Nr. 135/ 12. Mai 2015 MM
„Das Prunkschloss der bankrotten Wollkönige“ – so lautete eine der reißerischen Schlagzeilen der Bremer Presse, als sie im Sommer 1931 über die Krise der Norddeutschen Wollkämmerei & Kammgarnspinnerei AG – kurz „Nordwolle“ – berichtete. Für den Konkurs des größten europäischen Textilkonzerns aus Bremen wurden die Brüder G. Carl und Heinz Lahusen verantwortlich gemacht. Die Folgen des Niedergangs waren dramatisch: Einige Banken mussten schließen. Der Konkurs hatte Einfluss auf die nationale und internationale Wirtschaftskrise. Wer könnte diese Geschichte besser auf die Bühne bringen, als Geschichtsstudierende der Universität Bremen und die bremer shakespeare company (bsc). „Prunk und Pleite einer Unternehmerdynastie. Der Konkurs der Nordwolle und die Bankenkrise 1931" heißt ihre neue szenische Lesung, die sie im Rahmen ihres Projekts „Aus den Akten auf die Bühne“ erarbeitet haben. Premiere ist am Dienstag, 19. Mai 2015, um 19.30 Uhr in der bsc im Theater am Leibnizplatz. Es folgen fünf weitere Termine am 29. Mai, 4. Juni, 9. Juni, 22. Juni und 1. Juli 2015 jeweils um 19.30 Uhr. Eine zusätzliche Aufführung gibt es am 2. Juli 2015 an einem historischen Ort: Im Nordwestdeutschen Museum für Industriekultur in Delmenhorst – dem ursprünglichen Sitz der „Nordwolle“. Die Einrichtung hat die Studierenden bei ihrer Recherche unterstützt und ihnen zum Beispiel Zugang zur Familienkorrespondenz der Familie Lahusen ermöglicht und Fotos zur Verfügung gestellt. Karten sind für alle Vorstellung zum Preis von 13 Euro (erm. 6 Euro) bei der bremer shakeapeare company erhältlich. Kontakt unter shakespeare-company.com/gastspiel/_prunk_und_pleite/ oder Telefon: 0421-500333.
Der Fall Lahusen
Anfang 1931 ist die Bremer Familie Lahusen auf dem Höhepunkt ihrer Macht angekommen. G. Carl Lahusen, Vorstandsvorsitzender des „Nordwolle“-Konzerns, ist ein gefeierter „Wirtschaftsführer“ und Präses der Handelskammer Bremen. Er residiert mit seiner Familie unter anderem auf Gut Hohehorst, das er zu einem schlossähnlichen Herrenhaus hat umbauen lassen. In der Bremer Innenstadt entsteht ein prunkvolles Verwaltungsgebäude für den Konzern, das heutige Haus des Reichs. Nur wenige Monate später beginnt der rasante Absturz: Im Juli 1931 verhaftet die Polizei die Brüder G. Carl und Heinz Lahusen. Dies ist der Auftakt zu dem letzten großen Wirtschaftsprozess am Ende der Weimarer Republik. Nach langwierigen Ermittlungen wird das Hauptverfahren erst im August 1933 vor dem Landgericht Bremen eröffnet. Das Gericht verurteilt die Brüder Lahusen wegen Fälschung der Bilanzen und Veruntreuung durch persönliche Entnahmen im Dezember 1933 zu Haft- und Geldstrafen. In der szenischen Lesung wird zum ersten Mal auch der bisher unbekannte Weg von G. Carl Lahusen nach seiner Haftentlassung verfolgt, der ihn nach Berlin und 1941 erneut vor Gericht führt.
Über das Projekt „Aus den Akten auf die Bühne“
Unter dem Motto „Aus den Akten auf die Bühne” entstehen seit 2007 an der Universität Bremen Geschichts- und Theaterprojekte zu Themen aus der Vergangenheit der Hansestadt. Studierende des Instituts für Geschichtswissenschaft und Schauspielerinnen und Schauspieler der bremer shakespeare company (bsc) entwickeln und inszenieren szenische Lesungen aus historischen Originaldokumenten. Das Konzept für dieses bundesweit einmalige Projekt entwickelte die Historikerin Eva Schöck-Quinteros von der Universität Bremen. Das Projekt verbindet geschichtswissenschaftliche und dramaturgische Arbeit miteinander. Ziel ist es, Akten auf der Bühne zum Sprechen zu bringen und auf diese Weise einem breiten Publikum quellenbasierte Forschung zu einem aktuellen Thema zugänglich zu machen. Das zweisemestrige Projekt ist ein Angebot im Studienschwerpunkt „Geschichte in der Öffentlichkeit“. Die Studierenden sollen erfahren, wie lebendig und anschaulich historische Dokumente sein können und wie mit ihnen kreativ umgegangen werden kann. Weitere Informationen unter www.sprechende-akten.uni-bremen.de und bei Facebook unter www.facebook.com/sprechende.akten
Achtung Redaktionen: In der Uni-Pressestelle gibt es Fotomaterial und das Plakat zur Lesung. Kontakt unter Telefon: 0421-218-60150 oder E-Mail: presseprotect me ?!uni-bremenprotect me ?!.de
Weitere Informationen:
Universität Bremen
Fachbereich Sozialwissenschaften
Institut für Geschichtswissenschaft
Dr. Eva Schöck-Quinteros
Telefon: 0421 218-67251
E-Mail: esqprotect me ?!uni-bremenprotect me ?!.de