Ein Beispiel für eine solche Herausforderung: Termindruck, Erfolgszwang oder Stress – sie lassen Menschen zu Medikamenten greifen, um Beschwerden wie Schlafstörungen oder Panikgefühle zu bekämpfen. Doch immer häufiger werden Arzneien eingesetzt, ohne dass solche Beschwerden vorliegen. Sie hellen die Stimmung auf, unterstützen die Konzentration oder unterdrücken Müdigkeit, auch dann, wenn der Mensch gesund ist. Philosophinnen und Philosophen erörtern unter anderem, ob ein solcher Eingriff in natürliche Abläufe zulässig oder überhaupt empfehlenswert ist. Was macht die Natürlichkeit des Menschen aus und welchen gesellschaftlichen Stellenwert hat sie? Geht es in diesem Fall um Manipulation oder den „natürlichen“ Drang des Menschen danach, sich stetig zu verbessern? Was könnte geschehen, wenn Eigenschaften wie Schüchternheit künftig als „behandlungsbedürftig“ eingestuft werden sollten?
Fragen wie diese stehen im Mittelpunkt des Kolloquiums „Neuro-Enhancement: The Natural as a Value“. Es ist eines von insgesamt sechs Kolloquien des internationalen Philosophie-Kongresses GAP.7 mit dem Titel „Nachdenken und Vordenken – Herausforderungen an die Philosophie“, der vom 14.-17. September 2009 an der Universität Bremen stattfindet. Veranstalter ist die Gesellschaft für Analytische Philosophie (GAP). Diesjähriger Partner des Kongresses, der alle drei Jahre in einer anderen Stadt ausgerichtet wird, ist das Institut für Philosophie an der Universität Bremen. Die Schirmherrschaft für die Veranstaltung hat Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen übernommen.
Akademischer Nachwuchs trifft renommierte Wissenschaftler
Rund 400 Teilnehmer aus aller Welt werden an der Universität Bremen erwartet. Neben international renommierten Philosophen wie den Hauptvortragenden Professor Ansgar Beckermann, Universität Bielefeld, Professor Wolfgang Künne, Universität Hamburg, Professor Mark Sainsbury, University of Texas, und Professor Jay Wallace, University of California, Berkeley, gehören dazu auch junge Nachwuchswissenschaftler. Im Rahmen von 225 Sektionsvorträgen stellen sie ihre Arbeiten der akademischen Öffentlichkeit vor. Vorträge, Kolloquien und Workshops bieten Gelegenheit, sich austauschen. Im Mittelpunkt stehen neben dem Thema Neuro-Enhancement beispielsweise Fragestellungen wie: Welchen Wert hat eine Auseinandersetzung mit der Geschichte der Philosophie, etwa mit den Schriften von Aristoteles? Kann etwas zugleich wahr und doch falsch sein? Welche Konsequenzen hat die Evolutionstheorie Charles Darwins für die Moral und die Moralbegründung? Sind Eigenschaften real existent oder entstehen sie erst, wenn dafür sprachliche Ausdrücke gebildet werden? Dabei werden auch Forschungsschwerpunkte der Bremer Universität aufgegriffen: In einem Dialog zwischen Philosophen, Ökonomen und Physikern entwickeln Forscher hier neue Ansätze zu einer „Wissenschaft und Philosophie für eine komplexe Welt“. Zum Beispiel gehen sie der Frage nach, wie und warum Methoden aus der Physik zur Analyse der Dynamik von Finanzmärkten dienen können.
Ein Kongress – drei Preisverleihungen
Drei Preise, verliehen von der Gesellschaft für Analytische Philosophie, ergänzen das Programm des Kongresses: Erstmalig wird der Frege-Preis der Gesellschaft für Analytische Philosophie verliehen, der nach dem deutschen Philosophen und Mathematiker Gottlob Frege benannt ist. Dieser Ehrenpreis wird an herausragende deutschsprachige Philosophinnen oder Philosophen vergeben, die sich mit ihrem Werk um die Analytische Philosophie verdient gemacht haben. Zu Ehren des diesjährigen Preisträgers, des Hamburger Philosophen Professor Wolfgang Künne, findet ein eigenes Kolloquium statt, in dessen Rahmen der Preisträger selbst sowie Professor Paul Boghossian aus den USA und Professor Kevin Mulligan aus der Schweiz vortragen werden. Der etablierte Wolfgang-Stegmüller-Preis ist der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses gewidmet. Gestiftet wird er von Margret Stegmüller, der Witwe des Wissenschaftstheoretikers Professor Wolfgang Stegmüller, der maßgeblich zur Verbreitung der Analytischen Philosophie im deutschsprachigen Raum beitrug. Mit diesem Preis werden in der Regel drei herausragende Arbeiten auf dem Gebiet der Analytischen Philosophie ausgezeichnet. Insgesamt ist er mit 12.000 Euro dotiert. Er geht an Autorinnen oder Autoren, die nicht älter als 40 Jahre sind und noch keine wissenschaftliche Dauerstellung innehaben. Der dritte Preis, gestiftet vom ontos Verlag, dient der Förderung der wissenschaftlichen Forschung auf den Gebieten der Analytischen Ontologie und der Metaphysik. Der mit 2.000 Euro dotierte ontos-Preis richtet sich an deutschsprachige Autorinnen und Autoren, deren Werk anschließend im ontos-Verlag veröffentlicht wird.
Wetere Informationen:
Universität Bremen
Fachbereich Kulturwissenschaften
Institut für Philosophie,
Prof. Dr. Dagmar Borchers
Tel. 0421/ 218 67820
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