Methodenpool
ABC-Bögen (M 1.1) und W-Fragen (M 2.1) sind vielseitig einsetzbare Arbeitsbögen, mit denen das Vorwissen bzw. die Voreinstellungen von Lernenden ermittelt werden können. Beim ABC-Bogen wird dazu das ABC untereinander auf eine Seite geschrieben (Gugel 1997, S. 91), bei den W-Fragen werden die verschiedensten Frage-Pronomen untereinander geschrieben (Sikora 1976, S. 147 f.). Die Teilnehmer werden aufgefordert, hinter jeden Buchstaben bzw. hinter jede Frage einen Begriff oder einen kurzen Ausdruck zu einem vorgegebenen Thema zu schreiben. Die Auswertung erfolgt, indem jeder Teilnehmer seine Liste vorliest. Beim ABC-Bogen kann auch ringsum jeweils der Begriff zu einem Buchstaben, also zunächst alle Begriffe mit A, dann alle Begriffe mit B usw. vorgelesen werden (Gugel 1997, S. 91).
Beide Methoden zeichnen sich dadurch aus, dass sie Vorgaben machen, die einsinnig-lineares Nachdenken über ein Thema stören, irritieren und „aus der Reihe bringen“. Die Gedanken müssen „springen“ – und dadurch kommen oft Ergebnisse heraus als bei verbissenem Grübeln „aus dem Stand“. Die Herausforderung gar, einen Begriff mit „C“ oder mit „I“ oder mit „Q“ oder „Y“ zum Thema „Oasen“ zu finden (vgl. Schramke, Uhlenwinkel, 2001, S. 8), erhöht die kreative Wirkung dieser Formen.
Die Ergebnisse der Arbeit mit ABC-Bögen und mit W-Fragen werden Schüler wie auch Lehrer in vielen Fällen in Erstaunen versetzen. Schüler sind meist von der Vielfalt der Einfälle fasziniert, die in einer – und zwar in ihrer – Klasse hervorgebracht werden. Für Lehrer kommt oft hinzu, dass sie einen Einblick in die alltagsorientierte Wahrnehmung des Themas bekommen, wobei auch deutliche Vorlieben einzelner Teilnehmer zu Tage treten (M 2.2).
Die Schüler sollen zunächst aufgefordert werden, ihre eigenen Vorstellungen von einer "zukunftsfähigen Versorgung" zu äußern. Dies geschieht mit Hilfe eines Verfahrens, das aus den sprachlichen Fächern weitgehend bekannt sein dürfte: Der genannte Begriff wird senkrecht auf ein Blatt geschrieben und kopiert (vgl. Abb. unten); die Schüler schreiben Schlagworte oder kurze Sätze auf die jeweiligen Zeilen. Die Ergebnisse sollen am Ende, z.B. als Tafelanschrieb, allen zugänglich gemacht und diskutiert werden.
Akrostichon: (griech. Versspitze = erster Buchstabe eines Verses), Gedicht, bei dem die Anfangsbuchstaben (-silben, -wörter) der einzelnen Verse oder Strophen aneinandergereiht ein Wort, einen Namen oder Satz ergeben (Wilpert, G.v.: Sachwörterbuch der Literatur.- Stuttgart, 1979).
Z ________________________ U ________________________ K ________________________ U ________________________ N ________________________ F ________________________ T ________________________ S ________________________ F ________________________ Ä ________________________ H ________________________ I ________________________ G ________________________ E ________________________ | V ________________________ E ________________________ R ________________________ S ________________________ O ________________________ R ________________________ G ________________________ U ________________________ N ________________________ G ________________________
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(aus: Uhlenwinkel, A.: Zukunftsfähiges Wirtschaften - regional oder weltweit? - In: Praxis Geographie, Heft 10, 1998, S.26-30)
Das Akrostichon ist eine thematisch orientierte Abwandlung des ABC-Bogens.
Zum Leben von Migranten in Deutschland haben die meisten Schüler mehr oder weniger konkrete, oft durch Eltern oder Medien geprägte Vorstellungen. An diese Bilder soll angeknüpft werden. Dazu sehen sich die Schüler das Photo von Georgios und die Porträts der anderen beiden Personen an und versuchen sie mit Hilfe eines der drei Aktionsmuster miteinander zu verknüpfen und Beziehungen zwischen ihnen zu formulieren (Kirschke, 1997, S. 73). Ihre schriftlich festgehaltenen Vorstellungen können sie im nächsten Schritt mit Georgios Schilderungen vergleichen und so erfahren, wie treffend oder untreffend ihre Vorstellungen von griechischen Migranten in diesem konkreten Fall sind.
Aufgabe:
Versuche dich in Georgios hineinzudenken. Gehe dabei folgendermaßen vor:
Suche dir eines der Aktionsmuster aus.
Ordne den Punkten jeweils eine Person (das Photo von Georgios und die beiden Portraitzeichnungen) zu.
Beschreibe aus der Sicht einer der Personen, wie sie die Situation wahrnehmen. Die Pfeile und Linien der Karten kannst du dabei frei interpretieren: sie können Wünsche, Gefühle oder Handlungen darstellen.
(Problemstellung und Materialien finden Sie in: Uhlenwinkel, A.: Griechen in Deutschland. Beispiele aus dem Nordwesten. – In: Praxis Geographie, H. 4, 2004, S. 24-29)
Die ursprüngliche Idee stammt aus: Kirschke, Waltraud: „Erdbeeren zittern vor dem Fenster“. Assoziative Kartenspiele führen zu Kreativität und Kommunikation. – Kirchzarten, 1997. Dort können weitere Ideen nachlesen, die sich alle auf die Arbeit mit den Karten von OH beziehen.
Kreative Arbeit mit Bildern im Geographieunterricht
von W. Schramke
Die Argumentation der Kulturpessimisten aus der älteren Generation, die eine Veränderung der Aufwachsensbedingungen heutiger Kinder und Jugendlicher beklagen und daraus auf vermeintlich wahrnehmbare Defizite und Auffälligkeiten schließen - z. B. visuelle Wahrnehmungsvorlieben -, werden hier nicht weiter ausgeführt (vgl. dazu Schramke 1999). Gehen soll es stattdessen um den Stellenwert, den Bilder für heutige Kinder und Jugendliche und Erwachsene haben, und um praktische Schlußfolgerungen für den Geographieunterricht.
Lernmodell: Konstruktivismus, nicht Katechismus
Menschen bilden die Welt nicht in sich ab; jeder konstruiert seine eigene Welt. Holzkamp (1993, S. 387) bezeichnet als „LehrLernkurzschluß“ die unausgesprochene Machbarkeitsvorstellung: „gelernt wird, was gelehrt wird!“ Ein-eindeutige Lösungen strebt der Glaube an, es gebe ein Lehrbuch, aus dem die einzig richtige, durch nichts zu irritierende "Wahrheit" über einen Gegenstand zu lernen sei. Hervorragende Lernleistung bestehe folglich darin, in Prüfungen dieses Katechismus-Wissen möglichst 1:1 wiederzugeben. Ein solcher Lern-Begriff wird auch heute noch Schülern eingepflanzt; PISA lehrt, mit welchen Folgen.
Tatsächlich wissen wir aus vielen Lernprozessen, daß die Teilnehmer oft nicht das lernen, was gelehrt wurde, daß etwas gelernt wurde, was gar nicht gelehrt wurde oder daß gelernt wird, wenn gar nicht gelehrt wird (vgl. Schäffter 1994, S. 6). „Die (…) Vorstellung, wonach ein Dritter, ein Pädagoge, ein Lehrer zwischen dem Individuum und seiner Umwelt stehen muß, um diesem Individuum die Welt zu vermitteln, ist nachweislich falsch. Pädagogische Prozesse sind empirisch falsch konstruiert, wenn sie als Prozesse gedacht sind, die aus Aktivitäten von Pädagogen bestehen. Prozesse der Bewußtseinskonstitution sind ausschließlich Prozesse von Lernern, (…) die dabei (…) ihren eigenen Regeln folgen“ (Lenzen 1997, S. 20).
Von außen kommende Anregungen und "Lehr-Inputs" allein lösen eben nicht die vom Lehrer erwünschten "Lern-Outputs" (oder gar: nur diese) aus. Resultate angestoßener Lernprozesse sind vielmehr „selbstreferentiell", d. h. stark von den bereits vorhandenen und entwickelten kognitiven Strukturen der Lernenden geprägt - und die sind subjektiv und individuell und damit jeweils einzigartig. In Anfängerveranstaltungen versuche ich, diese schlichte Einsicht Studierenden am Bild der Hand mit ausgestrecktem Zeigefinger plausibel zu machen: Zeige ich auf etwas oder jemanden (fokussiere ich also auf jemanden oder etwas), so weisen immer drei Finger auf mich selbst zurück. Ich muß lernen, mich als den Beobachter zu beobachten. Beide wachsen: der Zwang zur und der Nutzen aus der Reflexivität.
Bilder im Unterricht
Man kann Schlußfolgerungen aus der "visuellen Wende" (Randow 1996), aus der Notwendigkeit der "Entschleunigung des Lernens" (Rumpf 1991 pass., 1993; Jank/Meyer 1991, S. 345 f.) und aus der Einsicht in die "Selbstreferentialität" und Subjektivität von Lernen unterrichtsmethodisch vorzüglich durch den Einsatz von Bildern ziehen - wenn man jedenfalls nicht mit den zu oft nur dekorativen Schulbuchbildern von minderer didaktischer Qualität arbeitet. Auch die klassische geographische „Bildbeschreibung“ (vgl. Haubrich 2001) ist hier nicht gemeint.
Bilder und ihre Inhalte sind nicht eindeutig, sondern ambivalent und vielschichtig, abhängig von der Wahrnehmung und Interpretation des Betrachters. „Neben dem jeweiligen Wahrnehmungskontext und dem Wahrnehmungsziel, der Situation und der Fragestellung also, die die Wahrnehmung begleiten, beeinflussen Faktoren wie Vorwissen, Interessen, Einstellungen, psychische Verfassung und individuelle Wahrnehmungsgewohnheiten unser Sehen“ (Hilger 1999, S. 5 f.). Deshalb gibt es so viele Interpretationen eines Bildes, wie es Betrachter gibt. Sich mit diesen unterschiedlichen Wahrnehmungen auseinanderzusetzen, beginnt "nicht bei der Frage, ob ich die dargestellten Inhalte des Bildes verstehe, sondern vielmehr bei der Frage: Wie verstehe ich sie, und wie verstehen sie die anderen?" (Schröer / Nazarkiewicz 1998, S. 9). Realität wird als Konstruktion erlebbar, die eine ständige (themenbezogene) Aushandlung von Deutungen herausfordert.
Bilder setzen zudem einen Kontrapunkt gegen heute vorherrschende schnelle Wahrnehmungen etwa von Filmen, Video-Spielen oder Musik-Clips. Bilder verlangen die Konzentration auf ein Motiv und auf die ganz eigenen Assoziationen, zu denen es anregt. Bilder lassen jeden einzelnen zu Wort kommen mit seinen ganz eigenen Wahrnehmungen und Projektionen. Bilder werden nicht nur "projiziert" (per Dia- oder Overhead-Projektor). Sie sind ideale Projektionsflächen für unendlich viele individuelle Konstruktionen von Wirklichkeit.
Eine Bildkartei ist eine Sammlung von Bildern aus den verschiedensten Lebensbereichen - selbst fotografiert oder als fertige Zusammenstellung gekauft oder als Foto- oder Gemälde-Postkarten gesammelt. Gewöhnlich haben diese Bilder DIN A 4-Format und sind auf stärkeres Papier bzw. auf Karton gedruckt. Um vorzeitigen Verschleiß zu verhindern, können sie einzeln in Sichthüllen aufbewahrt oder laminiert werden. Für viele methodische Varianten ist es nützlich bis erforderlich, deutlich mehr Bildmotive anbieten zu können, als die Lerngruppe Teilnehmer hat. Bei der Auswahl der Bilder sollte auf deren Offenheit für Interpretationen und Emotionen geachtet werden.
Gute Erfahrungen sind damit zu machen, vor der ersten Stunde mit einer neuen Lerngruppe bzw. vor Beginn einer neuen Unterrichtseinheit drei- bis viermal so viele Bilder wie erwartete Teilnehmer im Raum zu verteilen - sie auf die Tische dicht an dicht zu legen, aber auch auf Heizkörper oder Fensterbänke. Wichtig ist eine ausreichende Bewegungsfläche zum Betrachten der Bilder. Sind alle Teilnehmer an ihrem Platz, bittet man sie, schweigend aufzustehen und in einem ersten Rundgang alle Bilder in Ruhe anzusehen. Und weiter: "Bitte wählen Sie beim zweiten Rundgang - immer noch schweigend - das Bild aus, mit dem Sie am besten ausdrücken können: ...! Nehmen Sie dieses Bild mit an Ihren Platz."
Die drei Pünktchen sind je nach Situation zu ersetzen durch:
"Das hoffe oder befürchte ich, wenn ich an meinen bisherigen Geographieunterricht denke" oder
"Das wünsche ich mir von dieser Gruppe hier" oder
"Dieses Thema würde ich gern bearbeiten" oder
"Das erwarte ich von der Zukunft" oder ...
