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Klimawandel bedroht die Artenvielfalt in Hecken

Nord- und Westeuropa werden vielerorts durch Heckenlandschaften geprägt. Eine europaweite Studie unter Beteiligung der Universität Bremen hat jetzt der Einfluss von Klima und Pflege auf die Artenvielfalt in diesen Hecken untersucht. Fazit: Der Klimawandel macht sich auch hier bemerkbar.

Heckenlandschaften durchziehen wie ein dichtes Netz die oft waldarme Landschaft in Nord- und Westeuropa. Sonst isolierte Lebensräume wie Wälder werden durch die Hecken miteinander verbunden. Viele Waldpflanzenarten – etwa Busch-Windröschen, Große Sternmiere oder Gefleckter Aronstab – finden in den Heckenlandschaften einen wichtigen Lebensraum, weil diese waldähnliche Bedingungen aufweisen. In vielen europäischen Gegenden sind die Heckenlandschaften seit Jahrhunderten wichtig. Sie sind lebende Zäune sowie Holz- und Nahrungslieferanten; sie bieten einen effizienten Windschutz, haben einen hohen Wert für den Naturschutz und die Erholung. Und auch kulturell sind Heckenlandschaften bedeutend, beispielweise in England oder Nordfrankreich, wo sie besonders prägend für die Landschaft sind.

Aber die Heckenlandschaften sind in Gefahr. Klimawandel und unpassende Pflege haben erhebliche Auswirkungen auf die Artenvielfalt in den Hecken. Das ist das Ergebnis einer Studie, bei der Forscherinnen und Forscher aus vier europäischen Ländern einen bisher einzigartigen Datensatz zusammentragen haben. Er umfasst die Vegetationsdaten aus mehr als 1.000 Heckenkartierungen entlang einer Linie von Südschweden bis Nordfrankreich. Zusätzlich wurden Informationen über das regionale Klima, die umgebende Landschaft und die Heckenpflege gesammelt, um die Anzahl und Häufigkeit von Waldpflanzen damit in Zusammenhang zu bringen.

Hecken – ein wichtiger Ersatzlebensraum für viele Arten

„Wir haben zunächst gezeigt, dass tatsächlich eine große Vielfalt an Waldpflanzenarten in europäischen Hecken leben kann. Hecken bieten somit – besonders in waldarmen Gegenden – einen wichtigen Ersatzlebensraum für viele Arten“, sagt die Ökologin Kathrin Litza von der Universität Bremen. Sie forscht im Institut für Ökologie zum Verbreitungsmuster von krautigen Pflanzen, besonders in Wäldern und verwandten Habitaten. Im Rahmen ihrer Doktorarbeit konzentriert sie sich auf krautige Arten in Wallhecken (Knicks) in Schleswig-Holstein und der Veränderung ihrer Artenzusammensetzung im Laufe der Zeit. „In unserem übergreifenden Projekt haben wir nachgewiesen, dass die Artenzusammensetzung je nach Region variiert. Übergeordnete Muster wurden aber trotzdem gefunden.“

So sind häufig vorkommende Waldarten besonders gut darin, sich über weite Strecken auszubreiten, beispielsweise durch Tiere oder Wind. Sie können außerdem starke Störungen (etwa durch Pflegemaßnahmen) sowie hohe Temperaturen besser vertragen als seltene Arten. Zudem zeigte sich, dass die Nutzung der angrenzenden Flächen relevant für die Artenvielfalt ist. Bei intensiver landwirtschaftlicher Nutzung – beispielsweise als Ackerfläche – wurden weniger Arten gefunden als wenn Wege oder sogar Wälder angrenzten.

Das regionale Klima spielt nachweislich eine wichtige Rolle für die Artenvielfalt. So wurden in warmen Gegenden weniger Waldarten in den Hecken gefunden. Besonders aufschlussreich war der große Einfluss von Extremwetterereignissen. Hecken, die über vergangene Jahre extremer Dürre oder Hitze ausgesetzt waren, sind nachweislich artenärmer. „Da solche Wetterereignisse durch den Klimawandels noch zunehmen werden, befürchten wir, dass noch mehr Hecken zukünftig Arten verlieren könnten“, erklärt Kathrin Litza.

Breitere Hecken als Reaktion auf den Klimawandel

Da Hecken im Vergleich zu Wäldern schmal sind, schwanken die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit in ihrem Inneren stärker. Durch die Breite der Hecken kann man diesen Effekt allerdings beeinflussen: „In breiten Hecken ist das innere Klima nachweislich stabiler als in schmalen“, so die Bremer Ökologin. Der positive Einfluss von breiten Hecken wurde bereits häufig in regionalen Studien nachgewiesen. Nun ergab auch die europaweite Studie, dass die breiten Hecken deutlich mehr Waldarten beherbergen. Weil extreme Wetterereignisse zukünftig zunehmen werden, fordern die Forschenden, dass Pflegemaßnahmen und Managementstrategien auf europäischer Ebene angepasst werden. Kathrin Litza: „Es ist unerlässlich, dass die Breite der Hecken als Schlüsselelement für die Artenvielfalt berücksichtigt wird.“


Weitere Informationen:

Litza, K. et al. (2022). Hedgerows as a habitat for forest plant species in the agricultural landscape of Europe. Agriculture, Ecosystems & Environment, 326: 107809. https://doi.org/10.1016/j.agee.2021.107809

Die Publikation ist bis zum 27. Januar 2022 kostenfrei abrufbar zum Lesen und Download unter:
https://authors.elsevier.com/a/1eD8ZcA-IgJnC 

Eine Zusammenfassung in deutscher Sprache gibt es unter:
https://kathrin.litza.de/forschungsprojekte/europaeische-hecken-im-vergleich 


Fragen beantwortet:

Kathrin Litza
Institut für Ökologie
Arbeitsgruppe Vegetationsökologie und Naturschutzbiologie
Universität Bremen
Tel. +49 421 218-62915
E-Mail kathrin.litzaprotect me ?!uni-bremenprotect me ?!.de

Hecke
Wichtig für eine große Artenvielfalt: Wallhecken zwischen Äckern und Wiesen. Um im Klimawandel bestehen zu können, sollten sie breit genug sein.