Nr. 141 / 18. Juli 2017 KG
Das interdisziplinäre „Institute for Advanced Energy Systems (AES)“ der Universität Bremen wird ein Großprojekt in der Energieforschung koordinieren. Gemeinsam mit der Entwicklungsagentur Region Heide, dem „Steinbeis Innovationszentrum (SIZ) energie+“, einem An-Institut der Technischen Universität Braunschweig, und weiteren Partnern haben die Bremer Wissenschaftler den Zuschlag für das Projekt „QUAREE 100“ erhalten. Es geht um die Entwicklung von zukunftsweisenden Energietechnologien und den nachhaltigen Umbau der Energieversorgung eines Stadtquartiers in der Stadt Heide, Kreis Dithmarschen. Im Stadtteil Rüsdorfer Kamp soll eine effiziente Strom-, Wärme und Kraftstoffversorgung entwickelt werden. Ziel ist die möglichst vollständige Verwertung von erneuerbaren Energien und insbesondere die Nutzung von den Anteilen der Windenergie, die aufgrund von Netzengpässen und fehlender Flexibilität im System abgeregelt werden und damit verloren gehen.
„QUARREE 100“
Die gemeinsam mit 20 Partnern eingereichte Projektskizze mit dem vollen Titel „QUARREE 100 – Resiliente, integrierte und systemdienliche Energieversorgungssysteme im städtischen Bestandsquartier unter vollständiger Integration erneuerbarer Energien“ wird in den nächsten fünf Jahren mit 25 Millionen Euro von der Bundesregierung gefördert. Das Budget der Universität Bremen beträgt 5,6 Millionen Euro. Vertreten ist von der Uni Bremen neben dem Institute for Advanced Energy Systems das artec Forschungszentrum Nachhaltigkeit sowie das Zentrum für Umweltforschung und nachhaltige Technologien (UFT). QUARREE 100 wird in den Förderschwerpunkt „Solares Bauen/Energieeffiziente Stadt“ aufgenommen, der ressortübergreifend vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie sowie vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert wird.
„Forschungsintensiv aufgestellt“
Mehr als 60 Projektskizzen aus Stadtverwaltungen, Forschungsinstituten und Unternehmen waren in den Ministerien eingegangen. Das Vorhaben der Bremer und Braunschweiger Wissenschaftler und der Agentur in Heide wurde als „Leuchtturmprojekt“ eingestuft und wird nun als eines von sechs Demonstrationsobjekten gefördert. In der Begründung aus den beiden Ministerien heißt es: „Als besonders herausragend wurde bewertet, dass sich das Vorhaben insbesondere im Technologiebereich sehr forschungsintensiv aufstellt.“
Erprobung und Evaluation
Stefan G. Reisemann, Professor für Resiliente Energiesysteme und Sprecher des Institute for Advanced Energy Systems an der Bremer Universität, freut sich über den Erfolg: „Unsere Konzepte für eine nachhaltige und widerstandsfähige Gestaltung von Energiesystemen und die hoch innovativen Energietechnologien, die im Fachbereich Produktionstechnik der Universität entwickelt werden, können nun dank der großzügigen Förderung im Quartier Rüsdorfer Kamp untersucht werden. Welche Technologien tatsächlich realisiert werden, wird ergebnisbezogen später entschieden. So wird die Brücke zwischen Forschung und Praxis geschlossen, und wir bringen die Energiewende ein entscheidendes Stück voran. Davon profitieren nicht zuletzt auch unsere Studierenden in der Vertiefungsrichtung Energiesysteme“.
