Danach müssen 94 Prozent der weltweiten Korallenriff-Lebensräume als gefährdet angesehen werden. Nur sechs Prozent gelten als Refugien, als weitgehend unbeeinträchtigte Gebiete. Die Studie der Bremer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist kürzlich in der renommierten Zeitschrift „Global Change Biology“ erschienen.
Korallenriffe zählen zu den bedeutendsten Ökosystemen der Erde. Sie sind Lebensraum für fast ein Viertel der marinen Tierarten der Welt, schützen als Wellenbrecher die Küsten und sind in vielen Regionen aufgrund von Fischerei und Tourismus eine wichtige Nahrungs- und Einkommensquelle. Baumeister der Riffe sind die Korallen – Nesseltiere, die im Durchschnitt nur wenige Millimeter im Jahr wachsen. Die ökologisch enorm wichtigen und zugleich spektakulär schönen Ökosysteme sind besonders bedroht. Sie sind anfällig gegenüber Umweltveränderungen, etwa steigenden Wassertemperaturen, und gelten deshalb als Frühwarnsystem für den globalen Klimawandel.
„In unserer Studie unterscheiden wir zwischen globalen und regionalen Stressfaktoren, die mess- und quantifizierbar sind“, erläutert Dr. Agostino Merico, Professor für Ökologische Modellierung an der Jacobs University und Leiter der Arbeitsgruppe Systemökologie am ZMT. Zu den globalen Faktoren zählen die Anstiege in der Meerwassertemperatur und die Versauerung der Ozeane – beides Größen, die durch menschengemachte Emissionen von Kohlendioxid verursacht werden. Zu den lokalen Faktoren gehört die Eutrophierung, die Anreicherung vor allem von Nitraten und Phosphaten im Meer, meist verursacht durch fehlende Kläranlagen, oder die Düngung auf Feldern in der küstennahen Landwirtschaft.
Als besonders bedroht gelten Riffe in der Karibik oder im Roten Meer
Ausgewertet wurden Daten für Riffe in sechs Weltregionen: in der Karibik, in Südost-Asien, dem Indischen Ozean, im Pazifik, im Roten Meer und für das Great Barrier Reef vor Australien. Laut der Studie sind 22 Prozent der Riffe durch lokale Faktoren bedroht, elf Prozent durch globale Faktoren und 61 Prozent durch eine Kombination aus beiden. Sechs Prozent der untersuchten Gebiete erwiesen sich als robust gegenüber der Kombination aus allen untersuchten Stressfaktoren. Zu diesen Refugien gehören etwa die Andamanen und die Nikobaren, Inselgruppen im Indischen Ozean.
Dass die Riffe sehr unterschiedlich auf einzelne Stressfaktoren oder auf eine Kombination von mehreren reagieren, ist eine weitere zentrale Erkenntnis aus der Studie. So gedeihen Korallenriffe in Südost-Asien noch bei höheren Wassertemperaturen als dies etwa beim Great Barrier Reef der Fall ist. Als besonders bedroht gelten etwa Riffe in der Karibik oder im Roten Meer.
Die unterschiedliche Anfälligkeit zeigt auch Lösungswege für die Genesung der Riffe auf. „Lokale Stressfaktoren können durch lokale Maßnahmen erfolgreich eingedämmt werden, etwa durch den Bau von Kläranlagen“, erläutert Professor Merico. „Solche Maßnahmen verschaffen uns Zeit. Sie sind sehr wirksam, denn immerhin sind knapp ein Viertel der Korallenriffe davon betroffen.“ Um die globalen Faktoren erfolgreich bekämpfen zu können, ist die Reduktion der Treibhausgase durch internationale Abkommen die einzige Lösung.
Auch die Identifizierung von besonders robusten Gebieten vermittle Hoffnung, betont Christian Wild, Professor für Marine Ökologie an der Universität Bremen, der an der Erstellung der Studie beteiligt war. „Wenn es gelingt, die Refugien dauerhaft zu schützen, auch vor Überfischung, könnten sie zur Erholung gefährdeter Riffe beitragen – als Reservoir für deren Besiedelung mit Larven.“
Weitere Informationen:
Link zur Studie:
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/gcb.15293
Fragen beantworten:
Heiko Lammers
Corporate Communications & Public Relations
Telefon: +49 421 200-4532
E-Mail: h.lammersprotect me ?!jacobs-universityprotect me ?!.de
Susanne Eickhoff
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT)
Telefon: +49 421 23800-37
E-Mail: susanne.eickhoffprotect me ?!leibniz-zmtprotect me ?!.de
Meike Mossig
Referat Hochschulkommunikation und Marketing
Universität Bremen
Telefon: +49 421 218-60168
E-Mail: mmossigprotect me ?!uni-bremenprotect me ?!.de