Der inhaltliche Impuls ist bei dieser Anweisung erst ganz zum Schluß zu formulieren, damit sich für die Teilnehmer nicht vorzeitig eigene Bilder vor die Wahrnehmung der ausliegenden Bilder schieben. Zum anderen empfiehlt es sich, bei der Formulierung des Suchauftrags immer die Ich-Form zu verwenden. Und zum dritten sollten die Impulse oder Fragen, mit denen die Teilnehmer auf die Bilder losgelassen werden, grundsätzlich offen formuliert sein, also verschiedene, nicht vorhersagbare Antworten ermöglichen.
Nach Abschluß dieser Phase stellt jeder Teilnehmer sein Bild in der Runde vor und begründet seine Wahl. In kleineren Gruppen reichen dazu ein Stuhlkreis und das Zeigen des Bildes. In größeren Gruppen oder unter ungünstigen Raumverhältnissen muß der Aufwand investiert werden, in die Sichthüllen mit den Bildern jeweils zusätzlich eine Bild-Kopie auf Overhead-Folie zu stecken, die dann für alle projiziert werden kann.
Im weiteren (nicht wertenden, allenfalls nachfragenden) Gespräch ergeben sich verblüffende Übereinstimmungen oder ebenso überraschende Unterschiede oder gar Gegensätze in den Bild-Wahrnehmungen und deren Begründungen; in jedem Fall aber eine Vertiefung des Themas und eine intensivere Beziehung in der Gruppe.
Als Unterrichtseinstieg eingesetzt, erfüllt diese Inszenierung nicht nur die Funktionen, neugierig zu machen, Interesse am neuen Thema zu wecken, eine Fragehaltung hervorzurufen, zentrale Aspekte eines neuen Themas anzusprechen, an die Verantwortungsbereitschaft der Teilnehmer dafür, was und wie sie selbst lernen wollen, zu appellieren sowie an die Vorerfahrungen und Vorkenntnisse anzuknüpfen und Neues damit zu vernetzen (vgl. dazu Greving/Paradies 1996, S. 17 f.).
Solch ein Unterrichtseinstieg signalisiert darüber hinaus, welche Rolle der einzelne Schüler im Lernprozeß spielen soll, welcher Spielraum eröffnet wird für die Verschiedenartigkeit und die Stärken der Einzelnen, wie der Beziehungsaspekt durch den Lehrer definiert wird und welches Klima im Unterricht herrschen soll.
Thematisch-inhaltliche Nutzung von Bildkarteien
Bildkarteien sind aber durchaus noch in andere Richtungen gezielt einzusetzen.
Vertiefung eines Themas: Die Teilnehmer können mit Bildern ausdrücken, was ihnen zum gegebenen Thema einfällt ("gutes Leben" bei uns / in der "Dritten Welt").
Finden von Themen: Die Teilnehmer können mit Bildern zeigen, welche Aspekte eines Themas sie zur Zeit interessieren.
Erstellung eines Stimmungs- oder Meinungsbildes: Die Teilnehmer verdeutlichen mit Bildern, wie sie sich im Augenblick in bezug auf die Gruppe, den Unterricht oder das Thema fühlen.
Klärung von Zielen: Mit "Wunsch-Bildern" oder "Ideal-Bildern" aus der Bildkartei verständigen sich die Teilnehmer auf gemeinsame Zielvorstellungen.
Hinreichend vielschichtige oder entsprechend ausgerichtete Bildkarteien (deren wichtigste im Anhang vorgestellt werden) können inhaltlich-thematisch fokussiert verwendet werden. Formulierungsvorschläge für den Bild-Suchauftrag wären dann z. B.:
Standortbestimmungen („warum Entwicklungshilfe meiner Meinung nach wichtig ist“),
Situationsbeschreibungen („wie es den Kindern in Deutschland geht“),
Wunschbilder („wie Europas Zukunft aussehen sollte“),
Trends und Tendenzen („wie der Nord-Süd-Konflikt sich in Zukunft entwickeln wird“),
Spannungsfelder („wie das Verhältnis zwischen den Generationen sich verändert hat“),
Entwicklungsprozesse ( „wie das Umweltbewußtsein gestern war, heute ist, morgen sein könnte“),
Lebenserfahrungen („was in meinem Leben besonders wichtig war“),
Wahrnehmungen („wen ich mir angesichts dieser Porträtfotos zum Freund wünschen würde“) oder
"Das ist mir fremd".
Einsatz-Varianten
Das kreative Potential von Bildern ist auf vielfältige weitere Weisen zu nutzen. Vorschläge:
In Dreiergruppen wählt jedes Mitglied zwei zum jeweiligen Thema "passende" Bilder aus; die Auswahl wird protokollierend begründet. Daraus sind in der Gruppe wiederum drei Bilder auszuwählen, in eine passende Reihenfolge zu bringen und mit Untertiteln zu versehen. Die so erstellte kleine Ausstellung veranschaulicht die Problemsicht der Gruppe ("Das Verhältnis der Generationen bei uns und anderswo", "Was wir fürchten/hoffen").
Neue Bilder können durch Veränderung und Ergänzung geschaffen werden. Auf Folie kopierte Bilder lassen sich projizieren und Teile davon auf einer Papierbahn nachmalen. Die Bilder können aber auch kopiert und mit Hilfe von Schere und Klebstoff collagiert, verfremdet und neu kopiert werden. PC-geübte Schüler können Bilder scannen und über Bildbearbeitungsprogramme verändern, um neue Blickwinkel und Gesichtspunkte zum Thema zu entwickeln.
Kleingruppen können Geschichten zu einer Reihe von Bildern erfinden, auf denen Personen abgebildet sind. Mit Bezug auf Frauen, auf Kinder oder Jugendliche, auf "ausländische Mitbürger": Wie leben sie? Wo arbeiten sie? Wie wohnen sie? Was wünschen sie sich? Wovor fürchten sie sich? Auch dabei kommt es nicht auf die "Wahrheit" der Geschichten an, sondern auf die Verschiedenartigkeit der Erzählungen.
Erfindung verschiedener Überschriften zu einem Bild: Das thematisiert die Deutung durch den Kontext, auch die Sensibilisierung für Manipulationen (Beispiel: Bettler: "Arbeitsscheu" oder "Durch das soziale Netz gefallen").
Zwei Bilder zum gleichen Thema können Vergleiche der Aussagen provozieren oder die Herausarbeitung von Kontrasten. Kontrastierende Bilder lassen sich auswählen, um Gegenstände oder Personen oder Situationen aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten. Vielschichtigkeit und Ambivalenz von Themen können aufgezeigt werden (vgl. Brühwiler 1994, S. 37-39; Gugel 1998, S. 15 f.).
Bilderweiterung: Jeder wählt ein Foto, legt es auf einen möglichst großen Bogen Papier und erweitert mit Blei- oder Farbstiften das Umfeld des Fotos. Wie könnte die nicht sichtbare Umgebung aussehen, aus der der Foto-Ausschnitt stammt? Die Skizzen werden in Kleingruppen vorgestellt, zunächst ohne das Foto. Die Umkehrung des Prozesses erhöht die Spannung, dann die Skizze mit dem Foto zu sehen und die Deutung des Zeichners zu hören (Höfler 1997, S. 27; eine anregende Variation hierzu bietet Fountain 1996, S. 71-82)
Bildausschnitt: Je zwei Gruppenmitglieder wählen ein Bild. Aus einem Blatt Papier in der Größe des Bildes schneiden sie ein Fenster aus, das nur einen bestimmten Ausschnitt sichtbar macht. Das Papier wird mit Klebestreifen auf dem Tisch fixiert. Danach wechseln die Gruppen die Tische und schreiben (schweigend!) Anmerkungen, Fragen, Vermutungen zum nicht sichtbaren Rest des Bildes in Stichworten auf das Papier. Erst nach mehreren Gruppenwechseln werden die Stichworte gemeinsam besprochen und Bild um Bild aufgedeckt (vgl. Höfler 1997, S. 28; das Vorgehen folgt der Methode des "Schreibgesprächs", vgl. Schramke/Uhlenwinkel 1999).
Bildrätsel: Mit manchen Fotos wissen wir nichts anzufangen, weil wir keinen Zusammenhang mit dem eigenen Leben finden. Solche Situationen gilt es zu enträtseln. Jedes Gruppenmitglied sucht ein Foto, das ihm rätselhaft erscheint, betrachtet es kurz und deckt es ab. Jetzt erzählt abwechselnd ein Mitglied dem anderen, was ihm an seinem Bild rätselhaft ist. Der Zuhörer gibt dazu seine Meinung ab, um das Rätsel auflösen zu helfen. Danach erst wird das Bild gezeigt. Mit einem weiteren Partner wird der Vorgang wiederholt, bis das Bild „enträtselt“, d. h. verständlicher ist (Höfler 1997, S. 28).
Bilder-Beziehung: Jeder zieht zwei Bilder aus einem (thematisch sortierten) verdeckten Stapel und konstruiert still für sich eine verrückte oder logische Beziehung zwischen beiden Bildern. Dafür gibt es zwei Minuten Zeit. Dann deckt der Erste ein Bild auf und erzählt seine erstaunliche Geschichte, die mit dem Aufdecken des zweiten Bildes endet (Baer 2001, S. 183).
Zufalls-Anregungen durch Bilder: Die im Einleitungs-Beitrag zu diesem Heft beschriebene random words-Technik läßt sich statt mit Worten vorzüglich auch mit Bildern einsetzen. Bei der Durchführung gelten die gleichen Regeln (s. o.).
Variante: Bisoziation: Das zu lösende Problem wird klar formuliert und niedergeschrieben. Danach wählen die Teilnehmer von Fünfer-Gruppen eines von mehreren ausliegenden Bildern, die durchweg nichts mit dem Thema zu tun haben, z. B. „Mähdrescher“, „Baum“ oder „Flugzeug“. Das Bild muß so interessant erscheinen, daß alle in der Gruppe sich damit beschäftigen wollen. Anschließend beschreiben die Teilnehmer gemeinsam das Bild; auch phantastische Vorstellungen und Assoziationen sind erlaubt. Ein Gruppen-Mitglied notiert alle Vorschläge. Im nächsten Schritt sind die beschreibenden Elemente mit dem Ausgangsproblem in Verbindung zu bringen. Die Gruppen-Mitglieder nennen Vorschläge, die ihnen zu Einzel-Elementen und -Merkmalen einfallen; auch diese werden notiert. Im Anschluß daran untersucht die Gruppe die genannten Vorschläge auf ihre Realisierbarkeit (vgl. http://www.learn-line.nrw.de/angebote/methodensammlung).
Auch die Arbeit mit Bildern muß zielorientiert ins Ganze eines Lernprozesses eingebettet sein und inhaltlich wie atmosphärisch „passen“. Gruppen werden der Arbeit mit Bildkarteien (wie mit jeder Kreativitätstechnik, aber auch mit jeder „klassischen“ Unterrichtsmethode) bald überdrüssig, wenn sie zu oft und zu schematisiert vorkommt. Abgelehnt werden dürfte diese Methode ebenso und zu Recht, wenn die Gruppe spürt, daß sie mit der Haltung und dem Selbstbild des Lehrers oder der Lehrerin nicht übereinstimmt.
Notwendige Voraussetzungen zum fruchtbaren und wirkungsvollen Arbeiten mit Bildern im beschriebenen Sinne sind
die Abkehr vom klassischen schulischen Diskurs "Fragen-Antworten-Bewerten". Teilnehmer-Aussagen sind nicht zu paraphrasieren, nicht zu kommentieren, nicht zu bewerten!
die Vermeidung der Äußerung nur "sozial erwünschter" Assoziationen und Einstellungen. Die Moderation hat darauf zu achten, in welcher Ebene und mit welcher Rahmung gesprochen wird. Wird z. B. formuliert, wie Ausländer (oder Türken oder Afrikaner) "sind", oder wie die Sprechenden sie empfinden?
das Ertragen der Befürchtung, daß die Situation außer Kontrolle gerät oder Aussagen nur schwer zu tolerieren sind. Das setzt das Interesse für die Einstellungen und Haltungen der Teilnehmenden als Persönlichkeiten voraus. Welche Gründe, Empfindungen oder Motive stecken auch hinter solchen Äußerungen? Auch dazu muß "man" in der "Ich-Form" sprechen lernen; das verlangt wechselseitige Anerkennung. Zuhören, Ernstnehmen, Anerkennen sind Aktivitäten, bei denen die Moderation mit gutem Beispiel vorangehen sollte (vgl. Schröer/Nazarkiewicz 1998, S. 30 ff.).
Wenn die Lehrer-Haltung "paßt", werden allerdings schon die beschriebenen Verfahren und die Kontrollinstanz von siebenundzwanzig Individuen, die sich - verblüfft ernstgenommen - alle äußern können, überwiegend Höhepunkte im Erleben von Unterricht produzieren. Menschen interessieren sich vor allem für Menschen. Und mit guten Gründen interessieren sie sich zuallererst für den nächsten Menschen: sich selbst. Was wäre dann verderblich an dem Glück, daß sich dafür auch andere interessieren?