Bürger werden beteiligt
„In einer Region, die wie kaum eine andere mit der Energiewende verbunden ist, hat sich die Entwicklungsagentur Region Heide zum Ziel gesetzt, die regionalen Ressourcen, Kompetenzen und Akteure optimal zu vernetzen. „Es wird Zeit, dass wir die grüne Energie, die vor unserer Haustür in großem Maße vorhanden ist, zu einem handfesten Standortvorteil weiterentwickeln. Mit QUARREE 100 möchten wir dieses Potential zu den Menschen und in die Region bringen, damit möglichst viele von der Energiewende profitieren können“, so Dirk Burmeister, Wirtschaftsförderer bei der Entwicklungsagentur Region Heide. Ein großer Vorteil des Projektes sei deshalb die Verknüpfung zwischen Wissenschaft, Planung und Bürgerbeteiligung. Sie ermögliche es, neue Lösungen gemeinsam mit den Bürgern, Unternehmen und Kommunen vor Ort praxisnah zu erproben. Dies stärke nicht nur die Wirtschaftskraft der Region, sondern schaffe auch ein ganz neues Verständnis für die Chancen der Energiewende, so Burmeister.
Ganzheitliche Betrachtung der Energiequellen
Das „SIZ energie+“ unter Leitung von Professor M. Norbert Fisch forscht seit mehr als 20 Jahren zum nachhaltigen und energieeffizienten Bauen. Insbesondere der urbane Kontext, in dem jetzt eine ganzheitliche Betrachtung aller verbrauchsrelevanten Sektoren möglich sein wird, macht das Forschungsvorhaben zu einem zukunftsorientierten Demonstrationsprojekt. „Wir müssen unseren Blick über die individuelle Betrachtung der Gebäude hinaus auf unsere Infrastrukturen zur Energieversorgung richten, die regenerativer werden müssen. Mit dem Projekt in Heide gelingt es gleich mehrfach, die Chancen zu nutzen und sowohl erneuerbare Quellen einzusetzen, Speicherkapazitäten zu erschließen als auch Quartiere nachhaltig zu versorgen,“ sagt Fisch.
Der Stadtteil Rüsdorfer Kamp
Der 20 Hektar große Stadtteil mit vorrangig Geschosswohnungsbau aus den 1950er bis 1960er Jahren soll nachhaltige Attraktivität gewinnen. Im Zentrum steht die Umsetzung einer eigenen Energieerzeugung und -versorgung innerhalb des Quartiers, die sowohl zentrale als auch dezentrale regenerative Energiequellen berücksichtigt. Dazu gehören Wärme- und Stromversorgung, sowie Mobilität. Anfallende Stromüberschüsse sollen elektrochemisch in zentralen Batteriespeichern sowie in Gasspeichern gesammelt werden. Um die Versorgung insgesamt auch unter Extremsituationen und in Störfällen gewährleisten zu können, müssen die Energiesysteme resilient, das heißt widerstandsfähig sein. Gleichzeitig soll das Quartier eine stabilisierende Wirkung auf das Energiesystem insgesamt entfalten. Daraus ergibt sich die spezifische wissenschaftliche Fragestellung der Universität Bremen.
Tankstelle der Zukunft
Erprobt werden außerdem hybride Lösungen für individuellen und öffentlichen Verkehr. Die Forscherinnen und Forscher wollen eine „Tankstelle der Zukunft“ entwickeln, eine Idee, die vom Projektpartner Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) vorangetrieben wird. Dabei werden der regenerativ erzeugte Wasserstoff, Methan und Strom als alternative Antriebsquellen für Fahrzeuge angeboten. Unter dem Stichwort „Energieeffiziente Stadt“ geht es also insgesamt um die Erprobung neuer Technologien in großem Maßstab. Das Modell soll am Ende bundesweit auf andere Städte und Regionen übertragbar sein.
Weitere Informationen:
Universität Bremen
Institute for Advanced Energy Systems
Prof. Dr. Stefan G. Reisemann
Tel.: 0421 218 64884
E-Mail: fgresprotect me ?!uni-bremenprotect me ?!.de
Entwicklungsagentur Heide
Dirk Burmeister
Tel.:0481 123 70 311
E-Mail: infoprotect me ?!region-heideprotect me ?!.de
Steinbeis Innovationszentrum energie+
ein An-Institut der Technischen Universität Braunschweig
Prof. Dr.-Ing. M. Norbert Fisch
Tel.: 0531 391 3555
E-Mail: su1725protect me ?!stwprotect me ?!.de