eine solche Auflistung der wesentlichen Punkte gut beziehen. Für den Fall, dass Arbeitgebende aus welchen Gründen auch immer mit Verschriftlichungen zögerlich umgehen, können Sie sich selbst im Übrigen auch noch damit beruhigen, dass bei der Beantragung eines Praktikantenvisums in vielen Fällen ohnehin eine schriftliche Vereinbarung verlangt wird – vom Konsulat des Arbeitgeber-Heimatlandes, was also unverfänglich ist.

Regel 4: Niemals etwas einfordern, sondern alles, was Sie bewegt und Ihnen am Herzen liegt, besprechen, diskutieren und verhandeln!

Wichtiger Hinweis: Wer sich trotz Beachtung all dieser Regeln und größtem Bemühen mit den Reaktionen einer möglichen Praktikumseinrichtung unwohl oder potentiell ausgebeutet fühlt, sollte im Zweifelsfall ruhig seinem Bauchgefühl trauen und von sich aus absagen. Auch unter Arbeitgebenden gibt es »schwarze Schafe«. Wenn in wichtigen Fragen partout keine Festlegung erzielt werden kann (»Arbeitszeiten zwischen 40 und 50 Stunden pro Woche, es können auch mal 70 bis 80 werden, gelegentlich auch 100…«) oder möglicherweise unlautere Vorschläge gemacht werden (»auf eine Arbeitserlaubnis kommt es nicht an«; wider besseren Wissens) und keinerlei Verschriftlichung arrangiert werden kann, dann ist es meistens besser, erneut auf die Suche zu gehen.

Während Sie die formalen und rechtlichen Aspekte des Praktikums besprechen und aufmerksam auf die Signale achten, die mögliche Arbeitgebende aussenden, entwickelt sich auch Ihr Empfinden für die Realitäten der Arbeitswelt und die Perspektive der Unternehmen auf das zukünftige Praktikum. Wenn Arbeitgebende vertrauenswürdig und zuverlässig kommunizieren, dann fällt es auch leichter, nationale Phänomene zu akzeptieren. Anstatt wie bei uns üblich, Überstundenregelungen bis ins letzte Detail zu klären, bevor Sie sie geleistet haben, gilt in vielen Ländern das amerikanische Motto: When there’s a job to be done, there’s a job to be done – Sie bleiben also bei solchen Anlässen solange, bis die Arbeit getan ist, und einigen sich über den (normalerweise selbstverständlichen) Ausgleich nach der erfolgreichen Beendigung. Andererseits werden Sie überall auch auf Bereiche stoßen, die im Vergleich zu Deutschland restriktiver gehandhabt werden. So stellt in den USA, aber inzwischen nicht mehr nur dort, die Anforderung eines Drogentests oder bestimmter medizinischer Tests vor Arbeitsaufnahme keinerlei Beeinträchtigung der Persönlichkeitsrechte dar und liegt schlicht und im Ermessen des Arbeitgebers.

Was im Übrigen die gesetzlich, gewerkschaftlich oder betriebsintern wirksamen Regeln für die vertragliche Gestaltung von Arbeitsverhältnissen – wie eine Praxisphase aus Unternehmenssicht meist eingeordnet werden wird – angeht, verlassen Sie sich am besten auf die Auskünfte des für Personalabteilung des Unternehmens. Gegebenheiten, die fremd oder nicht plausibel erscheinen, sollten nicht einfach abgelehnt werden, sondern mit der Bitte um Erläuterung besprochen und gegebenenfalls mit den laut Regel 1 (s.o.) gewonnenen Informationen abgeglichen werden. Vieles, was auf den ersten Blick merkwürdig erscheint, erklärt sich wie in Deutschland auch aus gesetzlichen Regelungen, Vorgaben der lokalen Finanzbehörden oder den Konventionen des Arbeitsalltags. Dies gilt auch für die sozialversicherungsrechtliche Einordnung (z.B. gesetzlicher Krankenversicherungsschutz, Arbeitslosenversicherung, Rentenversicherung), die nicht einmal in Europa, geschweige denn weltweit, auch nur annähernd einheitlich geregelt ist. Sobald ein Unternehmen sich gezwungen sieht, von einem eventuell vereinbarten Praktikumsentgelt gewisse Abzüge einzubehalten, können Sie versuchen herauszufinden, ob es vielleicht Ausnahmeregelungen gibt. Wehren sollten Sie sich im Endeffekt aber nicht zu sehr dagegen, um die Basis für ein ansonsten perfektes Praktikum nicht unnötig zu gefährden.