Bedeutungsvolles Lernen
Die beschriebenen Verwendungsmöglichkeiten von Bildern eröffnen Chancen, Lernenden redlich und nicht nur motivationstaktisch zu signalisieren, daß sie jede und jeder einzeln wahr- und ernst- und wichtiggenommen werden. Zweites Signal: Bedeutsam ist nicht das Thema "an sich", sondern der Zugang jedes Einzelnen zu seinen Wirklichkeiten.
Natürlich müssen wir unsere Schüler auch stärken für das Bestehen von Selektions-Mechanismen wie Klassenarbeiten, Versetzungs- und Abiturnoten. Wer sagt aber, daß wir zu diesem engen und klaren Zweck so viel Lebenszeit von Lehrern und Schülern weiter so uneigentlich vertun sollten? Es sind "defensive Lerngründe", die dazu veranlassen, etwas auswendig zu lernen, um es möglichst erfolgreich in einer Klausur oder in einer anderen Prüfungssituation wiedergeben zu können (und danach als unbedeutend aus dem Gedächtnis zu streichen): die Vermeidung von schlechten Noten, enttäuschten Lehrern, wütenden Eltern. Das Subjekt unterwirft sich sehr rational den vorgegebenen Lernaufgaben, indem es im Extremfall den Lernerfolg zur Gänze vortäuscht (Holzkamp 1993, S. 193). Durch solcherart defensive Lernerfahrungen sozialisierte Menschen verbinden mit "Lernen" zuallererst negative Erfahrungen und Vorstellungen, zumindest aber die Erwartung, daß schulisches Lernen kaum mit eigenen Fragestellungen, Erfahrungen, Gefühlen und Problemen zu tun hat - und mit der Entwicklung eigener Handlungskompetenz oder gar dem vielstimmig geforderten Erwerb von "Schlüsselqualifikationen" wenig bis überhaupt nichts (vgl. Arnold/Schüßler 1998, S. 22 f.).
Dem entgegenzuwirken und über die "Klärung der Sachen" (Hartmut von Hentig), die einander in ihrem Veralten rasant überholen, "die Menschen zu stärken": Dabei kann die Arbeit mit Bildern helfen.
Literatur
Arnold, R./Schüßler, I. 1998: Wandel der Lernkulturen. Darmstadt
Baer, U. 2001: Kreativität für alle. Fantasieanregende Ideen für die pädagogische Arbeit. Seelze
Brühwiler, H. 1994: Methoden der ganzheitlichen Jugend- und Erwachsenenbildung. Opladen
Fountain, S. 1996: Leben in einer Welt. Anregungen zum globalen Lernen. Braunschweig
Greving, J./Paradies, L. 1996: Unterrichts-Einstiege. Berlin
Gugel, G. 1998: Methoden-Manual II: "Neues Lernen". Weinheim/Basel
Haubrich, H. 2001: Bilder beschreiben; in: ders.: Lernbox Geographie. Das Methodenbuch. Seelze, S. 11-16
Holzkamp, K. 1993: Lernen. Eine subjektwissenschaftliche Grundlegung. Frankfurt a. M.
Hilger, S. 1999: Lernen mit Bildern; in: Der fremdsprachliche Unterricht / Englisch, H. 2, S.4-9
Höfler, A. 1997: Spurensuche mit Bild und Text. Luzern/Stuttgart
Lenzen, D. 1997: Professionelle Lebensbegleitung – Erziehungswissenschaft auf dem Weg zur Wissenschaft des Lebenslaufs und der Humanontogenese; in: Erziehungswissenschaft, 8, H. 15, S. 5-22
Jank, W./Meyer, H. 1991: Didaktische Modelle. Frankfurt a. M.
Randow, G. v. 1996: Die Wissenschaft von der visuellen Wende; in: Die Zeit, 6. 12. 1996
Rumpf, H. 1991: Annäherungsarbeit. Vorschläge zur Dämpfung der Belehrungssucht; in: Oldenburger Vor-Drucke, H. 138, S. 16-32
Rumpf, H. 1993: Von der Stofferledigung zur Nachdenklichkeit. Über die Kunst, langsam zu werden und das Fremde auszuhalten; in: Deutsche Lehrerzeitung, 21, S. 12
Schäffter, O. 1994: Bedeutungskontexte des Lehrens und Lernens; in: Hessische Blätter für Volksbildung, 44, H. 1, S. 4-15
Schramke, W. 1999: Erdkunde: Der Zustand des Faches. Traditionelles Fachverständnis im gesellschaftlichen Gegenwind; in: Schmidt-Wulffen, W./Schramke, W. (Hg.) 1999: Zukunftsfähiger Erdkundeunterricht. Gotha, S. 7-25
Schramke, W. 2000: Alle zu Wort kommen lassen - durch die Arbeit mit Bildkarteien; in: GW-Unterricht, H. 79, S. 20-28
Schramke, W./Uhlenwinkel, A. 1999: Weltbilder als Inszenierungen - das Beispiel "Die Welt bei Nacht"; in: Praxis Geographie, 29, H. 7-8, S. 10-12
Schröer, A./Nazarkiewics, K. 1998: Toleranz-Bilder. Fotobox für die politische Bildung. Gütersloh
Brainwriting ist im Gegensatz zu den bisher besprochenen kreativitätsfördernden Einstiegen eine Methode für Gruppen von 5-8 Personen. Es ist eine Erweiterung des bekannten Brainstorming (http://www.infoquelle.de/Management/Kreativitaet/Brainwriting.htm). Für das Brainwriting muss allerdings ein Arbeitsblatt vorbereitet werden (M 7.1), das aus einer Tabelle mit Nummern besteht. Bei einer Gruppe von acht Personen hat die Tabelle acht Zeilen, eine für jeden Teilnehmer. Die Zeilen werden mit der ersten Ziffer bezeichnet. Die Anzahl der Spalten beträgt meist drei. Sie bestimmt die Anzahl der Begriffe, die von jedem Teilnehmer pro Runde verlangt werden. Die Spalten werden mit der zweiten Ziffer benannt. Für eine Gruppe von acht Personen benötigt man auch acht Arbeitsblätter, eines für jeden Teilnehmer.
In der ersten Runde schreibt jeder Teilnehmer drei Begriffe zu dem genannten Thema in die erste Zeile seines Arbeitsblatts. Nach einer gewissen Zeit reichen alle Gruppenmitglieder ihr Blatt nach rechts weiter. Die Teilnehmer lesen die Begriffe ihres Vorgängers und schreiben neue d.h. bisher auf diesem Arbeitsblatt nicht genannte Begriffe in die nächste Zeile. Diese Vorgehen wird so oft wiederholt, bis das Arbeitsblatt bei seinem ursprünglichen Besitzer wieder angelangt ist.
Die Stärke dieses Verfahrens liegt darin, dass die Teilnehmer sich bereits in der Einstiegsphase gegenseitig Ideen liefern. Das setzt aber auf Seiten der Teilnehmer auch eine ausreichend differenzierte Wahrnehmung oder Erfahrung voraus, denn immerhin müssen pro Arbeitsblatt 15 bis 24 unterschiedliche Begriffe genannt werden.
(Die Beispiele zu dieser Methode können Sie nachlesen in: W. Schramke, A. Uhlenwinkel: Kreative Einstiege im Geographieunterricht. In: RAAbits Geographie, Dezember 2000, 26 S.)
"(...) Die unterrichtsmethodische Idee des Concept Mapping ist sehr einfach. Jüngeren (oder ungeübten) Lerngruppen werden auf Kärtchen oder auf PC-beschrifteten Klebeetiketten Begriffe zu einem nicht zu weit gefaßten Thema vorgegeben (vgl. M 1). Diese Begriffe sind zu ordnen. Vor allem aber sind auf den Verbindungslinien zwischen den Begriffen die zwischen ihnen bestehenden Beziehungen zu benennen (vgl. Anleitung M 2). Älteren (oder geübteren) Lerngruppen kann man die Aufgabe der Sammlung zentraler Begriffe zu einem ebenfalls nicht zu weit gefaßten Thema - z. B. per Brainstorming oder Mind Mapping - als vorausgehenden Schritt selbst überlassen.
Die entstehenden Concept Maps stellen dar, welche Beziehungen ein Schüler zwischen Dingen, Ideen, Prozessen oder Personen sieht. In Fällen relativ eindeutiger naturwissenschaftlicher Wissensstrukturen läßt sich (durch Vergleich mit einer Ziel-Struktur) erkennen, welche Lücken die individuellen Netze zentraler Begriffe eines Sachgebiets noch aufweisen oder wo sie bereits akzeptabel entwickelt sind. In solcher Hinsicht mögen Concept Maps dann durchaus zur Diagnose von Verständnisschwierigkeiten oder gar zur zensierenden Bewertung am Ende einer Unterrichtseinheit taugen. Es ließen sich Kriterien festlegen, mittels derer man die fertigen Darstellungen mit definierten Punktzahlen belegen könnte: z. B. die Anzahl der Begriffe im Netz, Art der genannten Relationen, Hierarchie der Begriffe, Bedeutung der adäquat wiedergegebenen Relationen aus Sicht des "eindeutig richtigen" Referenz-Netzes (vgl. Behrendt u. a. 1997, S. 19).
Zumindest bei offeneren Themenstellungen scheint mir der weitaus größere didaktische Nutzen nicht in der diagnostischen oder Bewertungsfunktion zu liegen. Concept Maps leisten vielmehr Ähnliches wie Mind Maps - und zugleich mehr und Anderes:
- Sie ermöglichen jedem Schüler, ganz bei sich und zugleich ganz bei der Sache zu sein (zu Mind Maps vgl. Obermann 1996).
- Sie regen die Lernenden an, über ihr eigenes Wissen nachzudenken, es in Beziehung miteinander zu setzen, noch vorhandene Unstimmigkeiten oder Lücken zu erkennen. Im Unterschied zu Mind Maps geht es hier ja nicht allein um visualisierte Darstellungen davon, welche Assoziationen für die Einzelnen überhaupt und irgendwie zusammengehören. Concept Maps zeigen dagegen, welche Bedeutung einem Begriff durch seine Einbettung in das Beziehungsgeflecht zu anderen Begriffen innerhalb eines Inhaltsbereichs oder einer Theorie zugewiesen wird. Insofern sind die Begriffe innerhalb von Concept Maps "theoriegeladen".
- Sie motivieren, wechselseitig in Gruppen präsentiert, darüber zu reden, zu vergleichen, Ideen und Darstellungsformen anderer zu respektieren - voneinander zu lernen und vielleicht eine gemeinsame Darstellung zu erarbeiten.
Darüber hinaus gibt Concept Mapping Lernenden ein vielseitig einsetzbares Werkzeug an die Hand, um
- Ideen zu produzieren,
- komplexe Strukturen (z. B. längerer Texte) aufzuzeichnen,
- komplexe Gedankengänge kommunizierbar zu machen und
- neue Wissensbestandteile ausdrücklich und anschaulich in ihr Vorwissen einzuordnen
(vgl. Lanzing 1996).
Empfohlene Vorgehensweise
- Bei der Einführung des Concept Mapping sollte genügend Sorgfalt darauf verwandt werden, daß alle in der Lerngruppe die Schrittfolge des Vorgehens beachten (Overhead-Folie und/oder Arbeitsblatt: M 2, in Anlehnung an Gunstone/White 1992, Leat/Chandler 1996 und Behrendt u. a. 1997).
- Insbesondere sollte klar werden, daß es weniger auf eine "richtige" Ordnung der Kärtchen ankommt, als auf die Erläuterung und Beschriftung der Verbindungslinien.
- Ein Anfängerfehler kann darin bestehen, möglichst viele Verbindungen zwischen möglichst allen Kärtchen ziehen zu wollen. Man sollte ihm durch die Ansage entgegenzuwirken versuchen, daß es nicht auf die Zahl der Verbindungslinien ankommt, sondern auf die Plausibilität ihrer Bedeutung. (...)"
(Zum kompletten Artikel, zu den zitierten Materialien, zur angegebenen Literatur sowie zur unterrichtlichen Umsetzung am Thema "Dartmoor: Probleme eines Nationalparks" vgl.: Schramke, Wolfgang 1999: Concept Mapping. Schüler strukturieren ihr Wissen; in: Praxis Geographie, H. 7-8, S. 18-23.)
Diese Unterrichtseinheit möchte einen Beitrag dazu leisten, die Perspektive zu wechseln und sich die Eukalyptisierung Portugals nicht nur von außen, sondern auch von innen anzusehen.
