Wissenschaftszeitvertragsgesetz, Eingruppierung, Betriebliches Gesundheitsmanagement.
Diese Begriffe aus der Behördensprache sind erstens ziemlich trocken, und zweitens können sich die meisten nicht so recht vorstellen, was sich alles dahinter verbirgt. Für Holger Ruge aber zeigen solche Stichworte, wie vielschichtig und bunt die Palette ist, die seine tägliche Arbeit im Personalrat ausmacht. „Ich habe es mit vielen interessanten und komplexen Themen zu tun, bei denen ich die Universität immer wieder von neuen Seiten kennenlerne,“ erzählt der Vorsitzende des Personalrats. Ruge nimmt zum Beispiel an Auswahlverfahren teil, in denen der Personalrat beratend mitwirkt. Er sitzt regelmäßig mit der Kanzlerin der Universität zusammen. „Es ist an der Universität Bremen gute Tradition,“ erläutert der 49-Jährige, „dass die Hochschulleitung und Personalrat sich regelmäßig austauschen.“
„Wir sind auch mal Kummerkasten“
Kolleginnen und Kollegen können zu ihm und seinem Team kommen und sich beraten lassen. Es geht dabei um Arbeitsschutz, rechtliche Fragen, Eingruppierungen, gesundes Arbeiten. „Ich begegne täglich vielen Menschen, die ganz unterschiedliche Anliegen haben.“ Wann bekomme ich ein Zwischenzeugnis? Wie reduziere ich meine Arbeitszeit? Welche Rechte und Pflichten habe ich im Homeoffice? Besonders die letzte Frage wird wegen der Pandemie zurzeit oft gestellt. Nicht immer können Ruge und seine Kolleginnen und Kollegen akute Probleme sofort lösen, aber sie klären über die rechtlichen Bedingungen auf – und sie können zuhören. „Wir sind auch mal Kummerkasten, das gehört dazu. Vertraulichkeit ist uns dabei ganz wichtig“, betont er. Der Personalrat begleitet auch Mitarbeitende der Universität zu einem Konfliktgespräch mit Vorgesetzten. „Wir sind für jede und jeden ansprechbar.“
„Mich für andere einsetzen“
Holger Ruge ist zugewandt. Jemand, der zuhört, der vermitteln möchte, wenn es mal knirscht. Er ist offen und interessiert an seinen Mitmenschen. Das ist für ihn der Grund, sich im Personalrat zu engagieren. Dieses Engagement begann vor rund zehn Jahren. „Es hat mich gereizt, mich für meine Kolleginnen und Kollegen einzusetzen und etwas für sie zu bewegen.“ Seit 2019 ist er Vorsitzender und wurde im März 2020 für weitere vier Jahre wiedergewählt.
Unterschiedliche Jobs – unterschiedliche Perspektiven
Der gebürtige Bremer hatte schon Einblick in unterschiedliche Arbeitswelten. Diese Erfahrungen kann er jetzt nutzen. Erst studierte er an der Universität Bremen Wirtschaftswissenschaften und arbeitete am Fachbereich als wissenschaftlicher Mitarbeiter. Sein Job bei einer PR-Agentur führte ihn dann erst einmal weg von der Uni. „Das hat mir sehr viel Spaß gemacht. Aber nach ein paar Jahren hat mir der Campus dann doch gefehlt“. Deshalb kehrte Ruge hierher zurück und fing bei BRIDGE an. Die Gründungsberatung der Bremischen Hochschulen hat ihren Sitz an der Universität Bremen. Auch dies war eine vielseitige Tätigkeit, wie er sagt, die von Kontakten zu Menschen aus der akademischen Welt und der Wirtschaft geprägt war. Aus der Gründungsberatung hat Ruge einiges mitgenommen, was ihm heute zugutekommt. „Dort trifft man auf kreative Menschen, die etwas Neues entstehen lassen möchten. Das hat mich schon immer beeindruckt, und diese Haltung versuche auch ich zu leben: Selbst ein Teil der Lösung zu sein, Ideen zu entwickeln, auch wenn die Ausgangssituation nicht immer ideal ist.“
Podcast statt Personalversammlung
Improvisation ist zurzeit auch bei der Personalratsarbeit gefragt. Während der Pandemie sind keine größeren Veranstaltungen möglich – und damit auch keine Personalversammlungen. Aber gerade jetzt haben die Beschäftigten viele Fragen, daher hat die Interessensvertretung ein neues Format ausprobiert: In einem Podcast informiert der Personalrat seit Januar über aktuelle Themen und beantwortet Fragen der Beschäftigten. In der neuesten Folge wurde dazu gerade der Rektor eingeladen, um über die Diskussion zum neuen Wissenschaftsetat des Bremer Senats zu diskutieren. „Wenn der Haushalt bleibt, wie er geplant ist, werden wir an der Universität Bremen noch mehr sparen müssen. Das beschäftigt zurzeit alle Angehörigen der Universität“, so Holger Ruge. Er kennt die Sorgen: Wie wird unsere Arbeit in Zukunft aussehen? Werden freiwerdende Stellen überhaupt besetzt, befristete Verträge verlängert? Der Personalrat wird also in den kommenden Jahren mehr denn je gefordert sein – davon ist Holger Ruge überzeugt.
Keine One-Man-Show, sondern ein Team
Aber für die Personalratsarbeit gilt auch: „Das ist keine One-Man-Show. 21 Mitglieder hat der Personalrat. 60 bis100 Anträge pro Woche gehen ein und werden gemeinsam beschlossen“, betont Ruge. Da sei es gut, dass im Personalrat sehr unterschiedliche Statusgruppen und Fachrichtungen der Universität repräsentiert seien. Jeder kenne sich in seinem Bereich gut aus und wisse, wie wichtig eine gute Zusammenarbeit sei.
„Es liegt in der Natur der Sache, dass Universitätsleitung und Personalrat zu vielen Punkten verschiedene Ansichten haben“, sagt Holger Ruge „Ich versuche in den meisten Fällen auch dabei lösungsorientiert zu bleiben und den Kompromiss zu suchen, der für beide Seiten vertretbar ist“.
Ausgleich und Entspannung findet der 49-Jährige in seinem Privatleben. Da ist zum einen die Familie mit vier teils erwachsenen Kindern, aber gerne verbringt er auch Zeit im Freundeskreis – „vorausgesetzt, dass es irgendwann wieder möglich ist.“ Es wird noch dauern, aber er freut sich jetzt schon darauf, wieder mit Freunden zu Werder ins Stadion zu gehen.
Weitere Informationen:
Fragen beantwortet:
Holger Ruge
Telefon: +49 421 218 - 60 059
E-Mail: hrugeprotect me ?!uni-bremenprotect me ?!.de