Die Produktionstechnik an der Universität Bremen wird 25 Jahre alt. Sie ist eine der jüngsten deutschen Fa-kultäten im Bereich Maschinenbau und Verfahrenstechnik und eine der erfolgreichsten. "Damit hatte wahr-lich niemand gerechnet", blickt Uni-Rektor Prof. Dr. Wilfried Müller zurück in die Gründungszeit des Fachbe-reiches Produktionstechnik – Maschinenbau und Verfahrenstechnik. "Oder wohl nur die kühnsten Visionä-re", bestätigt Prof. Dr.-Ing. Stefan Will, der Dekan des Fachbereiches. Heute zählt der Fachbereich rund 1.500 Studierende, und in seinen 25 Fachgebieten und den 18 verbundenen Instituten forschen mehr als 400 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Gemeinsam haben sie im vergangenen Jahr mehr als 48 Millionen Euro an Forschungsgeldern eingeworben und belegen damit Spitzenplätze in den Rankings.
Anfangs war das Vorhaben heftig umstritten. Der Bremer "Modellversuch Produktionstechnik" wurde bun-desweit durchaus kontrovers diskutiert. Zudem stieß er innerhalb der jungen Bremer Reform-Uni auf Wider-stände, denn er ging zu Lasten der Lehrerstudiengänge und signalisierte die Neuorientierung der Universi-tät. Dann protestierten auch noch die Studierenden: "Hier wird eine Elite herangebildet!" Dennoch: 1974 wurde aktiv mit den Planungen für die Gründung des Fachbereiches und des Studienganges Produktions-technik begonnen und die Bremer Politik unterstütze das Vorhaben nach Kräften. Sie wollte mit den Ingeni-eurwissenschaften vor allem die regionale Wirtschaft stärken. Nach fast zehnjähriger Vorbereitung nahm der Fachbereich dann 1983 den Lehrbetrieb auf: mit rund einem Dutzend Wissenschaftlern, 29 Studierenden - und mit einem einzigartigen Forschungs- und Lehrkonzept.
Lehre mit "Gütesiegel" und bundesweit beispielgebend
Durch die Kombination von Elementen aus den klassischen Studienfächern Maschinenbau und Verfahrens-technik sollte in Bremen ein modernes und in Deutschland bis dahin einzigartiges Studien- und Forschungs-konzept aufgebaut werden. Bei der Produktionstechnik sollte nicht mehr nur das Produkt, sondern der gan-ze Produktionsprozess betrachtet werden. Den Wissenschaftlern ging es um den sinnvollen und effektiven Einsatz von Maschinen und Anlagen. Zudem rückten sie den arbeitenden Menschen in den Fokus. Als we-sentliche Merkmale definierten sie Interdisziplinarität und Praxisorientierung und setzten damit Ziele, die heute die moderne Ingenieurausbildung prägen.
"Praxis" und "Projekt" sind die zentralen Schlüsselworte für die Lehre am Fachbereich. Begründet ist das auch in seiner Geschichte. Die Professoren der ersten Stunde kamen aus der Industrie. Aus dem Berufsle-ben kannten sie die Projektarbeit, sahen das im "Bremer Modell" definierte "Projektstudium" als positiv an. Sie schrieben "Praxisbezug und Werkcharakter studentischer Übungsleistungen einen hohen Stellenwert" zu und setzten schon damals auf Interdisziplinarität und Ganzheitlichkeit. Was seinerzeit eher skeptisch be-trachtet wurde, ist heute ein Erfolgsmodell, und dem Fachbereich wird eine Vorreiterrolle in der Ingenieur-ausbildung zugeschrieben. So führt die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften (acatech) gleich mehrere der Bremer Lehrveranstaltungen in ihrer "Sammlung beispielgebender Projektarbeiten an Techni-schen Universitäten in Deutschland" auf.
Auch die Studierenden verleihen dem Fachbereich Bestnoten: In den Kategorien Betreuung, Ausstattung und Praxisbezug landet er bei den Rankings immer wieder in der Spitzengruppe. Eine weitere Bestätigung für seine Arbeit erhielt der Fachbereich jüngst als einer der ersten in Deutschland vom Fakultätentag für Maschinenbau und Verfahrenstechnik (FTMV) – mit dem „Gütesiegel für hohe Qualität in Lehre, Forschung und Organisation". Es dokumentiert die hohen Standards im Fachbereich und sieht es als Zeichen seiner Leistungsfähigkeit. Gerade in den Zeiten des zunehmenden Wettbewerbs um Forschungsmittel und Studie-rende.
Forschung setzt Akzente in der Wissenschaft
Mit dem Sonderforschungsbereich (SFB) 372 "Sprühkompaktieren" hatte die Deutsche Forschungsgemein-schaft (DFG) 1994 den ersten SFB am Fachbereich eingerichtet. Initiiert und geleitet wurde er von Prof. Dr.-Ing. Klaus Bauckhage. 1977 war er als erster Professor für den Fachbereich berufen worden und wurde auch dessen erster Sprecher. Überzeugt von dem „Modellversuch“ hatte er die Bremer Produktionstechnik mit geplant und aufgebaut. Welche Bedeutung der junge Fachbereich schon kurz nach seiner Gründung für die Uni Bremen hatte, belegt Folgendes:
Erst 15 Jahre nach ihrer Gründung war die Uni in die DFG aufgenommen worden. "Jetzt hat Bremen eine richtige Universität", hatte der Weser-Kurier diese Nachricht im Juli 1986 euphorisch bejubelt, und an der Uni wurde gefeiert. Dazu Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. mult. Dr. h.c. Hans Kurt Tönshoff, damals DFG-Senatsmitglied: „Den Durchbruch für die Bremer Uni haben damals die erfolgreichen ‚Maschinenbauer mit Ausrichtung Produktionstechnik‘ gebracht.“ Als Mitglied des Wissenschaftsrates der Bundesrepublik Deutschland hatte sich der international renommierte Wissenschaftler aus Hannover bereits für die Grün-dung des Fachbereiches eingesetzt und ihn weiterhin wohlwollend begleitet. Auch er zählt zu den "kühnen Visionären", denen der Fachbereich seinen Erfolg mit verdankt.
