Forschung

Informationsverarbeitung und höhere kognitive Funktionen

Zu jedem Zeitpunkt erreicht und verarbeitet das Gehirn eine überwältigende Menge an sensorischen Informationen über die Umgebung in der wir uns befinden. Das Perzept, welches vom Gehirn aufgrund dieser Informationen erstellt wird und welches wir dann wahrnehmen, ist jedoch weit davon entfernt eine einfache Widergabe der Umwelt zu sein. Das liegt unter anderem daran, dass das Gehirn an seine Kapazitätsgrenzen stoßen würde, wenn alle Informationen gleichzeitig verarbeitet würden. Aus diesem Grund, priorisiert das Gehirn relevante Informationen auf Kosten der Verarbeitung irrelevanter Informationen. Diese selektive Informationsverarbeitung ermöglicht uns erst die schnelle Reaktion auf Umwelteinflüsse, die überlebensnotwendig ist.

Kognitive Funktionen, wie beispielsweise Aufmerksamkeit, spielen eine wichtige Rolle bei der Selektion relevanter Informationen und zielgerichtetem Verhalten. Allerdings sind die neuronalen Korrelate, also wie das Hirn Gruppen von Neuronen ansteuert, welche relevante Informationen kodieren und diese Informationen dann weitergeleitet werden, größtenteils noch unbekannt. Dies ist der Kontext und Hintergrund unserer Forschung. Wir untersuchen neuronale und Verhaltenskorrelate selektiver Aufmerksamkeit im visuellen System von Makaken mit Fokus auf:

  • selektiver Informationsverarbeitung und Weiterleitung
  • Change detection und change representation
  • Auslesen von neuronalen Signalen und Informationsextraktion

Die Grundlagenforschung zu kognitiven Hirnfunktionen ist notwendig um generell zu verstehen wie das Hirn funktioniert und dann auch pathologische Störungen kognitiver Funktionen zu verstehen. Wir untersuchen und verbessern außerdem Techniken zum Auslesen der Informationen die im Hirn verarbeitet werden. Diese Forschung zielt zum Beispiel darauf ab Fortschritte bei der Entwicklung von Computer-Brain Interfaces zu ermöglichen, die in der Lage wären gelähmten Patienten die Kommunikation mit ihrer Umwelt wieder zu ermöglichen.

 

Zu sehen ist ein Beispiel Aufbau zur Aufnahme neuronaler Daten im visuellen Kortex.
Aufbau zur Aufnahme neuronaler Daten. Das Setup enthält die Komponenten zur visuellen Stimulation, Augenkontrolle, sowie der Datenaufnahme.
Zu sehen ist ein Bildschirm, auf dem gerade aufgenommen neuronale Daten gezeigt werden.
Der Bildschirm zeigt neuronale Signale, die im visuellen Areal V1 mit einer Multi-Kontaktelektrode mit 32 Ableitstellen aufgenommen wurde. Die Ableitstellen sind linear angeordnet und 100 µm voneinander entfernt (Atlas Neuroengeneering bvba, Leuven, Belguim).

Wir beobachten und analysieren neuronale Aktivität, aber auch das Verhalten, mit unterschiedlichen technischen Verfahrensansätzen. Im Folgenden werden diese näher erklärt.

 

The spiking activity of neurons located in the visual middle temporal area. These neurons are very sensitive to motions and changes in speed. The shown trace depicts their activity (firing rate) in response to a moving grating, which accelerated in speed.

Extrazelluläre Ableitungen

Neurone kommunizieren via kleiner elektrischer Pulse, welche auch Aktionspotentiale (APs) genannt werden. Diese neuronale Aktivität verursacht eine Änderung des elektrischen Feldes in der Umgebung der Zelle, welche gemessen werden kann.

Experimentelles Design

Viele neurowissenschaftlichen Arbeiten liefern korrelative Hinweise für oder gegen die jeweilige Forschungshypothese. Allerdings sind korrelative Hinweise keine kausalen Beweise, da sie z.B. aus unbeobachteten, gemeinsamen Abhängigkeiten resultieren können. Es gibt jedoch Möglichkeiten auch kausale Zusammenhänge zu zeigen. 

Flexibles Array mit 202 kleinen Elektroden (erkennbar als schwarze Punkte). Das Array wird auf der Dura mater plaziert und ermöglicht epidurale Messungen der Hirnaktivität.

Elektrokortikographie

Änderungen im elektrischen Feld, die durch die neuronale Aktivität entsteht, kann man mit verschiedenen Techniken messen. Eine weitere Technik die bei uns im Labor Anwendung findet, ist die Electrocorticographie (ECoG).

Psychophysik

Neben den (elektro-)physiologischen Methoden, verwenden wir hier am Institut auch psychophysische Methoden um die kognitiven Prozesse auf dem Verhaltenslevel zu untersuchen, und dies mit Menschen und Makaken.