„Ich habe mich hier in Bremen für Geflüchtete engagiert, die in einem Haus in der Nachbarschaft untergebracht waren“, erzählt Helga Grubitzsch die Vorgeschichte. Dabei sei ihr aufgefallen, dass besonders die jungen Männer aus Syrien und anderen Herkunftsländern gefördert werden. „Die Mädchen müssen offenbar in ihren Familien bleiben, Schleier und Kopftuch tragen“, vermutet die engagierte, tatkräftige Frau. Das will die 75-Jährige mit ihrer Stiftung ändern. Drei Jahre lang sollen begabte geflüchtete Mädchen als Stipendiatinnen bereits in der Schule gefördert werden. „Sie brauchen eine gute Ausstattung, Laptop, Bücher und die Möglichkeit, kulturelle Veranstaltungen zu besuchen“. Insbesondere den Übergang zum Studium hat Helga Grubitzsch im Blick. „Eine Vertrauensperson soll den Stipendiatinnen zur Seite stehen“, sagt sie.
„Ziele passen zur Diversity-Strategie“
Die Förderung der Studierfähigkeit und eines Studiums von jungen Frauen mit Fluchtgeschichte ist Helga Grubitzsch ein wichtiges Anliegen. „Ich habe keine Erben“, sagt die Stifterin. „Deshalb mache ich mir schon länger Gedanken, wie ich über eine testamentarische Verfügung nach meinem Tod mein Vermögen langfristig sinnvoll und fördernd einsetzen kann.“ Gemeinsam mit der Stiftung der Universität Bremen, die einmal Treuhänderin werden soll, hat sie Satzung und Vergaberichtlinien für ihre Stiftung entwickelt. Helga Grubitzsch ist mit ihrer Entscheidung, für ihre Stiftungsidee an die Universitätsstiftung heranzutreten, sehr zufrieden. Kanzler Dr. Martin Mehrtens unterstrich: „Die Ziele der geplanten Stiftung passen gut zur Diversity-Strategie der Universität Bremen“. Die Schnittstelle zwischen Schule und Universität werde auf dem Campus „ein großes Thema“ bleiben. Der Kanzler weiter: „Noch sind die Übergänge auch für Geflüchtete nicht so, wie wir uns das wünschen“. Auch die Konrektorin für Internationalität und Diversität, Prof. Dr. Eva Feichtner, war anlässlich der Unterzeichnung der gemeinsamen Absichtserklärung beeindruckt von dem Ziel der Stiftung und freute sich, dass sie unter dem treuhänderischen Dach der Universität verwirklicht werden wird.
Zur Person:
Helga Grubitzsch ist 1943 in Berlin geboren und hat in Köln und Mainz Latein, Psychologie und Romanistik studiert, promoviert und sich später habilitiert. Auf die Arbeit als Hochschullehrerin in Bremen folgte ein Ruf an die Universität Paderborn. Dort forschte und lehrte Professorin Grubitzsch in den vergleichenden Literaturwissenschaften. Im Fokus ihres Interesses standen immer Frauen. Zahlreiche Bücher gemeinsam mit Koautorinnen zeugen von den Ergebnissen dieser Arbeit. „Freiheit für die Frauen - Freiheit für das Volk! sozialistische Frauen in Frankreich“; „Grenzgängerinnen, revolutionäre Frauen im 18. und 19. Jahrhundert“; „Weibliche Wirklichkeit und männliche Phantasien“, und „Veränderungen kultureller Selbstwahrnehmungen von ostdeutschen und osteuropäischen Frauen nach 1989“ sind ausgewählte Titel ihrer wissenschaftlichen Bücher. Zurückgekehrt nach Bremen hat sie nach ihrer Pensionierung aus dem akademischen Betrieb einen ganz neuen Weg eingeschlagen. Entsprechend ihren Neigungen hat Helga Grubitzsch therapeutische Zusatzausbildungen absolviert: Bioenergetik, Poesie- und Bibliotherapie, Suchtberatung, Existenzanalyse und Logotherapie sind nun ihre Spezialgebiete. Seit 2001 arbeitet sie selbstständig in eigener Praxis in Bremen. Dort bietet sie unter anderem Kurse zum kreativen und biografischen Schreiben an.
Erinnerungen an die Universität Bremen in ihren Anfängen
Helga Grubitzsch war bereits in den Gründungsjahren der Universität dabei. Es wurmt sie, wenn in der Öffentlichkeit über diese Zeit schlecht geredet wird. „Es gab so gute Angebote wie Projektstudium, wo ein Thema interdisziplinär von allen Seiten beleuchtet werden konnte“, erinnert sich die Wissenschaftlerin. Zum Kontrast: in Paderborn seien damals „die Fächer eingegrenzt gewesen wie Wehrdörfer“. In Bremen seien die Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer dafür eingetreten, die Lehrerausbildung zu revolutionieren. „Sie sollte praxisbezogen und gesellschaftsrelevant sein.“ Auch sie habe sich mit ganzem Herzen dafür eingesetzt. Kanzler Martin Mehrtens bekräftigt: „Wir haben viel Positives aus unserer Gründerzeit übernommen: Fachübergreifende Kooperationslinien und forschendes Lernen zum Beispiel.“ Die Binnenkooperation sei nach wie vor eine Stärke der Universität Bremen. Teamgeist sei auf dem Campus ein hoher Wert. Stifterin Grubitzsch hörte es gerne: „Die Universität Bremen ist Teil meiner Geschichte“, sagte sie.
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