Andrei Sacharow gilt als „Vater der sowjetischen Wasserstoffbombe“. So wurde der Ausnahmewissenschaftler genannt, nachdem sein Team im Jahr 1953 erfolgreich die Bombe getestet hatte. 1975, zwei Jahrzehnte später, erhielt er als weltbekannter „Dissident“ den Friedensnobelpreis.
Dazwischen liegt ein Leben als Ausnahmephysiker und Kritiker der Sowjetunion, der in der UdSSR zunächst ein privilegiertes Leben führte und diese Privilegien (beispielsweise Zugang zu ausländischer Literatur und zu den Staats- und Parteiführern) nutzte, um die Konsequenzen seines Handelns kritisch zu hinterfragen – und das auch von den führenden Politikern zu verlangen. So forderte er sehr früh ein Verbot von Atomtests und legte sich dafür mit dem Partei- und Staatschef Nikita Chruschtschow an.
Einsatz für politisch Verfolgte und für geistige Freiheit
Sacharow setzte sich auch in der Breschnew-Zeit für politisch Verfolgte ein. Sein Manifest „Gedanken über Fortschritt, friedliche Koexistenz und geistige Freiheit“ machte ihn 1968 weltberühmt – und zum Abtrünnigen in den Augen der Staatsführung. 1980 verbannte sie ihn nach Gorki, von wo ihn Gorbatschow erst 1986 zurückholte. Kurz vor seinem Tod 1989 konnte er als Abgeordneter noch seine politischen Ideen im Volksdeputiertenkongress präsentieren.
Studierende haben Moskauer Ausstellung bearbeitet und übersetzt
„Zu zeigen, wie in Zeiten von Terror und Krieg, später KGB-Schikanen und Schmutzkampagnen jemand unbeirrt für seine Ideale einstand, ist Ziel der Ausstellung“, so Susanne Schattenberg vom Institut für Geschichtswissenschaft an der Universität Bremen. Ihre Studierende haben sich im Corona-Wintersemester intensiv mit Sacharows Schriften auseinandergesetzt und die Ausstellungstexte für ein deutsches Publikum aufbereitet.
In acht Abschnitten wird Sacharows Leben in kurzen Texten und großformatigen Fotos sowie Originalquellen dargestellt: Jeweils eine Tafel erläutert den historischen Hintergrund und eine zweite Sacharows Lebensstationen: während des Großen Terrors der 1930er Jahre, im Zweiten Weltkrieg, bei der Entwicklung der Wasserstoffbombe unter Stalin, seinen Einsatz für Umweltschutz und Menschenrechte in den 1950er/60er Jahren, seine Verbannung nach Gorki 1980 und schließlich die letzten Jahre unter Gorbatschow. Die Ausstellung schließt mit dem Sacharow Preis für geistige Freiheit, den das Europa-Parlament seit 1988 verleiht.
Aktueller denn je
Sacharows Forderungen aus dem Jahr 1968 klingen heute aktueller denn je: dass es nur dauerhaften Frieden geben kann, wenn sich die USA und die UdSSR (heute Russland) aneinander annähern, dass mit den Ressourcen sorgfältig umgegangen werden muss und der Planet nicht geplündert werden darf, dass nur Meinungs- und Pressefreiheit dafür sorgen, dass sich Menschen nicht von Propagandisten und Volksverhetzern verführen lassen. In seiner Nobelpreisrede 1975 brachte er diesen Gedanken so auf den Punkt: „Frieden, Fortschritt, Menschenrechte – diese drei Ziele sind untrennbar miteinander verbunden.“
Die Ausstellung wird zeitgleich auch in Moskau und Kaunas eröffnet und soll ebenfalls im Europaparlament gezeigt werden. Die „Bremer“ Fassung wandert weiter nach Berlin und Köln. Sie ist außerdem von der Homepage der Forschungsstelle Osteuropa abrufbar.
Die Ausstellung auf dem Boulevard der Universität ist jederzeit zugänglich. Entsprechend den Corona-Regeln ist eine Maske zu tragen und der Mindestabstand einzuhalten.
Die Ausstellung wird von der Karin und Uwe Hollweg Stiftung unterstützt.
Fragen beantwortet:
Prof. Dr. Susanne Schattenberg
Forschungsstelle Osteuropa
an der Universität Bremen
Telefon: +49 421 218-69624
E-Mail: schattenbergprotect me ?!uni-bremenprotect me ?!.de
Weitere Informationen:
Die Zugangsdaten zur Ausstellungseröffnung am Donnerstag, 20. Mai, 18 Uhr finden Sie hier:
https://uni-bremen.zoom.us/j/99511668404?pwd=U2pta0x1ZGlJUjJvMDg1dS9YQ2pKUT09
(ID: 995 1166 8404; Kenncode: 914662)