Nr. 084 / 12. März 2013 MU
Heute viel gewinnen, morgen alles verlieren: Börsenspekulation gleicht einem Lotteriespiel. Bisher fehlt eine umfassende wissenschaftliche Theorie, die erklärt, wie es zu den extremen Kursschwankungen bis hin zum Börsencrash kommt. Die Physiker der Universität Bremen Klaus Pawelzik und Felix Patzelt wollen nun Licht ins Dunkel der exzessiven Kursbewegungen an der Börse bringen – und zwar ganz spielerisch. Dazu haben sie das Online-Spiel „The Seesaw Game“ entwickelt, bei dem jeder mitspielen kann. Es handelt sich um ein einfaches „Wippen-Spiel“, mit dem das Spekulieren an der Börse simuliert wird.
Das Spiel erscheint auf den ersten Blick ganz simpel: Auf einer Wippe, auf einer Seite blau auf der anderen rot, stehen drei Gewichte: ein blaues, ein rotes und ein schwarzes. Letzteres hält die Wippe in der Balance. Mit zwei Pfeilen, ebenfalls rot und blau, wird gesetzt. Doch man spielt nicht allein, sondern online gegen andere Spieler. Und jeder Mitspieler ist Teil eines Experiments. Die Herausforderung besteht darin, einzuschätzen, wie sich die anderen Spieler verhalten werden und auf die Seite der Wippe zu setzen, die am Ende eines Spielzuges hoch gehen wird. Liegt der Spieler mit seiner Vermutung richtig, gewinnt er, liegt er falsch, gibt es Punktabzug. In einem Highscore können die Spieler verfolgen, wie sie insgesamt abschneiden.
Felix Patzelt, theortischer Physiker und Programmierer des Spiels erklärt: „An der Börse will ich möglichst hohe Preise für meine Aktien erzielen. Daher kaufe ich heute, wenn ich glaube, dass die Aktie morgen steigt und verkaufe sie morgen.“ Dadurch wird allerdings auch das Angebot der Aktie erhöht und der Preis sinkt wieder. Das bedeutet, dass man dann erfolgreich ist, wenn man das Gegenteil der Mehrheit tut. Genau dies geschieht auch beim Wippenspiel.
„Entgegen der klassischen Wirtschaftslehre, nach der ein System von Wetten und Gegenwetten immer im ausgeglichenen Verhältnis steht, zeigen sich an der Börse und auch im Spiel extreme Schwankungen“, erklärt Felix Patzelt. Die Bremer Neurophysiker haben neue mathematische Modelle entwickelt, die sie mit dem Spiel testen und weiterentwickeln wollen. „Das Ganze ist eine Art massenpsychologisches Experiment“, so Professor Pawelzik. „Das kann man nicht ohne sehr große Kosten im Labor machen. Während man bei dem Internet-Spiel die Möglichkeit hat, mit Tausenden von Menschen so ein Spiel zu spielen.“
Jeder Mitspieler des Seesaw-Games kann dazu beitragen, die Schwankungen an den Finanzmärkten eines Tages besser verstehen zu können.
Probieren Sie es doch einfach mal aus: http://seesaw.neuro.uni-bremen.de
Weitere Informationen:
Universität Bremen
Institut für Theoretische Physik
Prof.Dr. Klaus Pawelzik
E-Mail: pawelzikprotect me ?!neuro.uni-bremenprotect me ?!.de
Dipl.-Phys. Felix Patzelt
Tel: +49 421 218 62005
E-Mail: felixprotect me ?!neuro.uni-bremenprotect me ?!.de