Nr. 043 / 28. Februar 2017 KG
Die Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen begann 1991 als erste Bibliothek in Deutschland mit der Beforschung ihres Bestandes nach NS-Raubgut. Im aktuellen, vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste geförderten wissenschaftlichen Projekt, wird erstmals der gesamte Zugang der Bibliothek aus den Jahren von 1933 bis 1948 systematisch auf Raubgutbestände überprüft.
Übergabe an Dokumentationszentrum in Ulm
Das Buch mit Briefen von Richard Wagner an seine Muse Mathilde Wesendonck gehörte Fanny Mann aus Ulm. Es war im Mai 1942 von der damaligen Staatsbibliothek Bremen im Rahmen der so genannten „Juden-Auktion“ gekauft und in den Bestand aufgenommen worden. Bereits Anfang der 1990er Jahre wurde seine Herkunft bei Provenienz-Recherchen entdeckt und dokumentiert. Das Autogramm lieferte seinerzeit allerdings keine Hinweise darauf, wer Fanny Mann gewesen ist. Erst im vergangenen Jahr konnte bei einer erneuten Überprüfung ihre Identität geklärt werden. Entscheidend war die Zusammenarbeit mit dem Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg in Ulm, welches auch bei der Kontaktaufnahme mit den Enkeln von Fanny Mann behilflich war. Auf Wunsch der Familie übergibt die SuUB Bremen das Buch nun dem Dokumentationszentrum in Ulm. Dort wird es als Teil des Nachlasses der Familie für die Forschung zur Verfügung stehen.
Wer war Fanny Mann?
Fanny Mann wurde am 1885 in Ulm geboren und heiratete später den Anwalt und Abgeordneten Siegfried Mann. Die Familie erkannte früh die Gefahr, die durch die Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland wuchs. Nach den Ereignissen der Pogromnacht im November 1939 entschlossen sie sich zur Flucht in die USA und fanden dort eine neue Heimat. Auch Ihren Hausrat versuchte die Familie vor dem Zugriff der deutschen Behörden zu retten. So verschickten sie ihr Umzugsgut in zwei getrennten Transporten über den Hamburger und den Bremer Hafen ins Ausland. Während der eine Teil sein Ziel erreichte, wurde das Umzugsgut in Bremen von der Gestapo beschlagnahmt und schließlich durch Gerichtsvollzieher öffentlich versteigert. Auf diese Weise gelangte das Buch in den Besitz der damaligen Staatsbibliothek Bremen. Im Gedenken und zur Erinnerung an das Unrecht wird das Buch selbst im Online-Katalog der SuUB mit einem entsprechenden Vermerk erhalten bleiben.
Diskussion zum Thema in der Villa Ichon
Was muss geschehen, damit die Suche nach Raubgut in den Beständen einer Bibliothek zur Selbstverständlichkeit wird? Welche Unterstützung brauchen Bibliotheken dafür? Zu diesem Thema findet am Donnerstag, 2. März 2017, um 17.30 Uhr ein öffentlicher Diskussionsabend in der Villa Ichon, Goetheplatz 4, statt. Beteiligt sind Volker Cirsovius-Ratzlaff (SuUB), Barbara Lison, Vorsitzende des Deutschen Bibliotheksverbandes, und Robert Langer von der Stadtbibliothek Bautzen. Veranstalter ist die Heinrich Böll Stiftung Bremen.
Informationen zur Veranstaltung: http://www.villa-ichon.de/aktuell/veranstaltungen/geraubte-buecher-in-deutschen-bibliotheken-eine-unerledigte-aufgabe/
Achtung Redaktionen: Bilder zur Pressemitteilung können bis zum 6. März 2017 hier heruntergeladen werden https://teraload.zfn.uni-bremen.de/uploads/LW730H5Q0myUaXus/SuUB_FannyMannBilder.zip
Weitere Informationen:
Staats- und Universitätsbibliothek Bremen
Anke Winsmann (Öffentlichkeitsarbeit der SuUB)
Tel. 0421 218-59572
E-Mail: oeffentlichkeitsarbeitprotect me ?!suub.uni-bremenprotect me ?!.de
Webseite: http://www.suub.uni-bremen.de