Das Projekt IntEL4CoRo erschließt das digitale Labor nun auch für Studierende.
In der digitalen Küche ist der Roboter schon startklar. Ein Topf steht auf dem Herd, der Roboter hält eine Schüssel mit Mais in der Hand. Einige Zeit und etliche Programmieranweisungen später ist das Popcorn fertig. „Die Küche ist eine der virtuellen Simulationsumgebungen, auf die Studierende künftig zugreifen können“, erläutert Dr. Jörn Syrbe, Koordinator des Projekts IntEL4CoRo. Die Abkürzung steht für „Interactive learning environment for cognitive robotics“ – interaktive Lernumgebung für kognitive Robotik. Die Umgebung, um die es dabei geht, ist ein digitales Abbild des Robotiklabors an der Universität Bremen. Schon jetzt können Forschende aus der ganzen Welt mit digitalen Zwillingen der Bremer Roboter eigene Experimente durchführen. Doch Studierende hatten diese Option bislang nicht.
„Das hat unter anderem damit zu tun, dass das digitale Labor bisher nur in Form eines Computerprogramms existierte“, sagt Jörn Syrbe. „Das läuft auf vielen Rechnern von Studierenden nicht, zum Beispiel, weil ihre Grafikkarten dafür nicht ausreichend sind.“ Darüber hinaus fehlen den meisten Studierenden die wissenschaftlichen Grundlagen, um eigenständig mit den digitalen Robotern arbeiten zu können. Um ihnen diese Hürden zu nehmen, arbeitet im Projekt ein interdisziplinäres Team aus Forschenden des Cognitive Systems Lab und des Institute for Artificial Intelligence, Mediendidaktiker:innen des Zentrums für Multimedia in der Lehre (ZMML) und Mitarbeitenden der Virtuellen Akademie Nachhaltigkeit zusammen. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) über einen Zeitraum von dreieinhalb Jahren gefördert.
Digitales Experimentieren schon im Einführungskurs
In einem ersten Schritt erstellte das Team eine Webversion des Labors, um den Studierenden den Zugang zu erleichtern. Dann ging es darum, die Arbeit mit den digitalen Robotern in bereits bestehende Lehrveranstaltungen zu integrieren – etwa in den Einführungskurs „Integrated Intelligent Systems“. Hier lernen Studierende aus Studiengängen wie Informatik oder Systems Engineering mehr über das Konzept der kognitiven Robotik. „In der kognitiven Robotik geht es um die Entwicklung von Robotern, die selbst entscheiden können, wie sie eine bestimmte Anweisung wie etwa ‚den Tisch decken‘ umsetzen“, erklärt Jörn Syrbe. Im Gegensatz etwa zu Industrierobotern, die an einem bestimmten Ort immer die gleiche Handlung ausführen, sollen sie flexibel auf Situationen reagieren können.
Welche Voraussetzungen die Roboter dafür mitbringen müssen und wie die Arbeit mit ihnen unseren Alltag verändern kann, lernen die Studierenden in dem Kurs. Es geht um Fragen wie: Welches Wissen brauchen Roboter, um Handlungen planen zu können? Wie kann man ihre Bewegungsabläufe programmieren? Aber auch: Wie können sie unser Leben nachhaltiger machen – etwa, indem sie pflegebedürftigen Menschen im Alltag helfen? Bisher beschäftigten sich die Studierenden rein theoretisch mit diesen Fragen. Im Zuge von IntEL4CoRo wurde der Kurs nun durch Experimente mit den digitalen Robotern ergänzt. Ein digitales Lehrbuch führt die Studierenden durch die einzelnen Module und leitet zur Arbeit mit der digitalen Plattform an. Mit diesen Materialien können die Studierenden zu Hause selbstständig arbeiten. „In einer Übung haben sie dann die Gelegenheit, ihre Probleme zu besprechen und gemeinsam das Programmieren zu üben“, sagt Jörn Syrbe. Im kommenden Semester soll ein Testlauf für den neuen Kurs stattfinden.
Wenn der Roboter die Wäsche zusammenlegt
Die webbasierte Plattform für die Studierenden ist mit der bisherigen Version für Forschende fast vollständig identisch. Drei Laborumgebungen stehen zur Verfügung: eine Küche, eine Wohnumgebung und ein Drogeriemarkt. Am Ende des Kurses „Integrated Intelligent Systems“ sind die Studierenden in der Lage, in der Umgebung Roboter für kleine Alltagsaufgaben zu programmieren – etwa eine Packung Milch in den Kühlschrank zu stellen oder Wäsche zu falten. Abseits von Lehrveranstaltungen sollen Studierende in Zukunft aber auch in eigenen Projekten mit der Plattform arbeiten können, zum Beispiel im Rahmen von Bachelor- oder Masterarbeiten. „Da könnte es zum Beispiel darum gehen, für ältere Menschen Assistenzroboter zu programmieren, die mit Menschen Spaghetti kochen, Zutaten bereitstellen und anschließend auch kontrollieren, ob der Herd ausgestellt ist“, sagt Jörn Syrbe.
Sowohl die virtuelle Lernumgebung als auch die Lernmaterialien macht das Team von IntEL4CoRo als Open Educational Resources frei zugänglich. Aktuell steht Jörn Syrbe im Austausch mit verschiedenen Universitäten weltweit, die Interesse an den Materialien haben. Internationale Forschungsprojekte von Studierenden sollen auf diese Art und Weise ebenfalls möglich werden. Doch auch in für die Universität Bremen hat das Team IntEL4CoRo noch viele Pläne. „Unsere Vision ist, alle Lehrveranstaltungen zur Robotik mit der virtuellen Lernumgebung zu unterstützen“, sagt Jörn Syrbe.