Nr. 100 / 19. April 2016 RO
Eine Kühlanlage für Lebensmittel, die warnt, dass sie zu warm wird? Ein Mikrochip, der die Anlage automatisch hochfährt? Das gibt es bereits. Neu ist aber, dass mathematische und kognitive Programme nicht nur eingreifen sondern auch selbstständig entscheiden können, woher der günstigste Strom für Aktionen bezogen wird. Damit beschäftigt sich seit Januar 2016 das Projekt SmartFarm an der Universität Bremen. Es ist ein Verbundvorhaben zwischen der Uni Bremen mit den Arbeitsgruppen „Optimierung und Optimale Steuerung“ und „Kognitive Neuroinformatik“ und den regionalen Partnern Elektroanlagen Meyer und IAV Automotive Engineering sowie dem Steinbeis Innovationszentrum für Optimierung, Steuerung und Regelung als Projektkoordinator. Über drei Jahre lang wird das Projekt mit einem Gesamtvolumen von 1,5 Mio Euro durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert.
In dem Projekt wird eine Methodik entwickelt, die es automatisiert erlaubt erneuerbare Energien (Solar- und Windkraft) gewinnbringend einzusetzen. Bisher wird das Potential solcher Anlagen nicht optimal genutzt, wenn beispielsweise die erzeugte Energie nicht sofort verbraucht oder gespeichert wird. Andererseits muss bei hohem Energiebedarf Strom aus dem öffentlichen Netz bezogen werden, falls keiner aus den erneuerbaren Energieversorgern zur Verfügung steht. SmartFarm ist insbesondere für kleine und mittelgroße landwirtschaftliche Betriebe sowie landwirtschaftliche Nebenerwerbsbetriebe (KMLB) interessant. In der Regel haben sie einen enormen Strom- und Energiebedarf. Das Projekt ist darauf angelegt, dass eine spätere Installation der Methoden kostengünstig für einen bestehenden KMLB durchgeführt werden kann.
Wie funktioniert SmartFarm?
Ein Beispiel: Das neue Verfahren kann auf aktuelle Wetterdaten zugreifen. Wenn es erkennt, dass es in den nächsten Stunden weder Wind noch Sonne gibt, weiß es, dass Strom von konventionellen Anbietern eingekauft werden muss, um die landwirtschaftlichen Anlagen in Betrieb zu halten. Also prüft die Software die aktuelle eigene Energieerzeugung und speichert überschüssige Energie anstatt sie zu verkaufen. Eine weitere Option ist es, die energieaufwändigen Prozesse auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Übergeordnetes Ziel ist, die Nutzung der Anlagenkomponenten für den Eigenverbrauch eines Betriebes für die nächsten Stunden zu optimieren. Hierfür werden einerseits hochgenaue Prognosemodelle für erneuerbare Energiesysteme mit mathematischen Methoden der Modellierung entwickelt. Andererseits wird ein wahrscheinliches Verbrauchsverhalten modelliert. Die dazu benötigten Daten werden mittels Minimalsensorik erfasst. Das Projekt wird an einem Beispielhof im Bremer Umland getestet und ausgewertet.
Die Arbeitsgruppen an der Universität
Die Arbeitsgruppe „Optimierung und Optimale Steuerung“ am Zentrum für Technomathematik der Universität Bremen wird von Professor Christof Büskens geleitet. Das Arbeitsgebiet umfasst die Optimierung von technischen, naturwissenschaftlichen und wirtschaftswissenschaftlichen Prozessen und Systemen. Die Aufgabenstellungen stammen aus der Robotik, der Luft- und Raumfahrt, der Fahrzeugdynamik und dem Energiesektor. In den Fokus steht vermehrt die datenbasierte Modellierung. Besonderes Augenmerk wird dabei auf die Berechnung von Lösungen in Echtzeit gelegt.
Die Arbeitsgruppe "Kognitive Neuroinformatik" entwickelt hybride wissensbasierte Systeme und wird von Professorin Kerstin Schill geleitet. Diese Systeme kombinieren elementare kognitive Fähigkeiten, wie die Mustererkennung, mit höheren kognitiven Leistungen. Forschungsschwerpunkte sind dabei die Weiterentwicklung von Theorien des Softcomputings, die automatisches Lernen und die Verarbeitung von unsicherem Wissen ermöglichen.
Weitere Informationen:
Margareta Runge
Universität Bremen
Fachbereich Mathematik / Informatik
Tel.: 0421 218 59893
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