"Der Fachbereich Produktionstechnik ist heute der drittmittelstärkste Fachbereich der Universität: In der Di-mension 'DFG-Förderung pro Professor' belegen die Bremer Ingenieurwissenschaftler gar den bundesweit zweiten Platz", freut sich Uni-Rektor Müller. Diese Zahlen sprechen für sich: Insgesamt zehn Sonderfor-schungsbereiche und einen Transferbereich hat die DFG bislang an der Universität Bremen eingerichtet, und allein fünf der Sonderforschungsbereiche und den Transferbereich durch die Initiative oder mit der Be-teiligung des Fachbereiches Produktionstechnik. Das belegt die Qualität der Forschung und zeigt den hohen Stellenwert der Produktionstechnik an der Uni.
Gelungener Transfer – Vertrauensbeweise aus der Wirtschaft
Recht früh bewies auch die Wirtschaft dem Fachbereich ihr Vertrauen. 1987 hatte der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft in der bremischen Wirtschaft zur Unterstützung der Stiftungsprofessur für Umwelt-verfahrenstechnik am neuen Fachbereich aufgerufen. Binnen nur weniger Monate fanden sich 65 Unter-nehmen für die Finanzierung – für die erste Bremer Stiftungsprofessur überhaupt. "Ein Ritterschlag von der Industrie", freut sich Bauckhage noch heute. Inzwischen hat der Fachbereich insgesamt fünf Stiftungsprofes-suren erhalten: zwei vom Stifterverband und je eine von hanseWasser Bremen, vom Daimler-Fonds und von der Conrad Naber Stiftung. Die traditionell gewachsene und hervorragende Zusammenarbeit des Fachbe-reiches mit der Industrie zeigt sich auch hier: Rund ein Drittel der 2007 eingeworbenen Gelder, mehr als 14 Millionen Euro, kamen direkt aus der Industrie.
Die Wissenschaftler sind international ausgezeichnet, arbeiten in allen für den Maschinenbau und die Ver-fahrenstechnik wichtigen Gremien und Akademien mit sowie in den entscheidenden wissenschaftspoliti-schen Vereinigungen. So kam zum Beispiel der erste Bremer Forscher im Wissenschaftsrat der Bundesre-publik Deutschland aus den Reihen des Fachbereiches. Andere wurde in das DFG-Präsidium berufen oder in die Akademie der Technikwissenschaften, zudem arbeiten heute alleine zwei Träger des Gottfried Wil-helm Leibniz-Preises, dem bedeutendsten deutschen Wissenschaftspreis, am Fachbereich.
Einladung zum "openLAB": Von 15 bis 18:30 Uhr öffnet der Fachbereich seine Labore
25 Jahre – das Ende eines solchen Abschnittes sei ein Anlass zu reflektieren, neue Pläne zu schmieden und ein Grund zu feiern, meint auch der Dekan. Daher erinnert er noch einmal an das Jubiläumsfest am 26. September. Der Fachbereich öffnet die Labore! Bei der Besichtigungstour "openLAB" präsentieren die Fachgebiete und Institute ihre Arbeit. So führt das ZARM die Besucher zum Beispiel in die Abbremskammer des Fallturms, und die Technische Thermodynamik zeigt, wie die Trinkwassergewinnung der Zukunft gesi-chert werden kann. Gezeigt werden auch Experimente zur Raumorientierung in unmöglichen Welten oder Roboter-Fernsteuerungen mit virtueller Raumkognitionsforschung. Und damit es keine müden Beine gibt: Am Gebäude Geisteswissenschaften 1 (GW1) startet in regelmäßigen Abständen ein Shuttle-Bus zu einer Rundfahrt. Die Haltestellen: BIMAQ, ZARM, IWT, LFM, IW 1/2, LMT, BIAS, BIBA, IW3, IFAM und UFT.
(Sabine Nollmann)
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Aktuelle Fotos von dem Festakt finden Sie am 26. September ab 17 Uhr unter www.fb4.uni-bremen.de/s_ervice/25jahre_fb4.html, anderes Bildmaterial erhalten Sie unter mail@kontexta.de oder unter Telefonnummer 0170 904 11 67 (Sabine Nollmann).
Wetere Informationen:
Prof. Dr.-Ing. Stefan Will (Dekan des Fachbereiches Produktionstechnik der Universität Bremen)
Telefon: 0421 218-22 29, E-Mail: swill@uni-bremen.de
Dipl.-Ing. Torsten Bolik (Öffentlichkeitsarbeit Fachbereich Produktionstechnik der Universität Bremen)
Telefon: 0421 218-86 73 oder 0177 639 33 97, E-Mail: bolik@uni-bremen.de
Sabine Nollmann (kontexta – PR/Wissenschaftskommunikation)
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