Nr. 361 / 29. Oktober 2014 RO
Der amerikanische Slawist Dr. Yakov Klots vom Georgia Institute of Technology, Atlanta (USA), forscht seit Anfang Oktober im Team von Professorin Susanne Schattenberg an der Forschungsstelle Osteuropa der Universität Bremen. Klots hat ein Forschungsstipendium der Humboldt-Stiftung für erfahrene Wissenschaftler für seine Arbeiten über den russischen Schriftsteller Warlam Schalamow erhalten. Das Stipendium ermöglicht es dem Philologen, bis 2016 an einem eigenen Projekt an einer Universität seiner Wahl zu arbeiten. „Ich habe mich für die Universität Bremen entschieden, weil die Forschungsstelle Osteuropa über einzigartige Dokumente über das literarische Leben der russischen Emigration in Europa und den USA verfügt“, erklärt Klots. „Solche ausgezeichneten Forschungsbedingungen finde ich sonst nirgendwo“.
Yakov Klots arbeitet gegenwärtig an einem Buch über die Rezeption des russischen Schriftstellers Warlam Schalamow, dessen Lebensthema die Auseinandersetzung mit seinen Hafterfahrungen im sowjetischen Gulag war. Insgesamt 17 Jahre verbrachte Schalamow in der lebensfeindlichen Kolyma-Region im russischen Norden. Seine Werke werden daher in engem Bezug zu den Arbeiten von Alexander Solschenizyn und anderer Gulag-Autoren gelesen. Schalamow stand dabei immer im Schatten des Nobelpreisträgers Solschenizyn. Erst kurz bevor Schalamow 1982 verstarb, erhielt er mit der Freiheitsprämie des französischen P.E.N.-Clubs eine wichtige öffentliche Anerkennung.
Schalamow prägte ein neues literarisches Genre
Ein Grund für die zögerliche Anerkennung Schalamows auch im Westen war, dass er sich den einfachen Kategorien des Kalten Kriegs von Widerstand und Dissidenz entzog. „An Schalamow hat mich gerade nicht das Dissidententum angezogen“, erklärt Yakov Klots, „sondern sein literarischer Stil und das neue Genre, in dem er schrieb, die so genannte ‚neue Prosa‘.“ Während Klots bereits über die russische Emigration arbeite, stieß er auf die ersten Publikationen Schalamows in einer New Yorker Emigranten-Zeitschrift und musste feststellen, wie stark die Redakteure in Schalamows Texte eingegriffen hatten, um sie ihren eigenen Leseerwartungen anzupassen. Ihnen, die bald nach 1917 aus der Sowjetunion emigriert waren, war Schalamows Sprache, in der er über die sowjetischen Lager schrieb, völlig fremd. Auch der Konflikt mit Solschenizyn spielte für Schalamows Rezeption im Westen eine große Rolle. „Dabei ging es nicht nur darum, ‚wer am meisten gelitten habe‘, erklärt Yakov Klots, „sondern um prinzipiell unterschiedliche literarische Formen, Genres und Stile, in denen sie schrieben.“
Neue Perspektiven auf die Phase des Kalten Krieges
Ein wichtiges Thema der Forschungsarbeit sind daher die Reaktionen russischer Emigrantenschriftsteller und westlicher Kritiker, aber auch die ideologischen, kulturellen und sprachlichen Faktoren, die die Aufnahme seines Werkes im Westen bestimmten. Während Emigrantenschriftsteller der ersten Welle, die das Land direkt nach 1917 verlassen hatten, dazu tendierten, Schalamows „Erzählungen aus Kolyma“ als einfache Memoiren zu lesen, verstanden Autoren aus der dritten Emigrationswelle Schalamows Arbeiten als literarisches Werk der Moderne. Die Emigration wird hier als ein literarisches, linguistisches und ideologisches Brennglas verstanden, das neue Perspektiven auf die Phase des Kalten Krieges ermöglicht.
Zur Person
Yakov Klots promovierte 2011 an der Yale Universität in russischer Literatur. Er unterrichtete an der Yale Universität und am Williams College, bevor er als Assistant Professor am Georgia Institute of Technology (Atlanta, USA) tätig war.
Achtung Redaktionen: In der Uni-Pressestelle ist unter presseprotect me ?!uni-bremenprotect me ?!.de ein Foto von Dr. Yakov Klots erhältlich.
Weitere Informationen:
Universität Bremen
Forschungsstelle Osteuropa
Dr. Ulrike Huhn
Telefon: 0421 218-69611
E-Mail: Ulrike.huhnprotect me ?!uni-bremenprotect me ?!.de
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