Wolfgang Eichwede kam 1974 an die Universität Bremen, wo er den Lehrstuhl für Politik und Zeitgeschichte übernahm. Acht Jahre später gründete er die Forschungsstelle Osteuropa und baute sie kontinuierlich auf und aus. Bis zu seiner Pensionierung 2008 leitete er die Forschungsstelle als Direktor. Durch seine Aktivitäten, gerade über Institut und Lehrstuhl hinaus, hat Eichwede auf hervorragende Weise zur Entwicklung der Osteuropabeziehungen für Deutschland beigetragen und die Freie Hansestadt Bremen als auf Dialog und Verständigung fokussierten, international vernetzten Wissenschaftsstandort profiliert.
Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte: „Wolfgang Eichwede hat stets darauf Wert gelegt, die osteuropäischen Gesellschaften von innen heraus zu verstehen und wissenschaftlich vergleichend zu arbeiten. Seine Beiträge in Presse, Rundfunk und Fernsehen finden große Beachtung und tragen wesentlich zu einem angemessenen Osteuropabild in der deutschen Öffentlichkeit bei. Daneben hat er sich besonders für die Menschen eingesetzt, die ihm außerhalb der wissenschaftlichen Arbeit begegneten. In Kultur, Wissenschaft und Politik sind viele der Dissidenten und Bürgerrechtler von ihm bei ihren ersten Schritten im Westen betreut und uneigennützig unterstützt worden. Manche prominente Persönlichkeit wie Lew Kopelew und zahlreiche andere Menschen wurden und werden von Wolfgang Eichwede bei ihren Vorhaben in Deutschland gefördert.“
Bremens Wissenschaftssenatorin Dr. Claudia Schilling: „Professor Wolfgang Eichwede ist ein hervorragender Wissenschaftler, der – insbesondere durch seine Osteuropa-Expertise und als Gründungsdirektor der Forschungsstelle Osteuropa – weit über die Grenzen Bremens hinaus hohe Anerkennung erworben hat. In der politischen Öffentlichkeit wie in der Wissenschaft ist er ein besonderes Beispiel dafür, wie sich soziales und politisches Engagement mit der Leitung und Koordination wissenschaftlicher Arbeiten und kultureller Initiativen verbinden lässt. Er gehört ohne Zweifel zu den wichtigen Persönlichkeiten der Freien Hansestadt Bremen.“
Professor Bernd Scholz-Reiter, Rektor der Universität Bremen: „Ich gratuliere Wolfgang Eichwede ganz herzlich zu dieser Auszeichnung. Als ausgewiesener Osteuropaexperte hat er viel über Bremens Grenzen hinaus bewegt. Die Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen baute er in Zeiten des Kalten Krieges unter widrigen Umständen erfolgreich auf und ließ sich nicht beirren. Mit seiner freundlichen, zugewandten und diplomatischen Art war er stets ein eindrucksvoller Vermittler zwischen verschiedenen Kulturen und politischen Systemen. Wolfgang Eichwede ist bis heute ein Aushängeschild für die Universität Bremen.“
Kontakte zu Oppositionellen
Im Rahmen der Forschungsarbeiten bauten Eichwede und die Forschungsstelle persönlich enge Kontakte zu Oppositionellen in den Staaten Ost- und Ostmitteleuropas auf. Als Ergebnis verfügt die Forschungsstelle heute über eine der umfangreichsten Sammlungen von Dokumenten aus dem Untergrund der ehemaligen Ostblock-Staaten („Samizdat“-Archiv). Dieses gilt als europaweit einzigartig. Bovenschulte: „Der frühere polnische Außenminister Bronisław Geremek hat die Forschungsstelle als ,Teil des europäischen Gedächtnisses‘ bezeichnet. Gibt es ein schöneres Lob?“
Durch die Arbeit am Samizdat-Archiv unterhielt Eichwede auch intensive Beziehungen zu den Akteuren von „Memorial“ (Internationale Gesellschaft für Historische Aufklärung, Menschenrechte und soziale Fürsorge) in Moskau – seit deren Gründung bis zu ihrer Zerschlagung durch den russischen Staat intensive Beziehungen. Diese Organisation verband die Aufarbeitung der totalitären Vergangenheit Russlands mit der Schaffung sozialer Netzwerke für die Opfer und mit dem Aufbau einer Zivilgesellschaft in Russland. Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine unterstützt Eichwede diese Akteure, die um Leib und Leben fürchten, erneut mit den Mitteln „zivilgesellschaftlicher Diplomatie“ in Untergrund und Exil.
Verdienste um Rückführung von Raubkultur
Daneben hat Eichwede sich auch intensiv um die Rückführung während des 2. Weltkrieges rechtswidrig angeeigneter Raubkunst gekümmert. Er ist Beauftragter der Bremer Kunsthalle für solche Fragen bezüglich Kunstwerken der Kunsthalle, die gegen Ende des Krieges nach Russland und in die Ukraine verschleppt wurden. Er kümmert sich gleichzeitig auch um Kunst-Verluste Russlands und der Ukraine. Unter seiner Verhandlung gelang es, Rückführungen in beide Richtungen zu organisieren. Andreas Bovenschulte: „Sie hatten maßgeblichen Anteil daran, dass ein Mosaik aus dem Bernsteinzimmer nach St. Petersburg zurückgelangte und 101 ,Grafik-Blätter‘ aus Moskau wieder an ihren Platz in der Bremer Kunsthalle zurückkehren konnten. Der Fund des Mosaiks war spektakulär und seine Geschichte liest sich wie ein Krimi. Nur auf dieser Grundlage konnte das Bernsteinzimmer in seinem Palast rekonstruiert werden.“
Für sein politisches Engagement wie den Wert seiner wissenschaftlichen Arbeit ist Wolfgang Eichwede mit etlichen nationalen wie auch internationalen Auszeichnungen geehrt.