Auch wenn dieser Winter bisher eher zahm war - es ist und bleibt die Jahreszeit der Hochwässer und Nordseesturmfluten, die Bremen und Bremerhaven bedrohen. Nicht allen Bewohnern Bremens ist bewusst, dass heutzutage etwa 85 % der Stadtfläche wegen ihrer geringen Höhenlage im Prinzip von Überschwemmungen, insbesondere durch Sturmflut, bedroht sind. Um die Bremer Bürgerinnen und Bürger umfassend und aktuell über das Thema „Hochwasser“ zu informieren, hat das Uni-Projekt „INNIG“ eine Internet basierte Informationsseite erstellt, die ab sofort unter www.innig.uni-bremen.de frei zugänglich ist.
Die Stadt Bremen schützt sich seit Jahrhunderten vor Überschwemmungsgefahren durch ein ausgeklügeltes System von Deichen, Schutzwänden, Fluttoren, Sperrwerken und Schöpfwerken, die vor allem von den beiden Deichverbänden bedient und gepflegt werden. Der Klimawandel ist eine große Herausforderung – und Bremen reagiert: Ganz aktuell werden auf der Grundlage des Generalplans Küstenschutz Niedersachsen/Bremen diese Schutzbauten den in den vergangenen 45 Jahren eingetretenen Veränderungen angepasst und, einschließlich eines halben Meters zur Klimavorsorge, um durchschnittlich einen Meter erhöht.
Ein unvermeidliches Restrisiko bleibt bestehen
Dass das Sturmflut- und Hochwasserrisiko jedoch im Alltag der Stadt keine Rolle spielt, liegt vor allem an den genannten Schutzeinrichtungen. Deren gute Funktion hat sich mittlerweile auch bei mehreren Sturmfluten erwiesen, die deutlich höher aufgelaufen sind als die Katastrophenflut vom Februar 1962. Die zukünftigen Deichhöhen werden diese Sicherheit zunächst nochmals erheblich ansteigen lassen und so Zeit verschaffen, dem Klimawandel und dem weiteren Anstieg des Meeresspiegels bei Bedarf auch mit neuen Schutzkonzepten zu widerstehen. Aber es muss jedem klar sein, dass Bremen sich vor natürlichen Gewalten schützt, die letztendlich nicht kontrollierbar oder steuerbar sind. Noch stärkere Sturmfluten sind grundsätzlich möglich, wenn auch nicht sehr wahrscheinlich, müssen aber in einem Management der Risiken berücksichtigt werden.
Effektive Vorsorge durch informierte Bürger
Daher ist es notwendig, neben der Katastrophenvermeidung auch gewisse Vorbereitungen zu treffen, um in einem tatsächlichen Katastrophenfall Verletzungen von Menschen und Schäden an Gütern zu vermeiden oder zumindest zu verringern. Das aber setzt eine regelmäßige Information der potenziell betroffenen Bevölkerung über bestehende restliche Risiken und Möglichkeiten der Schadensvermeidung durch Vorsorgemaßnahmen und richtiges Verhalten voraus.
Diesem Ziel dient die neue Internetseite. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt „INNIG“ („Integriertes Hochwasserrisikomanagement in einer individualisierten Gesellschaft“, www.rimax-hochwasser.de) hatte u. a. das Ziel, die Hochwasserrisiken der Stadt Bremen zu analysieren, den Informationsstand der Bevölkerung zu ermitteln und in einem Vergleich mit der ähnlich situierten Stadt Hamburg die Möglichkeiten aufzuzeigen, die Öffentlichkeit zu unterrichten. Die auch für Nicht-Wissenschaftler sehr interessanten Ergebnisse sind unter der genannten Internetadresse vollständig nachzulesen.
In der Informationsplattform haben die Projektbeteiligten die Ergebnisse und viele weitere Informationen zusammengestellt, unter anderem über
- Küstenschutzbauwerke, Deiche und Sperrwerke in Bremen und
- die allgemeinen Wasser- und Hochwasserverhältnisse der Stadt Bremen.
- Bremerinnen und Bremer können Ihre persönliche Wohnhöhe in Metern über Normal Null bestimmen und
- in Form von Übersichtskarten sind potenzielle Hochwassergefahren auch unter Berücksichtigung des Klimawandels dargestellt.
Auch „maßgeschneiderten Informationen“ können angefordert werden
Wem das zuviel ist, dem kann die Informationsplattform Informationen maßgeschneidert aufbereiten und darstellen. Empfehlungen, wie sich die Bürgerinnen und Bürger Bremens im Falle einer Hochwasserkatastrophe verhalten sollten und wie man mit einfachen Maßnahmen potenzielle Schäden vermeiden kann, vervollständigen die Informationsseite.
Diese interaktive Informationsplattform ist als Prototyp zu verstehen, der weiter entwickelt werden kann und sollte, um auch in Bremen (und umzu) die öffentliche Risikokommunikation bezüglich Hochwassergefahren zu eröffnen, wie sie zum Beispiel im Hochwasserschutzgesetz vom Mai 2005 gefordert wird. Die in dieser Website enthaltenen Informationen sind ausgesprochen vielfältig und können von jedem Besucher der Seite vollständig eingesehen werden. Darüber hinaus bietet sie die Möglichkeit, persönliche Informationen zusammenzustellen. Dazu muss zu Beginn nur ein ganz kleiner Fragebogen ausgefüllt werden. Das Programm orientiert sich sowohl an der persönlichen Wohnsituation als auch am Typ des Fragestellers (Eher neugierig? Eher ängstlich?) und stellt dann die wichtigsten Informationen automatisch zusammen. Diese so genannten „maßgeschneiderten Informationen“ werden aus der Gesamtheit der Informationen ausgewählt, aufbereitet und dargestellt.
Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen des Projekts „INNIG“ erhoffen sich eine rege Nutzung der angebotenen Informationen. Sie enthalten sicherlich für viele Bremer und Bremerinnen echte Neuigkeiten, schließlich sind das Restrisiko, persönliche Betroffenheiten und Empfehlungen für Schutz, Vorsorge und richtiges Verhalten im Ernstfalle seit der Sturmflut im Februar 1962 nur selten öffentlich thematisiert worden. Wichtig ist: Behörden und Deichverbände stellen auch weiterhin die erforderlichen Sicherheiten her, und die geschützte Bevölkerung weiß um die verbleibenden Risiken und kann damit umgehen. Hamburg hat mit dieser Art der öffentlichen Risikokommunikation gute Erfahrungen gemacht.
Wetere Informationen:
Dr. Michael Schirmer
Tel. 01786252910
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