Nr. 113 / 28. April 2016 SC
„Medienbildung in KITA und Grundschule – auf Spurensuche zwischen quietschenden Tafeln, staubigen Mäusen, wischenden Fingern und chattenden Kids“ – so lautet der Titel eines Vortrags, den Professor Thomas Irion von der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd am 12. Mai 2016 um 19 Uhr im Haus der Wissenschaft (Sandstraße 4/5) hält. Viele Eltern, Pädagoginnen und Pädagogen sind verunsichert, wie der Einfluss der neue Medien zu bewerten ist. Professor Irion, zugleich Fachreferent für Medienbildung im Grundschulverband, berichtet dazu aus Forschung und Praxis.
Durch die Verbreitung von Computern und die zunehmende Nutzung von Internet und Multimedia seit Mitte der 1990er Jahre hat sich unsere Alltagswelt grundlegende verändert. Die „neuen Medien“ wie PC und Smartphones sind allgegenwärtig – auch in der Welt der Kinder. Ihre Mediennutzung hat sich seit der Einführung des Fernsehens und dessen Entwicklung zum Massenmedium ab 1950 massiv verändert. Heute nutzen Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter digitale Medien regelmäßig zur Unterhaltung und zum Spielen. Sie kommunizieren digital und bewegen sich in „sozialen“ Netzwerken. Schon Dreijährigen fällt es leicht, mit Smartphone und Tablet umzugehen.
Zwischen „Digitaler Demenz“…
Viele Erwachsene sehen das mit Sorge. „Vorsicht Bildschirm“, „Digitale Demenz“ und ähnlich lauten die Titel bekannter Bücher. Und in der Tat bringt der Umgang mit Fernseher, Tablet usw. Gefahren. Ihnen durch eine angemessene Medienbildung zu begegnen ist Aufgabe von Eltern, KITA und Schule. Wichtig ist vor allem, dass Erwachsene Spiele und andere Programme gemeinsam mit den Kindern nutzen und mit den Kindern über die Inhalte ins Gespräch kommen.
…und Persönlichkeitsentwicklung
Dann enthalten die neuen Medien aber auch Chancen. Kinder erschließen sich die Welt zu großen Teilen mit und durch Medien. Sie bieten darüber hinaus für Kinder besondere Möglichkeiten zur Entwicklung und Pflege vielfältiger Interessen und zur Erweiterung des eigenen Horizonts. Sie eröffnen den Kindern neue Interessensbereiche und Entfaltungsmöglichkeiten und sind somit bedeutsam für Persönlichkeitsentwicklung und Identitätsbildung. Zugleich lassen sie sich auch als fachlich interessante Lernumgebung nutzen – auch in Kindergarten und Schule. Allerdings sind solche digitale Lernumgebungen nur ein Werkzeug neben anderen. Ihr Einsatz lohnt nur, wo sie gegenüber der Originalbegegnung und anderen Medien wie dem Buch besondere Stärken haben, zum Beispiel über die Nutzung digitaler Sprache beim Lesen- und Schreibenlernen oder in Förderprogrammen für Migrantenkinder in der KITA. Auch hier gilt: Kinder lernen sehr viel besser, wenn das Medium gemeinsam genutzt wird. Das gilt im Kindergarten genauso wie in der Grundschule.
Standpunkt Medienbildung: selbstständig, kommunikativ, kooperativ
In dem von Professor Irion mitverfassten „Standpunkt Medienbildung“ des Grundschulverbands wird ergänzend gefordert: Der Einsatz digitaler Medien „... ist vor allem dann sinnvoll, wenn er sich an diesen drei Prinzipien orientiert:
– Selbstständigkeit fördern: Durch reichhaltige mediale Angebote, geeignete Werkzeuge und individualisierte Rückmeldungen mittels digitaler Systeme können Kinder dabei unterstützt werden, Verantwortung für ihr eigenes Lernen zu übernehmen.
– Kommunikation erleichtern: Digitale Medien ermöglichen einerseits die Kontaktaufnahme und -pflege zu Personen außerhalb des Klassenzimmers (Klassenpartnerschaften, außerschulische Experten, Öffentlichkeit etc.) und andererseits die Unterstützung der Kommunikation innerhalb der Klassengemeinschaft (Präsentationen, Kontaktpflege außerhalb des Unterrichts...). Der Aufbau reflexiver Kompetenzen ist dabei zentral für eine solche Nutzung.
– Kooperation anregen: Digitale Medien eröffnen neue Kooperationsformen. So können beispielsweise Tablets bei gemeinsamen Arbeiten nicht nur zur Recherche eingesetzt werden, sondern auch zur kooperativen Aufbereitung von Informationen für andere Kinder oder Eltern.“
Gemeinsam mit dem Grundschulverband laden der ZentralElternBeirat und die Universität Bremen zu der Veranstaltung ein, in der es auch Raum für Diskussion gegeben wird. Grundschullehrerinnen und -lehrer, Eltern, Erzieherinnen und Erzieher sowie weitere Interessierte sind eingeladen, ihren fachlichen Blick und ihre Erfahrungen in die Diskussion einzubringen.
Weiterführende Informationen zum Referenten sowie Literaturtipps zum Einlesen gibt es hier.
Weitere Informationen:
Universität Bremen
Fachbereich Erziehungs- und Bildungswissenschaften
Arbeitsgebiet Elementar- und Grundschulpädagogik
Prof.Dr. Ursula Carle
Anika Wittkowski, M. Ed.
Tel.: (0421) 218-69228
E-Mail: wittkowskiprotect me ?!uni-bremenprotect me ?!.de