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Bremer Wissenschaftler steuern ISS-Experiment

Auf der Internationalen Raumstation ISS ist am 2. Januar 2011 eine neue Versuchsanlage in Betrieb genommen worden, die der Untersuchung des Kapillarverhaltens von Flüssigkeiten unter Schwerelosigkeit dient. Konkret geht es um die Frage, wie es im All möglich ist, Flüssigkeiten mit Hilfe von Kapillarkanälen blasenfrei zu transportieren. Es handelt sich um eine mehrmonatige Experimentserie, die das Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) von Bremen aus steuert.  

Das CCF-Projekt (Capillary Channel Flow) ist ein gelungenes Beispiel für eine internationale Forschungs-Kooperation: Wissenschaftler der Portland State University (PSU) und des Zentrums für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) der Universität Bremen führen mit Hilfe der Astronauten auf der ISS strömungstechnische Experimente durch. Der technisch aufwändige Versuchsapparat wurde von Astrium in Friedrichshafen gebaut und mit dem 38. Shuttle-Flug (Flug STS 131 des Space Shuttle Discovery) am 5. April 2010 zur Raumstation befördert. Der Apparat wurde nun an Bord der ISS von den Astronauten in die sogenannte Microgravity Science Glovebox (MSG) eingebaut. Nachdem der Aufbau und die Inbetriebnahme noch vom NASA-Stützpunkt Marshall Space Flight Center (MSFC) in Huntsville, Alabama, koordiniert wurde, wird die Versuchseinheit im weiteren Verlauf des Experimentes vollständig von der Bodenkontrollstation des ZARM in Bremen gesteuert.

Zum Ziel der Forschungsarbeiten

Der praktische Nutzen der Forschungsarbeiten dient der Handhabung unterschiedlicher Flüssigkeiten, beispielsweise von Treibstoffen, im All. Im Treibstofftank eines Satelliten oder eines Raumfahrzeugs bleibt der Treibstoff nicht am Boden – wie in einem Benzintank auf der Erde –, sondern verteilt sich an den Tankinnenwänden und anderen Bauteilen. Daher ist eine Vorrichtung notwendig, die den Treibstoff dorthin befördert, wo er gebraucht wird. Ziel der gegenwärtigen Untersuchungen ist es, die Flüssigkeit mit Hilfe von Kapillarkanälen blasenfrei zu fördern. Insbesondere soll geklärt werden, welche Strömungsgeschwindigkeiten möglich sind, ohne dass Blasen mit angesaugt werden oder der Flüssigkeitsstrom abreißt.

Die Flüssigkeit zu sammeln und blasenfrei zum Auslass zu befördern, bedarf also besonderer technischer Lösungen, an denen Wissenschaftler schon seit Jahren arbeiten. Der Versuchsaufbau ist zuvor im Bremer Fallturm und bei ballistischen Raketenflügen in bis zu 270 Kilometer Höhe getestet worden. Für die Experimente auf der Raumstation steht nun wesentlich mehr Zeit zur Verfügung als bisher und ermöglicht damit die Variation diverser Strömungsparameter, wie zum Beispiel der Kanallänge, des Volumenstroms, der Änderung des Volumenstromes sowie eine Oszillation der Strömung. Im Rahmen der Mission werden extrem große Datenmengen, u. a. Bilder von Hochgeschwindigkeitskameras, aufgenommen, verarbeitet und nach Bremen übertragen. Deren Auswertung wird die vorhandenen mathematischen Modelle von Kapillarströmungen validieren und so deren Zuverlässigkeit zur Optimierung technischer fluidmechanischer Bauteile erhöhen.

Das CCF-Projekt wird durch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gefördert und von der NASA unterstützt. Das internationale Team besteht aus Michael Dreyer, Aleksander Grah, Jörg Klatte und Peter Canfield vom Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) sowie Mark Weislogel und Yongkang Chen von der Portland State University (PSU).

Von der Bodenkontrollstation des ZARM (hier ist das ZARM-Gebäude mit dem Fallturm zu sehen) wird der Verlauf des Experimentes auf der ISS gesteuert.