Kollektive Dynamik in rekurrenten Netzwerken
Die Informationsverarbeitung im Gehirn wird von rekurrenten Netzwerken erbracht, die Signale in Form von kurzen Impulsen (Spikes) austauschen. Diese Prozesse werden von kollektiven Phänomenen wie Synchronisation, Oszillation und Spike-Lawinen begleitet. Wir sind daran interessiert zu verstehen, wie solche kollektiven Dynamiken aus dem Zusammenspiel einzelner Neuronen und Neuronenpopulationen entstehen und wie diese Dynamik grundlegende Aspekte der Informationsverarbeitung wie Merkmalsintegration, neuronale Inferenz und adaptive Berechnungen unterstützt.
Beispiele aus aktuellen Forschungsprojekten:
Theorie spontaner Synchronisation und Lawinenformation
Rekurrente Netzwerke können spontane Synchronisation in Form von Spike-Lawinen erzeugen. Je nach Stärke der Kopplung durchlaufen solche Netzwerke einen Übergang von einem ungeordneten, asynchronen zu einem geordneten, hochsynchronen Regime über einen sogenannten kritischen Zustand. Eines unserer Ziele ist es, ein grundlegendes Verständnis der Lawinendynamik in rekurrenten Systemen zu erlangen, wofür wir kürzlich eine umfassende mathematische Theorie entwickelt haben. Dieses grundlegende Verständnis ermöglicht es uns, den Nutzen der spontanen Synchronisation für die selektive Informationsintegration zu ermitteln und die Rolle der Kritikalität bei der neuronalen Informationsverarbeitung zu untersuchen.
Informationsintegration im visuellen System
Informationsintegration im visuellen System ist ein hochkomplexer Prozess, an dem viele verschiedene Gehirnareale beteiligt sind. Die meisten Aspekte dieses Prozesses sind immer noch unverstanden. Und obwohl tiefe Netzwerke die menschliche Leistung, z. B. bei der Objekterkennung, erreichen oder sogar übertreffen, ist unklar, welche Erkenntnisse uns KI-Ansätze für die Hirnforschung liefern. Unser Labor kombiniert seine jahrelange Erfahrung bei der Untersuchung der Merkmalsintegration im visuellen System mit Techniken des maschinellen Lernens, um unser Verständnis der visuellen Informationsverarbeitung zu verbessern. In einer kürzlich durchgeführten Studie haben wir zum Beispiel ein einfaches 'convolutional network' unter Berücksichtigung anatomischer und physiologischer Einschränkungen auf eine Konturintegrationsaufgabe trainiert. Es stellte sich heraus, dass erstaunlich wenig neuronale „Hardware“ erforderlich ist, um eine komplexe Aufgabe zu lösen. Insbesondere liefert der Ansatz neue, experimentell überprüfbare Ideen über neuronale Mechanismen, die eine effiziente Integration von Informationen beim Sehen ermöglichen.