Dabei reicht es nicht, die verschiedenen Stellungnahmen aus dem Landkreis Odemira zur Kenntnis zu nehmen und gegeneinander abzuwiegen. Menschen bilden sich ihre Meinung nicht nur als Mitglieder von sozialen Gruppen, sondern auch unter verschiedenen Perspektiven. Während globale Umweltgruppen oft einseitig emotionale Aspekte hervorheben können, geht es vor Ort um mehr. Hier muss ein Kompromiss gefunden werden, der Vor- und Nachteile auf einer hinreichend breiten Informationsgrundlage abwägt, kreative Lösungen erarbeitet und umsetzt und dabei die emotionalen Bedürfnisse der Bevölkerung berücksichtigt. Alle diese Aspekte während einer Diskussion im Auge zu behalten fällt nicht leicht, und oft behindern sich die Diskussionspartner gegenseitig, weil einer über den Informationsbedarf und der andere über die mögliche Umsetzung redet (Novak, 2000, S. 2). Um dies zu vermeiden, hat Edward de Bono sechs „Denkhüte“ (Novak, 2000, S.2f - vgl. Aufgaben) erfunden, die Diskussionspartner dazu anregen sollen, gemeinsam über jeweils nur einen der genannten Aspekte nachzudenken. Diese Denkhüte lassen sich auch in der Schule gewinnbringend einsetzen (Smith, Walker, Sudgen, 2003, S. 110); sie eignen sich besonders, um in umweltpolitischen Diskussionen den Stellenwert der verschiedenen Aspekte heraus zu arbeiten.
Interessen hängen nicht nur davon ab, zu welcher Berufs- oder Altersgruppe man gehört. Oft kommt es auch auf die Sichtweise an, mit der man einer Sache begegnet. Manche Menschen reagieren zuerst emotional auf ein Ereignis, andere versuchen sofort alles zu ändern und noch andere denken nur daran, wie sie aus der Sache Geld schlagen können. Diese Perspektiven können durch Denkhüte symbolisiert werden
Der gelbe Hut beschäftigt sich mit den positiven Aspekten der Sache. Er sucht nach den Vorteilen und dem Nutzen einer Sache und versucht sie zu begründen.
Der schwarze Hut ist das Gegenteil vom gelben Hut. Er sieht überall Gefahren, Schwierigkeiten und Probleme.
Der grüne Hut ist für kreative Ideen und technische Fortentwicklungen zuständig. Er sucht nach machbaren Lösungen für erkannte Probleme.
Der blaue Hut ist der Organisator unter den Hüten. Er überlegt, wie man Entscheidungen herbeiführt und umsetzt.
Der rote Hut steht für Gefühle und Empfindungen. Für ihn sind schöne Dinge genauso wichtig wie ernst gemeinte Werte.
Der weiße Hut ist der Wissenschaft verpflichtet. Er fragt nach Zahlen und Fakten, die helfen könnten, die Sache besser zu verstehen.
Auch wenn es auf den ersten Blick nicht immer so aussieht, setzen sich die Argumente eines einzelnen Menschen oft aus mehreren dieser Perspektiven zusammen. Setze jeden der Hüte nacheinander auf und überlege, was der Hut zum „Eukalyptus in Odemira“ sagen könnte.
(Problemstellung und Material finden Sie in: Schramke, Wolfgang; Uhlenwinkel, Anke: Eukalyptus in Portugal. Perspektivenwechsel im globalen ökologischen Dorf. – In: Praxis Geographie, H. 3, 2004, S. 27-31)
Eine der einfachsten Methoden, Schüler nach ihren Zukunftsvorstellungen zu befragen, hat Unterbruner in einer auch von Geographiedidaktikern immer wieder zitierten Studie mit österreichischen Jugendlichen vorgeführt. Sie hat die Schüler auf eine Phantasiereise eingeladen, bei der die Schüler sich vorstellen sollten, daß sie den Klassenraum verlassen, nach einigen Metern einen verschlungenen Weg finden und diesen entlanggehen, bis sie an ein Tor kommen. Hinter diesem Tor befindet sich "die Welt in 20 Jahren". Die Schüler werden für zwei Minuten in die fremde Welt entlassen, dann werden sie zurück in den Klassenraum geleitet und aufgefordert, ihre Eindrücke aufzumalen. Nach dem Zeichnen sollen diese Bilder kommentiert werden, entweder in einem Text oder in einem Interview (vgl. auch den Beitrag von Wollnik in diesem Heft, dazu Unterbruner 1998; für Bilder mit Interviews: Misereor 1997).
(aus: Schramke,W.; Uhlenwinkel, A.: Zukunftsentwürfe im Geographieunterricht. - In: Praxis Geographie, Heft 2, 2000, S.7 und 8)
Die zweite Phase wird nach dem Modell des Gruppenpuzzles durchgeführt (vgl. Klippert, 1995): Die Schüler bilden zunächst Vierergruppen. Jeder der vier Schüler entscheidet sich für eines der angebotenen Themen (Wolkenkratzer - (M 2-5, multikulturelle Gesellschaft - M 6-9, Verkehr - M 10-13 sowie Wohnen und Arbeitskraft - M 14-16), das er zunächst kurz selbst bearbeitet. Er trifft sich dann mit den anderen "Experten", die das gleiche Thema bearbeitet haben, um Unklarheiten zu klären und mögliche Schlußfolgerungen zu diskutieren. Nachdem die Schüler ihre Position gefunden haben, gehen sie als Experten in ihre Ursprungsgruppen zurück. Anders als beim klassischen Gruppenpuzzle wird hier aber nicht schlicht der Stoff vermittelt, damit anschließend ein Test geschrieben werden kann, sondern in der Ursprungsgruppe wird das gerade erarbeitete Wissen unter einer neuen Fragestellung (Aufgabe 5) genutzt und erweitert. Fachkompetenz und Kommunikationsfähgkeit der Schüler werden so gleichzeitig gefördert (Klippert, 1995, S.151).
Aufgaben:
4. Suche dir eines der Bilder aus, zu dem du gerne weiterarbeiten möchtest.
Bild 1 (M 2-5):
Viele amerikanische Städte leiden unter immer geringeren Einwohnerzahlen. Das senkt die Steuereinnahmen. Die Stadtverwaltung einer großen Stadt hat euch als Expertenteam bestellt. Ihr sollt herausfinden, ob in Zukunft mit mehr Einwohnern zu rechnen ist. Ihr sollt euer Ergebnis auf der nächsten Stadtverordnetenversammlung in einem 5minütigen Kurzvortrag darlegen.
Bild 2 (M 6-9):
In einer mittelgroßen amerikanischen Stadt ist der Zuzug von Schwarzen, Hispanics und Asiaten zu beobachten. Die dort lebende weiße Bevölkerung möchte wissen, ob ein friedliches Zusammenleben der Gruppen in ihrer Stadt möglich ist. Eine Bürgerversammlung lädt zur Klärung dieser Frage verschiedene Experten ein. Ihr seid eines der befragten Teams. Ihr sollt euer Ergebnis auf der nächsten Bürgerversammlung in einem 5minütigen Kurzvortrag darlegen.
Bild 3 (M 10-13):
Die Verkehrsplaner einer großen amerikanischen Stadt suchen neue Wege, das Verkehrsaufkommen so zu organisieren, daß die Stadt dabei für Unternehmen und Arbeitskräfte attraktiv bleibt. Da sie selbst schon sehr lange in der Stadt arbeiten, suchen sie neue Ideen von außen. Ihr werdet als Experten beauftragt, eure Ideen zur zukünftigen Organisation des Verkehrswesens der Stadt beizutragen. Ihr sollt euer Ergebnis auf der nächsten Planungsversammlung in einem 5minütigen Kurzvortrag darlegen.
Bild 4 (M 14-M16, eventuell kann auch M 13 hilfreich sein):
Eine große amerikanische Bank möchte einen neuen Betrieb aufmachen. Die Manager sind sich nicht ganz sicher, ob sie gut ausgebildete, motivierte Mitarbeiter eher in der Großstadt oder auf dem Land finden. Ihr seid das Expertenteam, das die Möglichkeiten in der Stadt erkunden soll. Ihr sollt euer Ergebnis auf der nächsten Vorstandsversammlung in einem 5minütigen Kurzvortrag darlegen.
5. Bildet Gruppen mit je einem Experten aus den vier Gruppen. Versucht eure Vorstellungen so zusammenzubringen, daß ihr die mögliche Entwicklung der gesamten Stadt beschreiben könnt.
Literatur:
Klippert, H.: Kommunikationsforschung. Übungsbausteine für den Unterricht. - Weinheim, Basel, 1995
(Die vollständige Unterrichtseinheit können Sie nachlesen in: Frieling, H.D.v.; Uhlenwinkel, A.: Stadtutopien im Film. - In: Praxis Geographie, Heft 2, 2000, S. 32-37)
Kugellager ist eine Methode, bei der die Teilnehmer angstfrei diskutieren und argumentieren lernen können. Bevor es los geht werden zwei, parallel liegende Stuhlkreise gebildet:
Die Teilnehmer des äußeren und inneren Stuhlkreises sitzen sich gegenüber und sehen sich an. Sie diskutieren das vorgegeben Thema miteinander. Nach fünf Minuten wird die Diskussion beendet. Die Teilnehmer des inneren Stuhlkreises rücken einen Stuhl weiter und bekommen dadurch einen neuen Partner. Die Diskussion geht von neuem los. Da die Teilnehmer im Laufe des Durchgangs merken, welche ihrer Argumente gut sind, und welche sie anders und besser formulieren müssen, wird so ihre Argumentationsfähigkeit trainiert.
(aus: Uhlenwinkel, A.: Armut ist weiblich - Ist Armut weiblich?. - In: Praxis Geographie, H. 12, 2001, S. 21)
In Lernzirkeln wird der Stoff einer Unterrichtseinheit in verschiedenen Stationen angeboten. Jede Station enthält Material und Aufgaben zu einem eng abgegrenzten Thema. Die Stationen werden im Klassenraum verteilt und die Schüler wandern von einer Station zur anderen, um sie zu bearbeiten. Meist ist nur vorgegeben, wie viele Stationen die Schüler insgesamt bearbeiten sollen. Damit eine Auswahl der Themen möglich ist, müssen genügend Stationen zur Verfügung stehen.
(Der Text stammt aus einem Kasten in: Uhlenwinkel, A.: Offener Geographieunterricht. Nicht immer, aber immer öfter. - In: Praxis Geographie, Heft 7/8, 2000, S.4-7, wo weitere Formen des offenen Unterrichts dargestellt und Merkmale von offenem Unterricht diskutiert werden)
Beispiel für eine Station aus einem Lernzirkel zum Thema Wasser (Zielgruppe: 9./10. Klasse)
An dieser Station steht ein Spiel am Beginn der Beschäftigung mit dem Thema. Das Würfelspiel hat den Charakter einer Simulation der Vorgänge in der Pflanze. Die Schüler können, sobald sie die Prinzipien verstanden haben, selbst entscheiden, wann sie das Spiel beenden. Sie haben auch die Wahl wie sie ihre Ergebnisse festhalten wollen – dieser Punkt kann den jeweiligen Klassen angemessen erweitert werden.
(Den vollständigen Lernzirkel finden Sie in: Uhlenwinkel, A.: Lernzirkel „Wasser“. – In: RAAbits, September 2000, 32 S.)
Station 4a: Pflanzen brauchen Wasser zum Leben I
Spiele das Würfelspiel mit einem Partner.
Bevor es los geht:
An dieser Station gelangt ein Wassertropfen vom Boden in eine Pflanze. Was der Wassertropfen dabei alles leistet, ist hier nachgestellt. Wenn du dich mit einer Figur auf den Weg durch die Pflanze machst, erfährst du, was dem Wassertropfen alles passiert.
Das „Spiel“ endet eigentlich erst, wenn der Wassertropfen ohne Last in die Atmosphäre entweichen kann. Wenn du meinst, dass du alle Einzelheiten verstanden hast, kannst du aber auch schnell deine gesammelten Stoffe abgeben und über den Pfeil „entweichen“.
Erstes Ereignis
Im Boden befinden sich viele Nährstoffe, die die Pflanze zum Leben braucht. Wasser löst die Nährstoffe aus dem Boden und transportiert sie zur Pflanze. Der Wassertropfen nimmt 3 Nährstoffe mit. Sollte er jetzt mehr als 5 Nährstoffe haben, rückt er auf das Feld mit dem X vor, denn mehr Nährstoffe kann er nicht transportieren.
Zweites Ereignis
In der Pflanze gibt das Wasser die transportierten Nährstoffe wieder ab. Die Pflanze braucht aber an jeder einzelnen Stelle immer nur wenige Nährstoffe. Der Wassertropfen gibt einem Nährstoff ab. Wenn der Wassertropfen keinen Nährstoff hat, muss er einmal aussetzen.
Drittes Ereignis
Die Pflanze nimmt hier Kohlendioxid aus der Luft auf. Zusammen mit Wasser und Licht kann sie daraus Zucker herstellen. Diesen Vorgang nennt man Photosynthese. Wenn der Wassertropfen gerade keine Nährstoffe transportiert, kann er ein Feld vorrücken.
Viertes Ereignis
Durch die Photosynthese ist Zucker entstanden, der durch Wasser zu den verschiedenen Pflanzenteilen transportiert wird. Wenn der Wassertropfen vom Feld "CO2" kommt, kann er zwei Zucker aufnehmen und ein Feld vorrücken. Sonst nimmt er nur einen Zucker auf, rückt aber nicht vor.