Das Unternehmen kann, muss aber nicht (mit Ausnahme existierender gesetzlicher Vorgaben) auf ausreichendem Versicherungsschutz bestehen. In erster Linie liegt es im eigenen Interesse, sich für die Zeit im Ausland zufrieden stellend abzusichern. Wie zuhause auch sind in dem Punkt die Bedürfnisse verschieden. Einen guten Anhaltspunkt bietet die Frage, welche Versicherungen man in Deutschland als absolut notwendig erachtet und abgeschlossen hat, und wie mindestens dieser Versicherungsschutz für die internationale Praxisphase gewährleistet werden kann. Ob Sie es dann bei einer Kranken-, Unfall-, Haftpflicht- und vielleicht Rechtsschutzversicherung belassen oder neben praktischen Dingen wie einer Reisegepäckversicherung weiteren Schutz in Anspruch nehmen möchten, stellt eine rein individuelle Entscheidung dar. Wichtig ist, dass Sie sich für alle Versicherungen, die während des Praktikums gelten sollen, bescheinigen lassen, dass Sie auch im gewünschten Zielland und bei Arbeitsaufenthalten gültig sind und Leistungen erbringen.

Keine Überlegungen sollte es beim Krankenversicherungsschutz geben, denn diese Absicherung gehört zur Grundausstattung und wird in aller Regel auch bei visumspflichtigen Aufenthalten von den Konsulaten eingefordert. Angesichts der enormen Kosten, die im Falle einer Erkrankung oder eines Unfalls anfallen, stellt der ausreichende Versicherungsschutz eine absolute Notwendigkeit dar. Ganz besonders wichtig ist es auch hier, darauf zu achten, dass für die gesamte geplante Zeitdauer des Auslandsaufenthalts und explizit auch für Arbeitsunfälle Versicherungsschutz besteht.

Auf Ausschlussregelungen und Eigenbeteiligungen sollte geachtet werden (was nützt zum Beispiel eine billige Versicherung, wenn bei jedem Arztbesuch 100$ Eigenanteil fällig werden und Radfahren als Extremsport ausgeschlossen wird?). Ebenso sollten Sie darauf achten, ob es Sonderklauseln bezüglich der Aufenthaltsdauer gibt, wie zum Beispiel Einschränkungen auf bestimmte Zeiträume oder damit einhergehende Prämienerhöhungen. Dazu gehört vor allem die Frage der »medizinisch begründeten  Rückführung«/«medicale vacuation« für den Fall einer langfristigen schweren Erkrankung, aber auch Klauseln wie der Besuch durch einen nahen Verwandten im Falle schwerster Erkrankungen. Die vom Urlaub her bekannten Pauschalversicherungen, die jedes Reisebüro für ein paar Euro anbietet, sind für eine Praxisphase in jedem Fall untauglich. Wer in Deutschland gesetzlich versichert ist, muss sich besonders um den Auslandsschutz kümmern, da gesetzliche Krankenkassen im Ausland keinen Schutz gewähren. Studierende, die persönlich oder über ihre Eltern privat krankenversichert sind (oder beihilfefähig), sollten sich beraten lassen und auf die Bestätigung ihres Versicherungsschutzes auch im vorgesehenen Zielland - auch bei Arbeitsunfällen - größten Wert legen.

Innerhalb der Europäischen Union existiert seit einigen Jahren ein in allen Mitgliedsstaaten gültiges Krankenversicherungssystem, das alte Sozialabkommen zwischen einzelnen Staaten ersetzt. Als Inhaber einer »Europäischen Krankenversicherungskarte« können Sie sich in den beteiligten Ländern wie zuhause kostenfrei behandeln lassen. Informationen zu dieser Karte erhalten Sie von Ihrer deutschen gesetzlichen Krankenversicherung oder direkt über die Seite der EU: ⇒https://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=559&langId=de

Hinweis: Die Europäische Krankenversicherungskarte gewährt Versicherungsschutz im Rahmen des jeweils national üblichen Krankenversicherungssystems. Die Leistungen in anderen Mitgliedsländern können sich dabei erheblich von dem in Deutschland gängigen Niveau unterscheiden. Wer auf die gewohnten Standards nicht verzichten möchte, sollte sich daher genau informieren und auch für ein inner-europäisches Praktikum eventuell eine private Zusatzversicherung abschließen.

Außerhalb Europas bieten solche privaten Zusatzversicherungen für gesetzlich Versicherte den einzigen Weg, sich für den Krankheitsfall abzusichern. Die wichtigsten Kriterien für die Auswahl sind oben bereits genannt worden. Nicht jede Versicherung eignet sich gleichermaßen, und das Leistungsspektrum kann erheblich variieren. Im internationalen Vergleich hat sich gezeigt, dass Versicherungsangebote deutscher Versicherer (die also der Bundesaufsicht unterstehen) in aller Regel deutlich komfortabler sind als Angebote aus anderen Ländern; außerdem haben Sie im Ernstfall Ansprechpartner vor Ort (zuhause). Empfehlungen wollen wir hier nicht aussprechen, da es sich um eine sehr individuelle Entscheidung handelt und sich Versicherungsangebote auch sehr schnell verändern.

