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Studierende erstellen Audiowalk zur Erinnerung an Zwangsarbeiter

Studierende der Universität Bremen haben die Geschichte des KZ-Außenlagers „Schützenhof“ in Gröpelingen erforscht. Sie haben einen Audiowalk für Smartphones entwickelt. Er erzählt die vergessenen Schicksale der Zwangsarbeiter, die täglich in die Werft der A.G. Weser getrieben wurden.

Ein Auszug aus den Texten: 5.30 Uhr stehen die Häftlinge auf. Frühstück gibt es nicht. Zu Fuß in Fünferreihen gehen sie vom Sammelplatz zum Hafen. Soldaten und SS haben dabei ein scharfes Auge auf sie. 700 Männer legen den Weg abends und morgens zurück. Wie entkräftet sie sein mussten, macht der Bericht eines überlebenden Belgiers deutlich: „Zu Mittag gab es eine Suppe, Wasser mit Kohlrabi und Steckrübenstückchen.“ Und ein ehemaliger Werftarbeiter erinnert sich: „Die waren so schlapp, die konnte ein kleiner Junge umwerfen.“

Gespräche mit Zeitzeugen

Die intensive Auseinandersetzung mit der Geschichte des Schützenhofs, eines Außenlagers des KZ Neuengamme, hat an der Universität Bremen mit geophysikalischen Messungen und Ausgrabungen von Fundamenten unter Leitung der Bremer Landesarchäologin Professorin Uta Halle begonnen. In einem parallel stattfindenden Seminar von Dr. Ulrike Huhn von der Forschungsstelle Osteuropa recherchierten sechs Studierende aus den Studiengängen Geschichte sowie Integrierte Europa-Studien Material zum Lager im Bremer Staatsarchiv und im Archiv der Gedenkstätte Neuengamme. Sie sprachen mit Zeitzeugen und deren Angehörigen. Der Audiowalk ist das Ergebnis dieser gemeinsamen Arbeit von Jan Dohrmann, Lilja Girgensohn, Anna Görner, Lennart Pohl, Johanna Sachse und Julia Szarzech.

Einsatz in der Rüstungsproduktion

Während des Zweiten Weltkriegs war die A.G. Weser intensiv an der Rüstungsproduktion beteiligt. In den letzten Kriegsmonaten sollten KZ-Häftlinge den eklatanten Mangel an Arbeitskräften kompensieren. Auf dem Gelände des Schützenhofs in der Bromberger Straße bestand für wenige Monate, von Dezember 1944 bis Ende März 1945, ein Außenlager des KZ Neuengamme bei Hamburg. Etwa 700 Männer waren hier inhaftiert. Von 257 Menschen, die das Lager und die Zwangsarbeit bei der A.G. Weser nicht überlebt haben, sind die Namen bekannt.

Viele Helfer und Unterstützer

Der Audiowalk schildert anschaulich die Lebensumstände der Menschen und beleuchtet historische Hintergründe. GPS-gesteuert wird der Spaziergänger durch Gröpelingen geleitet und hört immer wieder professionell aufgenommene Szenen und Geräusche. Die Texte haben die Bremer Schauspieler Andrea zum Felde und Christian Bergmann eingesprochen. „Wir hatten viele Helfer“, sagt Johanna Sachse, eine der Beteiligten. An erster Stelle nennt sie die Geschichtswerkstatt Gröpelingen und das Unternehmen „past-at-present“ aus Berlin, das sich auf multimediale Geschichtsvermittlung spezialisiert hat. „Profitiert haben wir bei unserer Forschung auch von der Expertise von Karsten Ellebrecht, der schon seit langem zur Zwangsarbeit in Bremen forscht. Der pensionierte Lehrer hat die Recherche der Studierenden im Bremer Staatsarchiv unterstützt. Im Militärarchiv in der französischen Stadt Caen habe er zudem eine Skizze vom KZ-Außenlager Schützenhof gefunden, die vielleicht ein ehemaliger Häftling im Nachhinein angefertigt hat. „Dieser Fund lässt noch einmal die Dimension deutlich werden, wie international die Geschichte des Bremer Lagers eigentlich angelegt ist und wie im Ausland noch Spuren von einem Lager zu finden sind, das letztendlich nur einige Monate bestand“, sagt Johanna Sachse.

Fußweg zur A.G. Weser

Der digitale Spaziergang startet mit der im App Store bzw. bei GooglePlay verfügbaren kostenfreien App “Radio Aporee“ am Schützenhof in der Bromberger Str. 117 und folgt der täglichen Route der Häftlinge zum früheren Werksgelände der A.G. Weser am Hafen. Von dort aus führt der Weg entlang der „Waterfront“ und endet beim Bunker am Pastorenweg. Insgesamt werden 5,5 Kilometer zurückgelegt.

Weitere Informationen:

https://einkzfuerdiewerft.wordpress.com/audiowalk
www.landesarchaeologie.bremen.de/presse-1477
www.uni-bremen.de

Fragen beantwortet:

Dr. Ulrike Huhn
Forschungsstelle Osteuropa
Universität Bremen
Tel.: +49 421 218-69611
E-Mail: ulrike.huhn@uni-bremen.de

 

Gruppe von Personen im Freien schaut auf ein Handy
Bremens Bürgermeister lässt sich die App vor Ort zeigen: (von links) Dr. Martina Höhns, Referentin für interkulturelle und interreligiöse Angelegenheiten in der Bremer Senatskanzlei, die Schauspielerin Andrea zum Felde, die Studierende Lilja Girgensohn, Christian Bergmann (Schauspieler), Dr. Carsten Sieling sowie Markus Lietz von der Bremer Schützengilde e.v. von 1904 (von hinten zu sehen).
Gruppe von Personen im Freien schaut auf ein Smartphone
Bremens Bürgermeister lässt sich die App vor Ort zeigen: (von links) Dr. Martina Höhns, Referentin für interkulturelle und interreligiöse Angelegenheiten in der Bremer Senatskanzlei, die Schauspielerin Andrea zum Felde, die Studierende Lilja Girgensohn, Christian Bergmann (Schauspieler), Dr. Carsten Sieling sowie Markus Lietz von der Bremer Schützengilde e.v. von 1904 (von hinten zu sehen).