Fünftes Ereignis
Die Pflanze produziert bei der Photosynthese auch Sauerstoff, den Menschen und Tiere zum Atmen brauchen. Sie gibt ihn an die Atmosphäre ab. Wenn der Wassertropfen von den Feldern „CO2“ und „Zucker“ kommt, hat er gerade einiges für das Leben der Pflanzen geleistet. Er kann zwei weitere Felder vorrücken.
Sechstes Ereignis
Das Wasser transportiert auch Zucker durch die Pflanze. Die Pflanze braucht überall ein bisschen Zucker. Der Wassertropfen gibt einen Zucker ab. Wenn der Wassertropfen keinen Zucker hat, muss er einmal aussetzen.
Letztes Ereignis (?)
Die Pflanze „schwitzt“ auch Wasser wieder aus. Sie transpiriert. Das Wasser gelangt so in die Atmosphäre zurück. Um nach der ersten Runde wieder in die Atmosphäre zu gelangen, darf der Wassertropfen keine Nährstoffe und keinen Zucker mehr transportieren. Transportiert er noch Nährstoffe oder Zucker, dann durchläuft er die Pflanze ein weiteres Mal.
Station 4b: Pflanzen brauchen Wasser zum Leben II
- Wenn du meinst, dass du alles verstanden hast, dann schreibe in deinen eigenen Worten auf, was in der Pflanze vor sich geht.
- Du kannst auch eine Grafik zeichnen, die zeigt, was in der Pflanze vorgeht. Beschrifte die Grafik.
Das Lesetagebuch (im angloamerikanischen Raum: "response journal" oder auch "reading log"; im Französischen: "journal de lecture") ist, formal betrachtet, ein einfaches Schulheft im DIN-A-5- bzw. DIN-A-4-Format, das jeder Schüler einer Lerngruppe, begleitend zur Text-Lektüre, führt, und in das er fortlaufend seine persönlichen Leseeindrücke notiert oder auch zeichnet (vgl. Langemack 1989, S. 13). "Das Lesetagebuch wird zu einem Ort, an dem Leser ihr Verhältnis zum Text verhandeln, indem sie Beziehungen zwischen der Welt des Textes und der eigenen Welt herstellen, sich mit Differenzen auseinandersetzen und zu Wertungen gelangen. Dabei erfüllt der Text zweifellos eine wichtige Anregungsfunktion, die Bedeutungsarbeit aber bleibt dem Leser überlassen" (Krück/Loeser 1997, S. 2).
Im Unterrichtsfach Deutsch wie in den Fremdsprachen-Fächern ist der Einsatz von Lesetagebüchern inzwischen relativ weit verbreitet. (Eine am 15. Juli 2000 über die Meta-Suchmaschine MetaGer gestartete Internetrecherche ergab 321 Treffer; darunter sind sehr viele von Schülern selbst ins Netz gestellte Seiten.) Wir möchten im folgenden vorschlagen, diese Form offenen und binnendifferenzierenden Unterrichts auch im Fach Geographie zu nutzen. Um die Fehleinschätzung zu vermeiden, es handele sich dabei um eine Grundschul-nahe, "kindertümelnde" Lektüre-Anleitung, haben wir ein Lesetagebuch für die Sekundarstufe II entwickelt und inzwischen mit ermutigenden Ergebnissen mehrfach erprobt. Es bezieht sich auf einen noch relativ aktuellen und gut zugänglichen Fach-Aufsatz von Herbert Popp (erschienen in der Geographischen Rundschau 1997, H. 2, S. 66-73): "Oasen - ein altes Thema aus neuer Sicht". Die angeschlossenen Beispiele für Ergebnisse der Bearbeitung der Aufgaben stammen aus unterschiedlichen Durchläufen in universitären Anfängerveranstaltungen und Kursen der gymnasialen Oberstufe.
Zum Einsatz des Lesetagebuchs "Oasen"
Nach der Bereitstellung einer ausreichenden Zahl von Kopien des Artikels wird jedem Mitglied der Lerngruppe das Arbeitsblatt 1("Lesetagebuch") ausgehändigt und um erste Lektüre gebeten. Unruhe wird einsetzen, die Sie mit der nachfolgenden Präzisierung mindern können: "Ich bitte Sie, aus der ersten Aufgabengruppe ("Das Lesen vorbereitende Tätigkeiten") drei Aufgaben zu bearbeiten. Aus der mittleren Aufgabengruppe ("Während des Lesens") bearbeiten Sie bitte fünf Aufgaben, und aus der letzten Gruppe ("Aktivitäten nach dem Lesen") bearbeiten Sie bitte zwei Aufgaben."
Im Lesetagebuch selbst sollten die ersten beiden Seiten für die Anlage eines Inhaltsverzeichnisses freigelassen und die Seiten des gesamten Hefts durchnumeriert werden. Die Schüler sind auf die Handhabung von Markierungen im Originaltext hinzuweisen, auf das Zitieren wörtlich übernommener Aussagen, auf das Notieren von Text-Seiten und -Spalten, um Meinungen belegen zu können, auf die Bedeutung von Kapitel-Überschriften sowie auf das Datieren der jeweiligen Aufgaben-Bearbeitung.
Anschließend wird das Arbeitsblatt 2("ABC-Bogen") verteilt, um Ruhe gebeten und mit der Arbeit begonnen. In der anschließenden Phase, die unserer ganz überwiegenden Erfahrung nach in sehr angenehm ruhiger, konzentrierter Atmosphäre verläuft, kommt die neue Rolle (und Chance) des Lehrers als Moderator und Berater zum Tragen. Er kann, zwischen den Schülern wechselnd, Fortschritte der Arbeit jedes einzelnen beobachten, Anregungen zum Nachschlagen unbekannter Begriffe geben (Lexika!) oder zur Recherche im Internet. Er kann anregen, Zeichnungen für die abschließende Präsentation auf Overhead-Folien zu übertragen (Folien, Stifte!) und auftretende Unsicherheiten im Gespräch klären.
Die Schüler machen die Erfahrung, daß sie ihr Lesetempo selbst bestimmen können und darüber hinaus selbst entscheiden, ob sie still lesen, schreiben oder zeichnen möchten. Ganz unauffällig ereignet sich quasi nebenbei innere Differenzierung. Aus der Fülle der gestellten Aufgaben kann sich der Schüler solche aussuchen, die er zu bewältigen vermag. Auf jeden Fall aber findet eine individuelle Auseinandersetzung mit dem Gelesenen statt (Langemack 1989, S. 13).
Zwei bis drei Doppelstunden sind für die Arbeit der Lerngruppe zu veranschlagen. In der abschließenden Vorstellung werden nicht "richtige" von "falschen" Lösungen geschieden. Als Bereicherung zu erfahren sind vielmehr die Weisen, in denen, sehr abweichend von der eigenen, andere die gleiche Aufgabe verstanden, mit Assoziationen verknüpft und zu Ergebnissen gebracht haben. Viel voneinander zu lernen gibt es auch hinsichtlich der unterschiedlichen Selbst-Ansprüche an die eigenen Arbeitsergebnisse und deren Präsentation. Hier liegen auch die produktiven Rückmeldungs-Möglichkeiten hinsichtlich der erbrachten Leistungen und deren Optimierbarkeiten - es braucht keine Schlicht-Messung und -Verurteilung: "Richtig"/"Falsch".
Im Anhang sind Beispiels-Bearbeitungen der Lesetagebuch-Aufgaben wiedergegeben, die in mehreren Durchgängen von Oberstufen-Schülern und Erstsemester-Studierenden erstellt wurden. Sie machen die Bandbreite der erbrachten Leistungen und deren Individualität deutlich. Gerade die nebeneinander gestellten Bearbeitungen ein und derselben Aufgabe lassen erkennen, daß eine differenzierende Bewertung sehr wohl auch dann möglich ist, wenn es keine "richtige" bzw. "falsche" Lösung gibt.
Die Erstellung eines Wortfelds in Aufgabe 7 hat z. B. völlig unterschiedliche Darstellungen gebracht: Die erste Darstellung zeigt das Wortfeld "Wasser" ohne dass der Autor innerhalb des Wortfeldes Beziehungen zwischen den einzelnen Begriffen herstellte. Das zweite Wortfeld-Beispiel zum Thema "Wasserversorgung" ist dagegen differenzierter und zeigt solche Beziehungen auf. Dennoch deckt auch das erste Wortfeld einen Großteil der Begriffe ab, die im Text zum Wortfeld "Wasser" genannt werden. Ähnliche Differenzierungen sind bei den Karikaturen der Aufgabe 15 feststellbar: die meisten Karikaturen beziehen sich auf wenn auch durchaus unterschiedliche Aspekte des Lebens in Oasen. Eine der Karikaturen bezieht sich dagegen auf die "Sicht" der Oasen, die in der Überschrift des Textes formuliert ist. Alle gezeigten Karikaturen stellen aber tatsächlich eine Aussage des Textes dar. Sie beziehen sich nur auf unterschiedliche Stellen im Text, je nachdem, was der Zeichner für wichtig erachtete.
Ansprüche an die Formulierung von Arbeitsaufträgen in Lesetagebüchern
Offene Aufgaben dieses Typs lassen sich nicht nur für ein Lesetagebuch zum Thema "Oasen" erstellen. Wer Lesetagebücher zu anderen Themen erstellen will, der muß sich vor allem über die Qualität der zu erstellenden Aufgaben Gedanken machen: Welches wären die strategischen Stoßrichtungen, die mittels Lesetagebüchern zu verfolgen wären? Welche Typen von Arbeitsaufträgen sollten vorherrschen?
Zu formulierende Aufgabenstellungen in Lesetagebüchern sollten
- verschiedene Sinne ansprechen ("Wir behalten 10 % von dem, was wir lesen, 20 % von dem, was wir hören, 30 % von dem, was wir sehen, 50 % von dem, was wir hören und sehen, 70 % von dem, was wir selber sagen, 90 % von dem, was wir selber tun" - vgl. Nebel 1997, S. 5)
- den Wechsel von symbolischen Repräsentationsformen fordern und fördern (Textsorte in andere Textsorte, Text in Bild, Text in Grafik, wissenschaftliche Aussage in ästhetische etc.)
- Selbsttätigkeit und den Erwerb von Schlüsselqualifikationen fördern (Methodenkompetenz, Flexibilität, Kreativität, Problemlösungs- und Entscheidungskompetenz, Selbständigkeit, Eigeninitiative)
- anschließen an die eigenen Interessen / Erfahrungen / Vorstellungen der Teilnehmer
- einen Perspektivenwechsel ermöglichen (vgl. u. a. Rhode-Jüchtern 1996)
- ergebnisoffen sein, also nicht auf ein-eindeutige Resultate hin angelegt
- Internet-Recherchen einbinden (Wir können nicht allein programmatisch erklären, Schüler müßten "multimediafähig" werden. Wir müssen sie beständig einschlägig trainieren lassen, z. B. auch ihre Fähigkeit, relativ verläßliche Informationen von Datenschrott zu unterscheiden)
- präsentationsfähige Ergebnisse ermöglichen.
(Den vollständigen Text, die Literaturangaben sowie einige Beispiele für die Bearbeitung der Lesetagebuch-Aufgaben durch Schüler der Oberstufe und Studierende im ersten Semester finden Sie in: Schramke, Wolfgang / Uhlenwinkel, Anke 2001: Lesetagebuch "Oasen" - Texte konstruktiv verarbeiten im Geographieunterricht der Sekundarstufe II; in: RAAbits Geographie, 29. Ergänzungs-Lieferung, März 2001, V/B, S. 1-23. RAABE Fachverlag für die Schule, Postfach 1 39 22, D-70034 Stuttgart)
LESETAGEBUCH "OASEN"
Ein Lesetagebuch zu erstellen, bedeutet, daß man den Text eines Autors liest und gleichzeitig sein eigenes Buch (Heft, Mappe) zum gleichen Thema schreibt. Zwecks besseren Überblicks sollte das Lesetagebuch ein Inhaltsverzeichnis haben, in dem neben dem Datum der Erstellung einzelner Kapitel auch eigene Überschriften verzeichnet sind.
Das Lesen vorbereitende Tätigkeiten:
1. Entwerfen Sie ein Mind Map zum Thema "Oase"!
2. Notieren Sie im Arbeitsblatt 2 zu jedem Buchstaben ein Wort, das Ihnen einfällt, wenn Sie an Oasen denken!
3. Schreiben Sie kurz auf, was Sie aufgrund des Titels von dem Artikel erwarten!
4. Überlegen Sie sich drei bis fünf Fragen, die der Artikel beantworten könnte!
5. Finden Sie wenigstens 5 weitere Veröffentlichungen des Verfassers heraus, die nicht im Literaturverzeichnis dieses Artikels aufgeführt sind! (Internet-Recherche)
Während des Lesens:
6. Benennen Sie drei Begriffe, die Sie für das Verständnis des Textes für wichtig halten, deren Bedeutung Ihnen aber unklar ist! Schlagen Sie deren Bedeutung nach!