Auch etablierte Austauschorganisationen können eine gute Quelle für vernünftige Angebote sein. Leistungsbedingungen und -umfang, der Notfallservice (auch vor Ort im Ausland; oft Assistance genannt) sowie die preisliche Gestaltung sollten die Kriterien für die Auswahl bestimmen. Für eine umfassende und gute Versicherung ist je nach Leistungspaket, Zielland und Dauer mit Kosten zwischen ca. 0,90 und 6,80 Euro pro Versicherungstag zu rechnen (Stand 2020). Zu empfehlen ist es auch, sich beim International Office zu erkundigen, ob für das Praktikum die entsprechende Gruppenversicherung des DAAD infrage kommt.

Hinweis: Die Zusatzversicherungen für das Praktikum sind Zusatzversicherungen für das Ausland, die in Deutschland keine Leistungen erbringen; auch dann nicht, wenn Sie unvorhergesehen nach Hause kommen oder krankheitsbedingt zurück reisen mussten. Daraus ergibt sich, dass Sie Ihre deutsche Krankenversicherung keinesfalls kündigen sollten, selbst dann nicht, wenn Sie sich für längere Zeit gar nicht in Deutschland aufhalten werden. Eventuell besteht die Möglichkeit, die deutsche Versicherung zu etwas günstigeren Bedingungen ruhen zu lassen und zu vereinbaren, dass sie bei der Rückkehr sofort wieder aktiviert wird. Falls diese Variante nicht existiert, ist es besser, doppelt zu zahlen, als ein unnötiges Risiko in diesem sensiblen Bereich einzugehen.

Die ideelle Anerkennung einer im Ausland abgeleisteten Praxisphase dürfte selten in Frage gestellt sein, ebenso wenig die dabei erworbenen Kenntnisse und Soft Skills. Bei späteren Bewerbungen, in denen die Auslandsaktivitäten entsprechend in Szene gesetzt werden, wird jede/r Arbeitgebende das Engagement und die internationalen Erfahrungen zu würdigen wissen. Den nötigen Nachweis, ein Arbeitszeugnis oder Referenzschreiben der ausländischen Firma, werden Vorgesetzte oder Personalchef:innen gerne verfassen, solange Sie frühzeitig und höflich danach fragen. Dass diese Schreiben im Normalfall in der im Gastland üblichen Sprache und Form erstellt werden, versteht sich von selbst.

Die für die Anerkennung im Rahmen des Studiums zu erfüllenden Voraussetzungen klären Sie im Vorfeld in Ihrem Fachbereich mit die jeweils relevante Kontaktperson. Dazu gehören Hochschullehrer:innen, Beauftragte für Internationales, Praxisbüros und Studienzentren.

Häufig existieren passende Formulare und Erläuterungen auch in englischer Sprache, die den potentiellen Arbeitgebenden dann zugänglich gemacht werden können. Ob das in diesem Handbuch als Muster enthaltene Work Experience Agreement vom eigenen Fachbereich akzeptiert wird, sollten Sie frühzeitig anfragen.

Da bei Auslandspraktika meistens die Regeln für Inlandspraktika analog, aber nicht unbedingt identisch Anwendung finden, und darüber hinaus für internationale Aufenthalte zusätzliche Aspekte eine Rolle spielen können, gilt: Unbedingt so früh wie möglich das Gespräch mit den Zuständigen im Fachbereich suchen (und zwar vor und während der Bewerbungsphase, wann immer Unsicherheiten bestehen), wenn das Praktikum als Studienleistung
anerkannt werden soll.

Auch bei der Vorbereitung freiwilliger Praxisphasen ist es sinnvoll, sich für Tipps an die entsprechenden Beratungseinrichtungen zu wenden. Für Praktika innerhalb Europas, für die, wie oben beschrieben (s. Kapitel 4. Finanzierungsfragen), eine Förderung unter dem ERASMUS+-Programm denkbar ist, gehört ein frühzeitiger Besuch beim International Office unbedingt auf die »To do«-Liste, um keine hilfreichen Informationen zu verpassen. Die Papiere, die dazu dienen, die europäischen Fördermittel zu beantragen, sind so gestaltet, dass sie auch für die Anerkennung des Praktikums durch den Fachbereich genutzt werden können.

Erfahrungsberichte

Auf unserer Seite "Auslandspraktikum" erzählen Studierende von Ihren Praktikumserfahrungen im Ausland.

zu den Video-Clips

Hier ein Beispiel: Auslandspraktikum - Florida

Marius erzählt von seinem Praktikum in Florida