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Richard von Hoff: das Wirken des Bremer Bildungssenators in der NS-Zeit

Masterarbeit an der Uni Bremen untersucht die völkische Bewegung zwischen Weser und Ems

Nr. 331 / 28. November 2016 SC

In seiner Studie „Völkische Bewegung zwischen Weser und Ems. Richard von Hoff und die Nordische Gesellschaft in Bremen und Nordwestdeutschland“ untersucht Matthias Loeber die Rolle des Bremer Senators für Bildung und Kultur Richard von Hoff (im Amt 1933-1945) in der völkischen Bewegung. Richard von Hoff hatte seit der Jahrhundertwende als völkischer Ideologe und Mitglied rechtsradikaler Verbände einen zweifelhaften Ruf erlangt. 1933 übernahm der Studienrat, der zuvor an der Oberrealschule Dechanatstraße unterrichtet hatte, die Zuständigkeit für Bildung und Kultur.

Ideologie von der Überlegenheit der „nordischen Rasse“

Die Nordische Gesellschaft war ursprünglich 1921 als wirtschafts- und kulturpolitische Organisation in Lübeck gegründet worden, um Kontakte mit den skandinavischen Ländern zu pflegen. 1933 bot sie ihre Mittel der NSDAP an und wurde „gleichgeschaltet“. Als Teil des Außenpolitischen Amtes der NSDAP unter Alfred Rosenberg sollte sie vordergründig weiterhin kultur- und wirtschaftspolitische Kontakte nach Skandinavien pflegen, gleichzeitig aber den „Nordischen Gedanken“, die Ideologie der Überlegenheit einer „nordischen Rasse“ fördern – mit dem langfristigen Ziel, in den skandinavischen Staaten Sympathien für das nationalsozialistische Deutschland aufzubauen. Während andere völkische Gruppen durch die NSDAP marginalisiert wurden, stieg die Nordische Gesellschaft zum Dachverband der nordisch-völkischen Ideologie auf, der von der NSDAP kontrolliert wurde.

Ein führender Protagonist der nordisch-völkischen Bewegung in Deutschland

Richard von Hoffs völkisches Streben, das sich in rassenideologischen Aufsätzen und Vorträgen, aber auch in konkreten politischen Forderungen, wie der schulischen Behandlung von Rassenkunde und Erbgesundheitslehre manifestierte, fand in der Nordischen Gesellschaft seine endgültige Entfaltung. Ab 1934 war er stellvertretender Leiter der Bremer Niederlassung der Organisation, die für Nordwestdeutschland zuständig war. Er entwickelte umfangreiche Tätigkeiten für die Gesellschaft, hielt bis zu 50 Vorträge im Jahr und verband die dort entwickelten Forderungen eng mit seinem Senatorenamt, indem er zum Beispiel staatliche Mittel in Infrastruktur für die Arbeit der Nordischen Gesellschaft zur Verfügung stellte. Er wurde zu einem der führenden Protagonisten der nordisch-völkischen Bewegung in Deutschland, was sich – etwa durch Gründung der Nordischen Kunsthochschule 1934 – auch in der Bildungs- und Kulturlandschaft bemerkbar machte.

Matthias Loeber untersucht geschichtlichen Inhalt des „Völkischen“ oder „Nordischen“

Die regionalen Aktivitäten der Nordischen Gesellschaft wurden bis in das letzte Kriegsjahr aufrechterhalten, noch 1944 fanden Veranstaltungen statt. In den Krieg versuchte die Organisation einzugreifen, indem sie SS-Freiwillige aus Nordeuropa materiell unterstützte. Die Arbeiten der Nordischen Gesellschaft kamen mit Kriegsende zum Erliegen. Eine in Lübeck angestrebte Neugründung verlief sich. Richard von Hoff kam in den letzten Kriegstagen durch einen Luftangriff um, die Organisation wurde in Bremen nicht wiederbelebt.

Loebers Studie stellt die erste intensive wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Richard von Hoffs Werdegang dar. Auch blickt sie erstmals auf die regionalen Aktivitäten der Nordischen Gesellschaft. „Wohin Geschichtsvergessenheit führen kann, zeigt sich momentan, wenn Rechtspopulisten versuchen, den Begriff „völkisch“ wieder positiv zu besetzen und zu benutzen. Matthias Loebers Untersuchung der Geschichte hat einen großen aktuellen Wert und Bezug, weil er deutlich zeigt, dass die sogenannte völkische Bewegung eine große Schnittmenge mit der Rassenideologie und dem Antisemitismus der Nationalsozialisten aufweist“, sagte die Bremer Kulturstaatsrätin Carmen Emigholz.

Über den Autor der Studie

Matthias Loeber hat in Bremen Geschichte und Germanistik studiert. Die Forschungen über Richard von Hoff und die Nordische Gesellschaft waren Inhalt seiner Master-Arbeit, mit der er 2016 sein Studium abschloss. Die Arbeit wurde betreut durch die Bremer Landesarchäologin Professorin Uta Halle und den führenden Experten in der Forschung zur völkischen Bewegung, Professor Uwe Puschner (Freie Universität Berlin). Matthias Loeber ist seit Mai 2016 wissenschaftlicher Volontär am Historischen Museum Bremerhaven.

Die Studie „Völkische Bewegung zwischen Weser und Ems. Richard von Hoff und die Nordische Gesellschaft in Bremen und Nordwestdeutschland“ ist 2016 im Peter Lang-Verlag, Frankfurt am Main erschienen und über den Buchhandel erhältlich.

Weitere Informationen:

Universität Bremen
Fachbereich Sozialwissenschaften
Institut für Geschichtswissenschaft
Landesarchäologie Bremen
Prof.Dr. Uta Halle
Tel. 0421 / 361 3390
E-Mail: Uta.Halleprotect me ?!landesarchaeologie.bremenprotect me ?!.de
und
Historisches Museum Bremerhaven
Matthias Loeber
E-Mail: matthiasloeberprotect me ?!gmxprotect me ?!.de