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Uni-Angehörige engagieren sich nachhaltig für Flüchtlinge in den Notunterkünften auf dem Campus

Bildungsangebote seit drei Monaten / mehr als 100 Studierende geben Sprachkurse und organisieren Sportaktivitäten / Rektorat hat Koordinierungsstelle und Runden Tisch eingerichtet

Nr. 253 / 30. September 2015

Die Universität Bremen fühlt sich mitverantwortlich für den Alltag der geflüchteten Menschen, die auf dem Campus in Zelten leben. Bereits seit drei Monaten, als die erste Notunterkunft für minderjährige unbegleitete Jugendliche am Fallturm errichtet wurde, gibt es stabile Hilfs- und Freizeitangebote von Universitätsangehörigen, insbesondere von Studierenden, die sich als Arbeitsgruppe „Refugees Welcome“ zusammengeschlossen haben. Im Mittelpunkt steht, wie bei einer Universität nicht anders zu erwarten, die „geistige Nahrung“. Deutsch-Sprachkurse, Computerkurse, Kunstprojekte, Chor- und Orchesterangebote und das Gaststudium IN-Touch werden von den Geflüchteten in den Notunterkünften dankbar angenommen. Eine zweite Säule sind die sportlichen Aktivitäten: Ob Fußballturniere, Fahrradtouren, der Besuch des Fitnessstudios oder die Möglichkeit, Kurse des Hochschulsports zu belegen – die Liste der Angebote ist lang. Das Zentrum für Netze hat an beiden Zeltstandorten zudem offenes WLAN eingerichtet. Partner war dabei die Freifunk-Initiative Bremen.

Koordinierungsstelle des Rektorats bündelt Aktivitäten

Das Besondere: Um die Unterstützung und die ehrenamtlichen Aktivitäten aus der Uni zu bündeln, hat das Rektorat eigens eine Koordinierungsstelle eingerichtet. Zwei Mitarbeiterinnen beantworten die zahlreichen Anfragen der Universitätsangehörigen und halten engen Kontakt zu den Betreibern der Zelte. Gleichzeitig hat die Konrektorin für Internationalität und Diversität, Professorin Yasemin Karakaşoğlu, einen „Runden Tisch geflüchtete Menschen auf dem Campus“ ins Leben gerufen. Das Gremium, dem Studierende, Träger  der Notunterkünfte, Vertreterinnen und Vertreter aus den zuständigen Behörden, aus den Fachbereichen und der Verwaltung der Universität sowie der Staats- und Universitätsbibliothek angehören, hat jetzt in großer Runde zum zweiten Mal getagt. „Ziel ist es, sich ein aktuelles Bild von der Lage in den Flüchtlingszelten zu machen und aktuelle Unterstützungsbedarfe der Zeltbewohnerinnen und Zeltbewohner wie auch der Helfenden aus der Mitte der Universität zu ermitteln“, sagt Professorin Yasemin Karakaşoğlu. In der Koordinierungsstelle werde nun an Unterstützungsmöglichkeiten für die Helfer und Helferinnen gearbeitet. Konkret sollen Beratungs-, Supervisions- und Qualifizierungsangebote für die Studierenden, die mit besonderen Herausforderungen in der ehrenamtlichen Arbeit mit den geflüchteten Menschen tagtäglich konfrontiert werden, durch Lehrende der Universität organisiert und zentral koordiniert werden. Auch müssen ganz praktische Fragen geklärt werden. Es geht  jetzt darum, Räumlichkeiten zu finden, um Sport- und Sprachlernangebote auch in der kälteren Jahreszeit und während des Semesterbetriebs aufrecht zu erhalten.

660 geflüchtete Menschen leben auf dem Campus

Im Zelt „Am Biologischen Garten“ leben 110 minderjährige unbegleitete Jugendliche aus 15 Nationen. Sie werden auf der Grundlage des Jugendhilfegesetzes von 20 pädagogischen Fachkräften betreut. Dass es manchmal zu Konflikten kommt, sei auch den Wohnbedingungen geschuldet. „Wir rufen die Polizei lieber einmal mehr als einmal zu wenig“, sagt Radek Romanowski vom Betreiber Wolkenkratzer. Insgesamt laufe es aber relativ gut. Wie lange das Zelt stehen bleibe und wann es durch Container ersetzt würde, darüber wisse er nichts Genaueres. Die Jugendlichen fragten ungeduldig, wann sie zur Schule gehen könnten oder wann ihr Aufenthaltsstatus geklärt werde. „Die Studierenden aus der AG Refugees Welcome sind uns eine wahnsinnig große Hilfe“, sagt Romanowski. „Bei ihren regelmäßigen Sportangeboten können sich die Jugendlichen richtig auspowern, das nimmt viele Aggressionen raus.“ In den Zelten an der Otto-Hahn-Allee leben derzeit 550 Personen, vor allem Familien. In dieser Notunterkunft gibt es einen enormen Wechsel. „Wir sind nur eine Anlaufstelle, die Flüchtlinge werden danach in Übergangswohnheime weitervermittelt“, erläutert Nesrin Manduz, Ansprechpartnerin des Trägers Arbeiter-Samariter-Bund (ASB). „Um die 200 Personen wechseln alle paar Wochen und neue kommen hinzu.“ Sie ist den Studierenden insbesondere dankbar für die Begleitung der Flüchtlinge bei Behördengängen und Arztbesuchen.

Die studentische Arbeitsgemeinschaft Refugees Welcome

Seit mehr als drei Monaten machen Studierende der Universität Bremen den Zeltbewohnern stabile Angebote. 20 Studierende gehören zum festen Kreis, weitere 100 unterstützen die Aktivitäten. Dazu gehören Sprachkurse, regelmäßiges Training für Basketball, Handball und Fußball, Kunstworkshops, Chorsingen und Begleitung der Geflüchteten zu Ärzten, Ämtern und in die Stadtbibliothek. Auch Feste hat die AG für die Zeltbewohnerinnen und – bewohner schon organisiert. Außerdem werden mit dem Equipment des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) Computerkurse angeboten. Im Programm IN-Touch, bei dem in diesem Wintersemester 140 Gaststudierende beginnen, helfen die Studierenden der Bremer Uni als Mentorinnen und Mentoren. „Uns ist wichtig, dass wir die Aktivitäten nachhaltig anbieten“, sagt Sprecherin Sevda Atik. Im Zelt am Fallturm laufe das nach einem Stundenplan, der dort aushängt. „Auch wenn jetzt nach der vorlesungsfreien Zeit das Studium wieder beginnt, wollen wir weitermachen. Wir werden dabei aus unseren jeweiligen Fachbereichen und vom Rektorat unterstützt.“

Weitere Informationen:
Universität Bremen
Koordinierungsstelle „Geflüchtete Menschen auf dem Campus“
Referat Rektoratsangelegenheiten
Anke Semrau
Tel: 0421 218-60110
E-Mail: anke.semrauprotect me ?!vw.uni-bremenprotect me ?!.de
https://www.facebook.com/RefugeesWelcomeUniBremen
http://www.uni-bremen.de/fluechtlinge.html
https://www.uni-bremen.de/de/international/wege-an-die-universitaet-bremen/uni-fuer-gefluechtete