Nr. 320 / 22. November 2016 SC
Die Lage in der Türkei ist gegenwärtig sehr unübersichtlich. Das gilt auch für die Hochschulen und die Zukunft der Forschung. Bleibt die Wissenschaft unabhängig? Können Forscherinnen und Forscher in der Türkei auch weiterhin an Themen arbeiten, die sie selbst für wichtig halten? Vor diesem Hintergrund sind der Austausch von deutschen und türkischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie ein differenzierter Blick auf das jeweils andere Land von besonderer Bedeutung. Im Rahmen des Forschungsprogramms „Blickwechsel. Studien zur zeitgenössischen Türkei“ hat die Stiftung Mercator an fünf Universitäten Forschungsprojekte zu aktuellen gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen in der Türkei bewilligt, darunter eines für die Universität Bremen. Dr. Felix Streiter, Leiter des Bereichs Wissenschaft der Stiftung Mercator, erläutert den Stellenwert des Programms: „Das Verhältnis zwischen Deutschland, Europa und der Türkei ist in den vergangenen Monaten schwieriger geworden. Gerade in diesen Zeiten ist es jedoch wichtig, die wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Beziehungen aufrecht zu erhalten“.
Die bewilligten Projekte wurden im Rahmen einer Ausschreibung durch eine wissenschaftliche Jury ausgesucht. Das Bremer Vorhaben „Universitäre Frauen- und Geschlechterforschung in der Türkei – zwischen staatlichem Auftrag, unabhängiger Grundlagenforschung und zivilgesellschaftlichem Widerstand“ mit einer Laufzeit von 2017 bis 2019 wird von Yasemin Karakaşoĝlu geleitet, Professorin für Interkulturelle Bildung im Fachbereich Erziehungs- und Bildungswissenschaften der Universität Bremen. Für diesen Forschungs- und Lehrbereich ist es die zweite Zusage der Stiftung Mercator in Folge und bestätigt die Bremer Expertise zur Frauen- und Geschlechterforschung in der Türkei.
Institutionalisierte Frauen- und Geschlechterforschung im Blick
Die Uni Bremen führt ihre Forschungen in Kooperation mit der Istanbul Üniversitesi durch. Gemeinsam soll untersucht werden, in welchem historischen Zusammenhang, mit welchem Selbstverständnis, welchen Zielen und Forschungsinhalten sich institutionalisierte Frauen- und Geschlechterforschung entwickelt hat. Die ersten universitären Frauenforschungszentren sind Ende der 1980er und zu Beginn der 1990er Jahre in Istanbul und Ankara von Wissenschaftlerinnen gegründet worden, die sich mit den Frauenbewegung als soziale Bewegung verbunden fühlten. Viele der heutigen Forschungszentren etablierten sich jedoch erst als eine unmittelbare Folge der Gründungsimpulse durch den türkischen Staat seit Mitte der 1990er Jahre. Im Jahr 2015 gab es insgesamt 51 universitäre Frauen- und Geschlechterforschungszentren an staatlichen und privaten Universitäten sowohl in Millionenstädten wie Izmir, Gaziantep und Antalya als auch in Provinzstädten, wie zum Beispiel Aydın, Çorum und Bingöl. ”Unser Blick gilt insbesondere der Frage, wie unabhängige Frauen- und Geschlechterforschung und zivilgesellschaftliche Ansprüche in Zeiten veränderter staatlicher Rahmenbedingungen zu realisieren sind”, betont die Bremer Projektleiterin Yasemin Karakaşoĝlu.
Über die Stiftung Mercator
Die Stiftung Mercator ist eine private, unabhängige Stiftung. Sie strebt mit ihrer Arbeit eine Gesellschaft an, die sich durch Weltoffenheit, Solidarität und Chancengleichheit auszeichnet. Dabei konzentriert sie sich darauf, Europa zu stärken, den Bildungserfolg benachteiligter Kinder und Jugendlicher insbesondere mit Migrationshintergrund zu erhöhen, Qualität und Wirkung kultureller Bildung zu verbessern, Klimaschutz voranzutreiben und Wissenschaft zu fördern. Die Stiftung Mercator steht für die Verbindung von wissenschaftlicher Expertise und praktischer Projekterfahrung. Als eine führende Stiftung in Deutschland ist sie national wie international tätig.
Weitere Informationen:
Universität Bremen
Fachbereich Erziehungs- und Bildungswissenschaften
Fachgebiet Interkulturelle Bildung
Prof.Dr. Yasemin Karakaşoĝlu
Tel.: 0421 218 69120 oder 69020 (Sekretariat)
E-Mail: karakasogluprotect me ?!uni-bremenprotect me ?!.de