7. Erstellen Sie aus dem Artikel heraus ein Wortfeld* für einen von Ihnen für zentral betrachteten Begriff!
8. Besorgen Sie sich eine Karte, mit Hilfe derer Sie einen im Text behandelten Sachverhalt zeichnerisch darstellen!
9. Suchen oder erstellen Sie Fotos, Zeichnungen, Liedertexte, Gedichte oder Romanauszüge, mit denen Aussagen des Textes illustriert werden können!
10. Erstellen Sie eine Sachzeichnung, mit der Aussagen des Textes veranschaulicht werden!
11. Berichten Sie über eine der im Text dargestellten sozialen Gruppen, welches Bild von ihr entworfen wird und welche praktischen Konsequenzen die theoretischen Aussagen für diese Gruppe haben!
12. Suchen Sie sich ein im Text genanntes Argument und überprüfen Sie seine Stichhaltigkeit (Daten, Argumentationsfigur, Kontext)!
13. Stellen Sie die im Text gemachten Aussagen in einem Funktionsschema dar!
14. Entwerfen Sie eine Zeitleiste zu den im Text dargestellten Entwicklungen!
15. Zeichnen Sie eine Karikatur, in der eine Aussage des Textes verarbeitet wird!
16. Schreiben Sie einen Brief an einen Kommilitonen in München, in dem Sie den Text kurz erläutern!
17. Suchen Sie einen aktuellen Zeitungsartikel, der sich mit einem im Artikel angesprochenen Problem beschäftigt! Klären Sie, welche Sachverhalte der wissenschaftliche Artikel nicht erklärt!
Aktivitäten nach dem Lesen
18. Können Sie nach dem Lesen des Textes in Arbeitsblatt 2 weitere Begriffe eintragen?
19. Formulieren Sie Fragen, die sich Ihnen nach der Lektüre des Artikels stellen!
20. Benennen Sie eine im Text genannte Quelle, die Sie zur Weiterführung der Gedanken gerne lesen würden! Begründen Sie Ihre Entscheidung!
___________________________________
*Wortfeld: "Eine gegliederte Menge sinnverwandter Wörter, z. B. 'wandern', 'spazieren' usw. (im Wortfeld 'gehen'); ein Ordnungsprinzip des Wortschatzes, ein Feld von bedeutungsähnlichen Wörtern, in dem jedes Wort durch die anderen begrenzt und bestimmt wird" (Garbe 1983, S. 75)
An Schüler:
Eine Mind Map sieht aus wie ein Baum von oben:
In dem hier (siehe RAAbits, Juni 2000) gezeigten Beispiel könnt ihr erkennen, wie man eine Mind Map erstellt: In die Ellipse in der Mitte schreibt ihr das Thema. Von der Ellipse gehen eine Reihe von Zweigen ab und von den Zweigen gehen Äste ab. Auf die Zweige und Äste schreibt ihr eure Stichwörter (oder "Schlüsselwörter"), und zwar so, dass ihr langsam vom allgemeinen (z.B. Wohnviertel) zum speziellen (z.B. Hochhaus, Straße, Spielplatz, Parkplätze) kommt. Seht euch die Mind Map genau an. Sie gibt euch hilfreiche Tipps zur Gestaltung.
An Lehrer:
Mind Maps lassen sich ohne viel Vorbereitung herstellen. Alles was gebraucht wird, ist ein möglichst unliniertes Blatt Papier und Stifte. Je nach späterem Präsentationszweck kann eine Mind Map auch auf Packpapier oder auf Folie erstellt werden. Mit Mind Maps können Schüler erste Ideen genauso strukturieren wie fertige Referate. Die hier als Beispiel gezeigten Mind Maps sind eine erste Ideensammlung zum Thema "Die US-amerikanische Stadt". Wenn man die Mind Maps vergleicht, lässt sich ein weiterer Vorteil dieser Art der Präsentation erkennen: Sie betont die Möglichkeit der unterschiedlichen Antworten. Keine dieser beiden Mind Maps ist wirklich "falsch". Vielleicht ist auch keine so, wie der Betrachter sie zeichnen würde. Beide sagen eben nicht nur etwas über die amerikanische Stadt aus, sondern auch etwas darüber, wie diese Stadt von Menschen gesehen wird, die noch nie einen Fuß in die Vereinigten Staaten gesetzt haben. Während das erste Beispiel (die Mind Maps befinden sich im Materialteil M 2. Sie können auch den Schülerinnen und Schülern als Beispiel gezeigt werden) einer Mind Map eher geprägt ist durch fachliche Termini, kommen in dem zweiten Beispiel ganz bestimmte Weltbilder zum Ausdruck. Beides macht Sinn - und wenn man die Mind Maps im Plenum diskutiert, kommt am Ende ein sinnvolles Ganzes heraus.
(die Mind Maps und weitere Ideen zu Comics, Fotostories, Ausstellungsmöglichkeiten und Dioramen können Sie nachlesen in: Uhlenwinkel, A.: Präsentationstechniken im Geografieunterricht. - In: RAAbits Geographie, Juni 2000, 20 S.)
zur Stadtentwicklung in Deutschland und in den USA
Diese Sequenz ist als Planspiel konzipiert und soll den Schülerinnen und Schülern auf der einen Seite erfahrbar machen, inwieweit City-Entwicklungen von der bereits vorhandenen bebauten Umwelt bedingt werden und ihnen auf der anderen Seite zeigen, dass jede Weiterentwicklung der Citys einem politischen Entscheidungsprozeß unterliegt.
Grundlage des Planspiels sind die Stadtpläne der in den weiteren Sequenzen behandelten Städte, was im Folgenden zu einem Vergleich zwischen den eigenen Vorstellungen und den tatsächlichen Entwicklungen animieren soll. Es bietet sich von daher an, die Ergebnisse des Planspiels für die restliche Zeit der Reihe sichtbar im Klassenraum anzubringen.
Das Planspiel kann auf verschiedene Art und Weise im Unterricht durchgeführt werden. Auf jeden Fall sollten Schülerinnen und Schüler in Gruppen arbeiten, damit der Entscheidungscharakter von stadtplanerischen Maßnahmen sichtbar wird. Die Gruppen können entweder arbeitsgleich oder arbeitsteilig vorgehen. Beides hat seine Vor- und Nachteile. Bei arbeitsgleicher Vorgehensweise haben die Lernenden die Möglichkeit, die Unterschiede zwischen den Planungsvoraussetzungen (Schachbrettgrundriß, mittelalterlicher Grundriß) zu erkennen und vor allem selbst zu erfahren. Allerdings wird das Verfahren dadurch sehr langwierig, was sich besonders in leistungsstarken Gruppen negativ auswirken kann. Die arbeitsteilige Vorgehensweise bietet sich deswegen aus zeitökonomischen Gründen an. Sie setzt aber voraus, daß die Schüler in der Lage sind, ihre Ergebnisse in sinnvoller und verständlicher Weise für die anderen darzustellen. Auch bei dieser Vorgehensweise sollte man darauf achten, daß es pro Stadtplan mindestens zwei Gruppen gibt, damit am Ende unterschiedliche Entwicklungsmöglichkeiten deutlich sichtbar werden.
Das Planspiel gibt den Schülern für drei Zeitabschnitte Veränderungen vor, die sie in dem Plan vornehmen sollen. Die Veränderungen sollten den Schülerinnen und Schülern immer nur für den gerade zur Debatte stehenden Zeitabschnitt mitgeteilt werden, damit sie sich nicht schon im ersten Zeitabschnitt an den Erfordernissen des dritten Zeitabschnitts orientieren.
Für die Durchführung der Planungen sollte eine bestimmte Zeitspanne festgelegt werden. Die Zeitspanne hängt natürlich immer auch von der Leistungsfähigkeit der jeweiligen Gruppe ab, sie sollte aber in den Zeitabschnitten 2 und 3 länger sein als im ersten Zeitabschnitt und 20 Minuten nicht überschreiten.
Da aus den beiden Plänen auch Nutzungen entfernt werden müssen, bietet es sich an, für die drei Zeitabschnitte jeweils mit einem Blatt Transparentpapier zu arbeiten. So werden die Veränderungen auch durch sukzessives Übereinanderlegen des Transparentpapiers deutlich. Der erste Zeitabschnitt läßt sich unter der Voraussetzung, daß farbig gearbeitet wird, auch direkt in die Kopie eintragen. Dies erhöht die Lesbarkeit am Ende der Planung.
Für beide Grundrisse sind die Veränderungen so weit wie möglich gleich gehalten worden, um die Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu erhöhen. Vor Beginn jeder Spielphase ist es sinnvoll, sich mit den Gruppen über Signaturen zu einigen, die von allen genutzt werden. Auch dies erhöht die Vergleichbarkeit. Die Ergebnisse der einzelnen Gruppen sollten auf jeden Fall dargelegt und verglichen werden, besonders auch im Hinblick auf die Schwierigkeiten, die bei der Planung auftraten.
M 9 Handlungsanweisung zum Schachbrettgrundriß
Du hast nun die Aufgabe, auf dem Schachbrettgrundriß Nutzungen und Einrichtungen, die in einer Stadt im Laufe der Zeit entstehen bzw. wieder aufgegeben werden, einzuzeichnen. Orientiere dich an den für die jeweiligen Zeitabschnitte aufgeführten Veränderungen. Damit du die Veränderungen erkennen kannst, solltest du die Nutzungen der drei Zeitabschnitte jeweils auf einem Blatt Transparentpapier oder einer Folie einzeichnen, die du anschließend übereinander legen kannst. Überlege dir, welche Symbole oder Farben (Signaturen) du für die unterschiedlichen Einrichtungen und Nutzungen verwendest.
Anmerkung: Wenn bestimmte Nutzungen in der Innenstadt aufgegeben werden, kann es immer sein, daß einzelne Geschäfte, Büros oder Häuser bleiben. Das ist meistens abhängig von der Höhe der Miete, die in Cities im Allgemeinen dort am höchsten ist, wo bereits viele Geschäfte und damit viele Kunden sind.
Hinzufügen | Wegnehmen | |
1. Zeitabschnitt | - Eisenbahnstrecke und Bahnhof - Straßenbahn (1 Linie) - 3 Regierungsgebäude - 2 Warenhäuser - 10 kleinere Geschäfte des täglichen Bedarfs - 20 Fernhandelshäuser - 50 Wohnungen | |
2. Zeitabschnitt | - Straßenbahn (2 Linien) - erste Autos parken am Straßenrand (Handlungsbedarf prüfen) - 2 weitere Warenhäuser - kleinere Geschäfte des periodischen und aperiodischen Bedarfs: 7 Bekleidungsgeschäfte 5 Schuhgeschäfte 2 Möbelgeschäfte 2 Buchläden 2 Fahrradläden 3 Haushaltswarengeschäfte 3 Spielwarengeschäfte 2 Juweliere 3 Berufskleidungsgeschäfte 2 Teppichläden - 3 Banken (mit Büros) - 3 Versicherungen (mit Büros) - 5 Bürogebäude | - Geschäfte des täglichen Bedarfs - kleinere Büros (können auch durch größere ersetzt werden) |
3. Zeitabschnitt | - 4 Buslinien - viele Autos (Handlungsbedarf prüfen) - 6 Parkplätze oder -häuser - Zulieferwege für LKW - weitere Geschäfte: 12 Bekleidungsgeschäfte 3 Schuhgeschäfte 4 Elektroartikelläden 2 Schallplattenläden 2 Buchläden 4 Juweliere 5 Geschenkboutiquen - 7 Versicherungen (mit Büros) - 5 Banken (mit Büros) -10 Bürogebäude | - die meisten Bewohner verlassen die Innenstadt - einige Geschäfte machen wieder zu: Möbelgeschäfte Spielwarengeschäfte Haushaltswarengeschäfte Berufsbekleidungsgeschäft Teppichläden |
(Die vollständige UE mit Stadtplänen und einem Vergleich zwischen der deutschen und der amerikanischen Cityentwicklung ist nachzulesen in: Uhlenwinkel, A.: Die City - Entwicklung und Probleme von Bremen und Toledo (USA). - In: RAAbits Geographie, Juni 1997, 62.S.)
Die Erarbeitung erfolgt dabei in Form eines Reportage-Puzzles (Klippert, 1998, S. 149). Um ein Reportage-Puzzle durchzuführen, erhält jedes Gruppenmitglied unterschiedliche Informationen (M 1- M 4), für deren Darstellung es selbst verantwortlich ist. Jedes Gruppenmitglied macht zunächst sich und dann die anderen mit den ihm zur Verfügung stehenden Informationen vertraut. Dabei kann es für diejenigen Schüler, die in ihrem Material Bildungsmaterial aus dem Badlands National Park vorfinden, durchaus sinnvoll sein, die dort angebotenen Aufgaben zu lösen, um deren Qualität besser einschätzen zu können. Anschließend überlegt die Gruppe, wie sich die einzelnen Elemente mittels einer fiktiven Geschichte miteinander zu einer Reportage verbinden lassen. Nicht alle Informationen jedes Gruppenmitglieds müssen in diese Reprotage eingehen. Die Reportage sollte 4-5 Minuten lang werden und in der Klasse präsentiert werden.
