Nr. 340 / 6. November 2013 KG
Die erfolgreiche szenische Lesung „Im Lager hat man auch mich zum Verbrecher gemacht“ wird am Dienstag, 19. November 2013, im Haus des Reichs wiederaufgenommen. Es geht darin um den dramatischen Fall der KZ-Inhaftierten Margarete Ries, die vom Opfer zur Täterin wurde. In der Reihe „Aus den Akten auf die Bühne“, hatten Studierende der Geschichtswissenschaft der Universität Bremen den Fall anhand historischer Dokumente aufgearbeitet und in Kooperation mit der bremer shakespeare company auf die Bühne gebracht. Die Lesung traf 2012 auf großes Publikumsinteresse. Neben vier regulären Vorstellungen gab es fünf Zusatzvorstellungen und alle waren ausverkauft. Das ist der Grund für die Wiederaufnahme in Bremen. Die Lesung stößt auch überregional auf großes Interesse. Sie war 2012 im Programm der Feier zum 50-jährigen Bestehen der Gedenkhalle für die Opfer des Nationalsozialismus in Oberhausen eingeladen. Am 11. November 2013 wird das Projekt im Max Mannheimer Studienzentrum in Dachau auf der Tagung über marginalisierte Häftlingsgruppen in den Konzentrationslagern gezeigt. Für 2014 sind Aufführungen in Ravensbrück und in Berlin geplant.
Der historische Fall:
Margarete Ries aus Magdeburg war im August 1939 im Alter von 20 Jahren wegen „liederlichen Lebenswandels“ als „Asoziale“ ins Konzentrationslager Ravensbrück eingeliefert worden. Im Herbst 1942 kam sie mit einem Transport ins KZ Auschwitz und bewachte in der Funktion eines Oberkapos jüdische Häftlinge. Dabei soll sie äußerst brutal vorgegangen sein und mehrere Inhaftierte erschlagen haben. Nach ausführlichen Vernehmungen durch Vertreter der US-Militärregierung in Bremen im Haus des Reichs und einem anschließenden Spruchkammerverfahren wurde ihr Verfahren jedoch eingestellt. Zu ihrer Verhaftung kam es, nachdem eine ehemalige Insassin des Lagers Auschwitz Ries auf dem Bremer Hauptbahnhof wiedererkannt hatte. Wie erklärte Margarete Ries ihr Handeln? Wie bewerteten es die Zeuginnen und warum wurde das Verfahren eingestellt? Diese und andere Fragen haben die Studierenden gemeinsam mit Schauspielerinnen und Schauspielern für die Lesung aufgearbeitet. Mitwirkende sind Petra Janina Schultz, Erika Spalke, Peter Lüchinger und Michael Meyer von der company.
Das Projekt „Aus den Akten auf die Bühne“:
Die Lesung „Im Lager hat man auch mich zum Verbrecher gemacht“ ist eine von mittlerweile sechs Inszenierungen in der Reihe, die als Projekt 2007 begonnen hat. Projektleiterin Dr. Eva Schöck-Quinteros erarbeitet gemeinsam mit Geschichtsstudierenden der Universität Bremen die Fälle anhand von historischen Originaldokumenten. Das bundesweit einmalige Projekt verbindet „Forschendes Lernen“ und dramaturgische Arbeit miteinander. Ziel ist es, Akten auf der Bühne zum Sprechen zu bringen und auf diese Weise einem breiten Publikum quellenbasierte Forschung zugänglich zu machen. In der Projektreihe „Aus den Akten auf die Bühne" sind Begleitbände zu den szenischen Lesungen erschienen. Informationen im Internet unter www.sprechende-akten.de
Aufführungen sind jeweils dienstags an vier aufeinanderfolgenden Terminen vom 19. November bis 10. Dezember, 19.30 Uhr, im Haus des Reichs, dem Sitz der Senatorin für Finanzen. Es ist der Originalschauplatz des Verfahrens gegen Margarete Ries, denn dort hatte die US-Militärregierung für Bremen damals ihren Sitz. Karten zum Preis von 12 Euro (ermäßigt 6 Euro) gibt es bei der bremer shakespeare company unter www.shakespeare-company.com sowie unter der Telefonnummer 0421 500 333.
Weitere Informationen:
Universität Bremen
Institut für Geschichtswissenschaft
Dr. Eva Schöck-Quinteros
Telefon: 0421 218-67251
E-Mail: esqprotect me ?!uni-bremenprotect me ?!.de
www.sprechende-akten.de
http://www.bpb.de/mediathek/148646/im-lager-hat-man-auch-mich-zum-verbrecher-gemacht