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Sich selbst neu erfinden: Leben im „Second Life“

Neues Projekt der Rechtswissenschaft untersucht rechtliche Fragen von „virtuellen Welten“

Aufregende Flirts, schneller Reichtum, Millionen Mitspieler, utopische Welten wie aus Science-Fiction-Romanen: Angeblich ist im Onlinespiel Second Life alles möglich. Jüngstes Beispiel aus England zeigt: Sogar Scheidungen wegen virtuellen Fremdgehens! Ein Paar aus Cornwall hat sich scheiden lassen, weil der Gatte fremdging – nicht im wirklichen Leben, sondern in Person seines „Avatars“, der einer „Second-Life-Frau“ verfallen war. Mit den rechtlichen Aspekten von virtuellen Welten beschäftigt sich seit Oktober 2008 ein neues Forschungsprojekt im Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Bremen. Denn virtuelle Personen können auch Geldgeschäfte tätigen, die in die Realität übertragen werden. Man kann einkaufen, handeln oder auch Geld verdienen. Für die Rechtswissenschaft ergeben sich in diesem Zusammenhang vollkommen neue Forschungsfelder:

* Sind Gewinne von virtuellen Unternehmen zu bilanzieren und wenn ja wie?

* Welche Steuervorschriften sind anwendbar?

* Welche Vertragsverhältnisse entstehen in virtuellen Welten wie Second Life?

* Wie können gewerbliche Schutzrechte gesichert werden?

* Sind Datenschutz und Jugendschutz in einer virtuellen Welt gewährleistet?

* Ist der Schutz des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts gewahrt?

* Welche Straftaten werden begangen und wie werden diese verfolgt?

Mit diesen Fragen beschäftigt sich das Projekt, das von der Stiftung Bremer Wertpapierbörse mit 60.000 Euro über einen Zeitraum von zwei Jahren gefördert und von den Universitäten Bremen, Lüneburg und Oldenburg gemeinsam durchgeführt wird. Keine dieser Rechtsfragen ist bisher ausführlich behandelt worden. Nur zu einigen Teilaspekten hat es bisher wissenschaftliche Beiträge gegeben. Im Laufe des Projekts sollen zunächst mögliche Rechtsfragen identifiziert und Lösungsmöglichkeiten der Rechtsprobleme erarbeitet werden. Ende Mai 2009 wird eine Konferenz zum Thema stattfinden, bei der mit internationalen Expertinnen und Experten die Forschungsfragen diskutiert werden.

Das Konzept der virtuellen Welten ist einfach. Es handelt sich um eine Welt im Internet, die von den Anwendern selbst gestaltet wird. Landschaften, Gebäude, Räume und sämtliche Dinge werden von den Usern programmiert. Jeder User gestaltet zunächst seine eigene Persönlichkeit . Egal wer man im wirklichen Leben ist – hier kann man Gott spielen und sich selbst so „schaffen“, wie man sich gerne hätte. Bekanntestes Beispiel für eine virtuelle Welt ist „Second Life“ mit mehr als neun Millionen registrierten Anwendern – die als sogenannte „Avatare“ durch die virtuelle Welt wandern. Erklärtes Ziel des Betreibers Linden Lab ist es, ein virtuelles Paralleluniversum zu schaffen. Innerhalb der Welt von Second Life werden Kaufgeschäfte über reale und virtuelle Güter getätigt, es gibt sogar eine eigene Börse (LindeX) mit einem Wechselkurs zwischen US-Dollar und der „Währung“ von Second Life, dem sog. Linden-Dollar.

Wetere Informationen:
Universität Bremen
Fachbereich Rechtswissenschaft
Prof. Dr. Benedikt Buchner, LL.M. (UCLA)
Tel. 0421 218-2761
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