(Die weiterführende Literatur und die Materialien finden sich in: Uhlenwinkel, A.: Badlands contra Wattenmeer. Was ist anders an amerikanischen Nationalparks? - In: Praxis Geographie, H. 7-8, 2003, S. 29-36)
" (...) Das Schreibgespräch hat drei Teilschritte:
- Das Schreibgespräch selbst, in dem die Schülerinnen und Schüler in vier bis fünf etwa gleich großen Kleingruppen bei absolutem Schweigen schriftlich auf jeweils einer vorbereiteten Papierbahn (Packpapier oder Tapetenrolle, ca. 1x2 m) miteinander kommunizieren (die Einzelnen in den Gruppen benutzen dabei farblich unterschiedliche Stifte, um die entstehenden Kommunikationsprozesse rekonstruierbar zu machen),
- das an diese Phase anschließende, nun wieder mündliche Gespräch über das Ergebnis und seine Entstehung,
- die Vorstellung und Diskussion der Produkte der Schreibgespräche im Plenum.
Ist der Klasse dieser Ablauf bekannt, empfiehlt es sich vor allem bei jüngeren Lerngruppen (hier: 9./10. Jahrgang), die Hauptphase des Schreibgesprächs im Detail als Arbeitsauftrag (OH-Folie) zu erläutern und gegebenenfalls zu besprechen:
1. Phase: Erste spontane Eindrücke und Einfälle (5-10 Minuten):
Notiert bitte - bei absolutem Schweigen - in Form von Worten, Sätzen, Zeichnungen oder Symbolen, welche ganz persönlichen Eindrücke und Gefühle, Gedanken, Fragen und Vermutungen das Bild in Euch hervorruft, das Ihr gleich sehen werdet.
2. Phase: Schweigend-schreibendes "Gespräch" (ca. 10-15 Minuten):
Geht jetzt auf die notierten Eindrücke, Fragen oder Vermutungen der anderen Gruppenmitglieder ein. Ihr könnt dazu Eure ersten eigenen Notizen ergänzen oder korrigieren. Ihr könnt auch Kommentare zu den Positionen anderer formulieren, Fragen an sie richten oder gedankliche Verbindungen herstellen. Wichtig ist aber, daß Ihr auch dabei nicht sprecht!"
Erst nach der Klärung dieser Regeln wird um absolute Stille für den Beginn des Schreibgesprächs gebeten und der inhaltliche Impuls gegeben.
(Zum kompletten Text, zum inhaltlichen Beispiel "Die Welt bei Nacht" und zur einschlägigen Overhead-Folie vgl. Schramke, Wolfgang / Uhlenwinkel, Anke 1999: Weltbilder als Inszenierungen - das Beispiel "Die Welt bei Nacht"; in: Praxis Geographie 29, H. 7-8, S. 10-12)
Die Spinnweb-Analyse ist eine einfache, regelgeleitete, aber inhaltlich individuell zu füllende Methode, Ursachen nachzugehen, Zusammenhänge darzustellen oder Folgen aufzuzeigen. Im letzteren Fall wird ein Problem benannt und in die Mitte eines größeren Blattes Papier (DIN A 3 reicht zumeist aus) geschrieben, umrandet mit einem Kreis oder einer Ellipse. Dann werden unmittelbare („direkte“) Folgen in Kreisen um das Zentrum herum notiert, davon ausgehend in Kreisen deren Folgen, also die Folgen „zweiter Ordnung“ - und darum herum gegebenenfalls, wiederum eingekreist, deren Folgen, also die Folgen „dritter Ordnung“. Dieses Folgen-Geflecht kann auch Querverbindungen aufweisen. Analog ist bei der Verfolgung von Ursachen eines Sachverhalts oder einer Entwicklung vorzugehen.
Der Einsatz der Spinnweb-Analyse lässt sich hervorragend variieren. In ungeübten Klassen wird der Lehrer gut daran tun, beim ersten Einsatz die mögliche Form vorzugeben, entweder durch vorbereitete, kopierte Bögen oder durch die Projektion einer Overhead-Folie (M 5.1). Das Resultat einer Spinnweb-Analyse zum Thema „Rassenunruhen in den USA“ aus der Sekundarstufe II zeigt M 5.2. Selbst deutlich jüngere Schüler kommen mit der Methode gut zurecht, zumal, wenn man Gugels Varianten-Vorschlag folgt, die Spinnweb-Analyse nicht mit sprachlichen Mitteln, sondern mit Bildern durchzuführen (Gugel 1997, S. 186). Dazu werden aussagekräftige Bilder oder Symbole aus alten Zeitschriften ausgeschnitten und für die vermuteten Folgen (oder Ursachen) aufgeklebt.
(Literatur und Beispiele finden sich in: Schramke, W.; Uhlenwinkel, A.: Kreative Einstiege im Geographieunterricht. - In: RAAbits Dezember 2001)
Im Gegensatz zum klassischen fächerverbindenden Unterricht, bei dem die Fächer ihre möglichen Beiträge zwar auf das Kernthema beziehen, es aber meist keinen „logisch zwingenden Zusammenhang“ (Fehse, 1995, S.31) zwischen den Fachthemen gibt, werden bei der Storyline die einzelnen thematischen Aspekte in eine Erzählung integriert (ebd.) und erhalten so Kohärenz (Fehse, Kocher, 2000, S.18). Dabei ist „das Thema in der Regel im Umfang begrenzter“ (Fehse, 1995, S.31): Statt das Kernthema „Feuer“ zu wählen, zu dem die Geographie die „Vulkanausbrüche“ beiträgt und die Biologie „Waldbrände“, wäre dann eher ein Kernthema wie „The Big Fire of London“ denkbar (ebd.), bei dem die Geschichte vom Ausbruch des Feuers bis zum Wiederaufbau der Stadt erzählt werden könnte und Themen wie „Bauliche Gestalt und Infrastruktur vor dem Feuer“, „Entstehung und Ausbreitung des Feuers“, „Feuerbekämpfung“, „Reaktionen der politisch Verantwortlichen“, „Feuerbekämpfung“ und „Pläne für eine neue Stadt“ (vgl. Alton, 1987) erarbeitet würden. Die zu behandelnden Themen wären so in einen alltagsorientierten Kontext integriert (Bell, 1995, S.18), der gleichzeitig die Kriterien für die Auswahl der Inhalte liefert.
Die Aufgabe des Lehrers besteht vor allem darin eine „Geschichte“ zu erfinden (Bell, 1995, S.8; Fehse, 1995, S. 31). Dazu gehören auf der einen Seite, die Schaffung der räumlich-zeitlichen Umgebung (Fehse, 1995, S.33) und die Einführung der handelnden Charaktere (ebd.) und auf der anderen Seite die Entwicklung des Hergangs der Geschichte (ebd.). Alle diese Bestandteile der Geschichte werden im Unterricht über „key questions“ (Bell, 1995, S.8), die vom Lehrer erstellt wurden, durch die Schüler erarbeitet. Dabei gestalten die Schüler ihre jeweils eigene Geschichte (ebd.), die von Gruppe zu Gruppe verschieden aussehen kann. Sie erwerben so „skills“ (Bell, 1995, S.15) wie Karten lesen, Probleme lösen, Rollen übernehmen, Modelle herstellen und Zeichnungen anfertigen (ebd.). Auch der sprachliche Ausdruck der Schüler wird trainiert, und zwar durch die Erstellung einer „wordbank“. Eine „wordbank“ ist ein Poster, auf dem Begriffe und Redemittel festgehalten werden, die den Schülern für die Beschreibung und Erklärung der Sachverhalte als wichtig erscheinen (Fehse, Kocher, 2000, S.18; Dryden, Hare, 2001, S.19). Die Gruppenergebnisse werden auf einem Wandfries festgehalten (Fehse, Kocher, 2000, S.18) und nach ihrer Präsentation an der Wirklichkeit überprüft (Fehse, 1995, S.33). Das Storyline-Konzept verfolgt somit einen konstruktivistischen Ansatz, bei dem von den aus den bisherigen Erfahrungen geformten Weltbildern der Schüler ausgegangen wird.
In der britischen Geographiedidaktik taucht dieser Ansatz in den unterschiedlichsten Formen immer wieder auf, wobei die Bandbreite von einem am „man“ (bzw. engl. „we“) orientierten Fragenkatalog – „How do we travel for different journeys?” (Halocha, 2000, S.301f) - bis zur Arbeit mit „fertigen“ Erzählungen reicht (Dryden, Hare, 2001, S.5). Wenn mit dieser Methode bei unseren Nachbarn erfolgreich gearbeitet wird, lohnt es sich darüber nachzudenken, wie sie für den deutschen Geographieunterricht fruchtbar gemacht werden kann. Die hier vorgestellte Storyline ähnelt vom Aufbau her eher dem Lorry Business von Bell (1995, S.11-14).
(Die Literatur und ein Beispiel zur Landwirtschaft können nachgelesen werden in: Uhlenwinkel, A.: Vom Korn zum Brot. Storyline - Eine kreative Methode für ein Zentrierungsfach. - In: Praxis Geographie, H. 11, 2002, S. 32-38)
Für Kollegen, die Schüler zu einem "Weltethos" (Haubrich 1996, S.4) erziehen wollen, ist die Szenario-Technik interessant. Sie ist der Zukunftswerkstatt sehr ähnlich (Weinbrenner 1998, S.14). Die Szenario-Technik geht von der Problembeschreibung aus, bei der geklärt wird, wer die Betroffenen eines Problems und welche Fakten zu diesem Problem bekannt sind. Im Anschluß werden mögliche Einflussfaktoren gesucht. Danach beginnt der Hauptteil des Szenarios: Es werden Gruppen gebildet, die jeweils ein Positiv- bzw. ein Negativszenario entwerfen sollen. Das Positivszenario soll dabei die bestmögliche Entwicklung darstellen, das Negativszenario soll die schlechteste denkbare Entwicklung beschreiben. Die fertigen Szenarien werden dem Plenum vorgestellt, und gemeinsam wird nach Handlungsmöglichkeiten gesucht, mit denen die zukünftige Entwicklung so beeinflusst werden kann, daß sich die tatsächliche Entwicklung eher dem positiven Szenario annähert.
Das Problem bei dieser Technik liegt vor allem in der Formulierung von "positiv" und "negativ". Darüber, was man als eine wünschenswerte Zukunft ansieht und was nicht, muß in einer Klasse kein Konsens bestehen. Die Szenario-Technik setzt, wie die Zukunftswerkstatt, "eine von allen Teilnehmern geteilte Problemlage voraus" (Krause-Vilmar 1998, S.19). Dies ist nur in Gruppen zu erwarten, die sich mit einem bestimmten Ziel zusammenfinden. In Schulklassen ist es, bezogen auf gesellschaftliche Probleme, in aller Regel nicht der Fall.
Fountain (1996, S.201-203) gestaltet die Beschäftigung mit Zukunftsszenarien ergebnisoffen, und wird damit einem nicht-mechanistischen Weltbild eher gerecht. Aufgabe ist es, zu einem gemeinsam festgelegten Thema eine Nachrichtensendung für die Zukunft zu gestalten. Es werden Gruppen gebildet, und jede Gruppe erhält ein "Zukunftsszenario" (vgl. Kasten), auf dessen Grundlage die Sendung geschrieben werden soll. Die Sendungen werden dem Plenum vorgetragen. Anschließend diskutiert die Klasse, wie die einzelnen Szenarien auf sie gewirkt haben, welche sie für wahrscheinlich oder unwahrscheinlich hält, welches sie selbst für wünschenswert hält, oder ob sie eine Mischung aus mehreren Szenarien bevorzugen würde. Inhaltlich wird in dieser Form der Arbeit mit Szenarien nicht mehr und nicht weniger diskutiert als in der ersten Form auch. Sie läßt dem einzelnen Schüler aber die Möglichkeit, sich auch gegen Mehrheiten für seine Zukunft zu entscheiden. Entsprechend diesen jeweils eigenen Vorstellungen werden Handlungsmöglichkeiten diskutiert. Darüber hinaus bietet diese Technik die Möglichkeit, Zukunftsdarstellungen in Zeitungen und Fernsehen daraufhin zu überprüfen, welchem Szenario gemäß dort die Meldungen aufgebaut werden. Die Schüler erhalten damit ein Werkzeug an die Hand, die Vorstellungen anderer kritisch zu bewerten. Schritte in Richtung "Dialektik der Utopie" wären so gemacht.
Mögliche Szenarien
1 Das "Alles wie immer"-Szenarium: Die Zukunft wird im wesentlichen genauso sein wie die Gegenwart. Mit lokalen, nationalen und globalen Problemen wird fast genauso umgegangen wie heute, und die Einstellungen gegenüber diesen Problemen werden denen von heute ähneln.
2 Das "Katastrophen"-Szenarium: Die Probleme von heute wie Hunger, Umweltverschmutzung, Armut und Krieg werden sich noch verstärken. Zu irgendeinem Zeitpunkt wird es eine weltweite Katastrophe oder einen Zusammenbruch der menschlichen und natürlichen Systeme geben.
