Der stationäre Einzelhandel leidet nicht nur unter der Covid-19-Pandemie, sondern schon seit Jahren vor allem unter der Konkurrenz des Online-Handels. Das Institut für Künstliche Intelligenz (IAI) an der Universität Bremen entwickelt neue Lösungen, die das klassische Ladengeschäft wieder wettbewerbsfähig machen sollen – sowohl wirtschaftlich als auch bezüglich der Servicequalität. Für diese Forschung wurde der Leiter des IAI, Professor Michael Beetz, am 17. März 2021 mit dem Wissenschaftspreis 2021 ausgezeichnet. Der Preis wird von der EHI Stiftung und dem Unternehmen GS1 Germany für Pionierleistungen im Bereich Handel und Konsumgüterindustrie vergeben.
Das IAI forscht auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz und Robotik. Der Forschungsschwerpunkt liegt dabei auf der Entwicklung von Methoden der autonomen Wissensverarbeitung von Robotern. Das bedeutet, dass die Roboter selbstständig das Know-how erwerben, das sie für eine Aufgabe benötigen.
Künstliche Intelligenz für Prozessoptimierungen
Ein wichtiges Anwendungsszenario der Forschung liegt im Bereich Einzelhandel. Die logistischen Prozesse in einem Geschäft oder einer Ladenkette erzeugen hohe Kosten, die sich durch eine intelligentere, zeitsparende Steuerung der Warentransporte zum Laden – aber auch innerhalb des Ladens – deutlich reduzieren ließen. Künstliche Intelligenz kann hier wertvolle Dienste leisten, indem sie Erkenntnisse liefert und Prozessoptimierungen vornimmt, die ein Mensch kaum in der gleichen Detailliertheit erkennen könnte.
Darüber hinaus hat der stationäre Handel oft einen Nachteil gegenüber den reinen Online-Anbietern, weil er nur eine begrenzte Zahl an Produkten vor Ort bereithalten kann. KI kann auf vielfältige Weise eingesetzt werden, um die Servicequalität dennoch auf ein sehr hohes Maß zu heben – beispielsweise durch besondere Beratungsangebote für die Kunden, die nach Produkten mit bestimmten Eigenschaften suchen, oder durch einen schnellen und effizienten Bestelldienst.
Roboter zum Auffüllen der Regale
Nicht zuletzt arbeitet das IAI daran, Roboter zur Unterstützung der logistischen Tätigkeiten im Geschäft zu befähigen. Das Auffüllen der Regale ist dabei eine der zentralen Aufgaben.
Die Technologie, die alledem zugrunde liegt, nennt Professor Beetz „Semantische Digitale Zwillinge“. Dabei handelt es sich um realitätsgetreue digitale 3D-Replikate von Filialen, die es ermöglichen, relevante Informationen in Echtzeit abzurufen – beispielsweise Informationen über den Standort und die verfügbare Menge eines Produkts. Daran können weitere Wissensbasen angeschlossen werden, die unter anderem die Eigenschaften oder die Verkaufszahlen des Produkts beinhalten.
Das IAI entwickelt diese Technologie im Rahmen des Projekts „Digitale Zwillinge als Wissensbasis für Filialen“, um diese Innovation für den Handel und seine Lieferketten zugänglich zu machen. Für dieses Projekt bekam Michael Beetz den Wissenschaftspreis 2021 in der Kategorie „Bestes Lehrstuhlprojekt“.
Über Professor Michael Beetz
Professor Michael Beetz ist Hochschullehrer für Informatik an der Universität Bremen und Leiter des Instituts für Künstliche Intelligenz (IAI). Auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz belegte er 2020 in einem Ranking der renommierten Tsinghua University (China) Platz 4. Er zählt somit zu den einflussreichsten KI-Forschern der Welt. Das vom ihm geleitetet IAI erforscht KI-basierte Steuerungsmethoden für robotische Agenten. Beetz ist zudem Sprecher des seit 2017 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Sonderforschungsbereichs EASE (Everyday Activity Science and Engineering) sowie Co-Koordinator des universitären Wissenschaftsschwerpunkts „Minds, Media, Machines“. Darüber hinaus ist er einer der Initiatoren des Projekts Knowledge4Retail, das die Entwicklung einer intelligenten digitalen Plattform für den Einzelhandel zum Ziel hat.
Axel Kölling
Weitere Informationen:
www.ai.uni-bremen.de
www.uni-bremen.de
Fragen beantwortet:
Sabine Veit
Universität Bremen
Institut für Künstliche Intelligenz
Tel. +49 421 218-64005
E-Mail veitecuni-bremen.de