3 Das "autoritäre" Szenarium: Katastrophen werden durch mächtige, alles kontrollierende Regierungen verhindert. Starke Regierungseingriffe werden für Ordnung sorgen und Rohstoffe verteilen.
4 Das "Technologie"-Szenarium: Aktuelle Probleme werden durch die Entwicklung neuer mächtiger Technologien gelöst. Die Ausdehnung wissenschaftlicher und technologischer Forschung und Entwicklung ist die einzige Möglichkeit, kritische Weltprobleme zu lösen.
5 Das "human-ökologische" Szenarium: Globale Probleme können gelöst werden durch eine Veränderung der Einstellungen hin zu ökologischem Bewußtsein, Gerechtigkeit in menschlichen Beziehungen und einem Verständnis dafür, daß für eine Partnerschaft zwischen Mensch und Natur ein Gleichgewicht bestehen muß. Die Bedeutung zentraler Autoritäten wird reduziert.
(aus: Fountain, S.: Leben in Einer Welt. Anregungen zum globalen Lernen. - Braunschweig, 1996, S.203)
Es können natürlich noch weitere Szenarien hinzugefügt werden, z. B. könnte ein ökologisches und ein humanes Szenario jeweils eigenständig angeboten werden.
(aus: Schramke, W.; Uhlenwinkel, A.: Zukunftsentwürfe im Geographieunterricht. - In: Praxis Geographie, Heft 2, 2000, S.6 und 7)
Wochenpläne werden von den meisten Autoren als eine Form von Freiarbeit angesehen, die einen relativ leichten Übergang vom gebundenen zum offenen Unterricht ermöglicht (Gervé, 1994; Vaupel, 1996; Rademacher, Schulze, 1998) Sie bestehen in aller Regel aus einer Anzahl von Pflicht- und Wahlaufgaben, aus denen die Schüler sich ihr eigenes Lernprogramm für den Zeitraum von einer Woche zusammenstellen können (Vaupel, 1996). Neben der möglichen thematischen Schwerpunktwahl bei den Wahlaufgaben, haben die Schüler die Möglichkeit, die Reihenfolge der Bearbeitung der Aufgaben weitgehend selbst festzulegen. Vorgaben werden hier nur dort gemacht, wo es inhaltlich sinnvoll erscheint. Ähnliches gilt für die Wahl der Sozialform. Ziel der unterschiedlichen Wahlangebote ist es, Schülern mit unterschiedlichem Leistungsstand, unterschiedlichem Lerntempo und unterschiedlichen Interessen Möglichkeiten zu sinnvollem Lernen zu eröffnen. Gerade dieses Ziel, das binnendifferenzierende Aufgabenstellungen verlangt, wird selten wirklich erreicht. Häufig erscheinen Wochenpläne als ein eher hausbackenes Aufgabenblatt (Hagstedt, 1991), das stark an den programmierten Unterricht der 70er Jahre erinnert (Gervé, 1994) und in dem es im Prinzip nur um die Vermittlung von Faktenwissen geht (Rademacher, Schulze, 1998). Damit Wochenpläne zu einer sinnvollen Organisationsform von offenem Unterricht werden, müssen sie sowohl tätigkeitsorientiert als auch teilnehmerzentriert arbeiten. Teilnehmerzentriert arbeiten heißt, “dass in gelingenden Lernprozessen jede und jeder Beteiligte erkennen können soll, dass sie oder er wirklich ‘vorkommt’ als Person und Individuum” (Schramke, 1999, S.95).Tätigkeitsorientiert arbeiten heißt, “dass (Lernende) etwas Eigensinniges tun, an dem sie sich ausprobieren können” (ebd., S.94) und das sie später der gesamten Klasse präsentieren können. Beides heißt vor allem Abschied nehmen von den ein-eindeutigen Abfrageblätter, die nur richtige und falsche Antworten, gute und schlechte Lösungen zulassen.
(Quelle: Uhlenwinkel, Anke: “Les Grands Projets”: Ein Wochenplan zu den urbanen Entwürfen von Paris. - In: Praxis Geographie, H. 7-8, 2000, S. 8-13)
Wochenplan zum Leben der Inuit
Pflichtaufgaben
- 1922 hat Robert J. Flaherty den ersten Dokumentarfilm in Spielfilmlänge gedreht. Er berichtet darin vom Leben der Inuit am Hopewell Sound in Nord-Ungava (Kanada). Der Film ist ein Stummfilm, d.h. es gibt keine gesprochenen Texte. Alles, was Flaherty den Zuschauern sagen will, hat er auf Tafeln geschrieben, die zwischen die Szenen eingeblendet wurden. In M 1 findest du die Texte von einigen der Tafeln. Welche Bilder könnten wohl zu diesen Aussagen gezeigt worden sein? Zeichne ein Bild oder eine Bildfolge, um deine Vorstellungen festzuhalten.
- Nanook, der „Hauptdarsteller“ des Films, ist ein erwachsener Inuit mit Familie. Er gilt als erfahrener Jäger, dem sich andere gerne anschließen. Überlege, zu welcher Erwachsenengeneration er wohl gehören könnte: Deinen Eltern? Deinen Großeltern? Deinen Urgroßeltern?....... Stelle dein Ergebnis mit Hilfe einer Zeitleiste dar.
- Was könnte sich im Leben der Inuit zwischen damals und heute verändert haben? Erstelle eine Spiegelstrichliste.
Wahlteil
Im Wahlteil werden einige Lebensbereiche der Inuit genauer vorgestellt:
das Kunsthandwerk als Einkommensquelle
die Schule
die Gesundheitsversorgung.
- Suche dir einen dieser Bereiche aus, mit dem du dich gerne näher beschäftigen möchtest. Zu diesem Bereich sollst du alle gestellten Aufgaben bearbeiten, damit du dich wirklich gut auskennst.
- Suche dir einen zweiten Bereich aus. Zu ihm sollst du nur zwei Aufgaben deiner Wahl bearbeiten. Das hilft dir, deinen Spezialbereich besser einzuordnen.
Das Kunsthandwerk als Einkommensquelle
- Stelle auf einem Stück Packpapier die Wirtschaftsbeziehungen der Inuitgesellschaft graphisch dar, z. B. als Funktionsschema oder als Concept Map.
- Überlege, welche Probleme es bei der weltweiten Vermarktung der Inuitkunst geben könnte. Notiere deine Ergebnisse auf einer OH-Folie.
- Unterbreite der Regierung von Nunavut einen Vorschlag für die Ausweitung des Kunsthandwerks. Was soll warum gefördert, eingeführt oder aufgegeben werden?
- Erstelle ein Faltblatt für die Schulabgänger Nunavuts, auf dem du sie über ihre beruflichen Möglichkeiten in Nunavut informierst.
- In deiner Stadt wird im Museum Kunst der Inuit gezeigt. Schreibe einen Kommentar für die Schülerzeitung. Titel: „Die Inuit – ein Volk der Künstler?“
Die Schule
- Du hast die Chance als Austauschschüler oder Austauschschülerin nach Igloolik zu gehen. Stelle auf einem Bogen Packpapier einen möglichen Tagesablauf in Form einer Collage dar.
- Erstelle eine Liste mit den angebotenen Unterrichtsfächern der Klasse 7 der Attaguttaaluk Elementary School. Welche Fächer bzw. Angebote gibt es an Deiner Schule nicht? Überlege, was in diesen Fächern behandelt werden könnte und warum sie auf dem Stundenplan stehen.
- Bei uns gibt es keine besondere Stunde, in der du etwas über „deine Kultur“ erfährst (M 3.1). Überlege, was in solch einer Stunde vermittelt werden müsste und wozu du es gebrauchen könntest. Halte deine Ergebnisse in einer Mind Map fest.
- Immer mehr Schüler in Nunavut können eine Oberstufe in ihrer Heimatgemeinde besuchen. Versuche graphisch darzustellen, wie sich eine solch gute Versorgung mit der Zeit entwickelt hat. Nutze dabei die Städte und Gemeinden aus M 3.3 als Beispielsorte.
- Nachdem du von deinem Austausch zurückgekommen bist, möchte deine große Schwester wissen, wie die Chancen sind, in Nunavut eine Lehrerstelle zu bekommen. Schreibe das Gespräch zwischen euch beiden auf. Vielleicht kannst du es bei der Präsentation mit einem Mitschüler oder einer Mitschülerin als szenisches Spiel aufführen.
Die Gesundheitsversorgung
- Warum kommt eine schwarze Krankenschwester aus Los Angeles zum Arbeiten nach Nunavut? Erstelle eine Spinnwebanalyse, in der du mögliche Gründe und ihre Verknüpfungen darstellst.
Wie stellst du dir einen Tagesablauf von Barbara vor? Formuliere einen Tagebucheintrag.
In Nunavuts Schulen gibt es ein Fach „Gesundheitskunde“. Die örtliche Schulbehörde wendet sich mit der Bitte an dich, ein Plakat zu Vorbeugemaßnahmen für die Schüler zu entwerfen.
Umingmaktok hatte 2001 eine der geringsten Einwohnerzahlen von Nunavut, Rankin Inlet dagegen die höchste.
4.1. Erstelle eine Tabelle mit Gründen, die Menschen dazu bewegen könnten, in diese beiden Orte zu ziehen oder sie zu verlassen.
4.2. Stelle dir vor, du wärst ein junger Inuit. Überlege, in welchen Ort in Nunavut du mit deinem Großvater, der mit verschiedenen Krankheiten zu kämpfen hat, ziehen würdest. Dein Großvater ist noch sehr stark in den alten Traditionen der Inuit verhaftet. Versuche deinem Großvater den neuen Wohnstandort in einem Gespräch schmackhaft zu machen. Vielleicht kannst du es bei der Präsentation mit einem Mitschüler oder einer Mitschülerin als szenisches Spiel aufführen.Dein großer Bruder möchte gerne als Zahnarzt nach Nunavut gehen.
5.1. Welchen Standort würdest du ihm mit deinen jetzigen Kenntnissen empfehlen? Begründe.
5.2. Was müsstest du noch herausfinden, um einen besser begründeten Vorschlag zu machen? Notiere Fragen.
(Die Materialien für diesen Wochenplan finden sich in: Uhlenwinkel, Anke: Nanooks Enkel – Wie leben Eskimos heute wirklich? Ein Wochenplan zum Leben der Inuit. – In: Praxis Geographie, H. 10, 2003, S. 31-28)
„Wenn Kreativität die Fähigkeit voraussetzt, Beziehungen zwischen vorher unbezogenen Erfahrungen oder Gedanken zu finden, eine Idee, ein Konzept oder eine Technik mit einer anderen Idee, einem anderen Konzept oder einer anderen Technik zu kombinieren (vgl. Sikora 2001, S. 11 f.), ist es zweifellos hilfreich, aus eingefahrenen Denkbahnen herauszukommen. Kreativitätstechniken sollen helfen, das Denken von seinen routinierten Wegen abzubringen, neue Fragen zu stellen und andere Perspektiven auf ein Problem einzunehmen. Viele bekannte Kreativitätstechniken greifen dabei auf drei Prinzipien zurück:
das Prinzip der Verfremdung,
das Prinzip der verzögerten Bewertung und
das Prinzip der zufälligen Anregung. (...)
Das Prinzip der zufälligen Anregung (random input) ist vor allem mit dem Namen Edward de Bono verknüpft. Seine Botschaft nimmt eine der wohl verbreitetsten Erfahrungen auf: daß wir häufig gerade dann nicht auf einen Namen oder einen Gedanken kommen, der uns „auf der Zunge liegt“, wenn wir verzweifelt mit aller Kraft logisch danach in unserem Gedächtnis graben. Wenn wir dagegen lateral denken, die Erinnerungs-Anstrengung lockern, über etwas Anderes nachdenken oder reden, blitzt das vorher Gesuchte plötzlich auf. Wir suchen ein Zweites und finden nebenbei und zufällig das Erste.
Diesem Zufall läßt sich methodisch auf die Sprünge helfen durch Kreativitätstechniken, die uns nahelegen, jede Information und jede Anregung zuzulassen, so belang- oder zusammenhangslos sie uns auch zunächst vorkommen mögen. Bewußt wählen können wir solche zufälligen Anregungen nicht, weil sie unserem gegenwärtigen, mit einem bestimmten Problem beschäftigten Denken entsprängen und keine wirkliche Provokation erzeugten. De Bono schlägt deshalb mehrere Verfahren vor, random inputs zu generieren:
1. Man stellt eine Liste von 60 durchnumerierten Substantiven zusammen (Feuer, Tisch, Schuhe, Nase, Hund Flugzeug, Hamburger, Tiger usw.). Wenn man dann ein Zufallswort braucht, schaut man auf seine Uhr und merkt sich, welche Sekunde sie gerade zeigt. Diese Ziffer weist auf das Wort aus der Liste, das jetzt zum Zuge kommt. Hat man eine Uhr, die Hundertstel-Sekunden anzeigt, kann man eine Liste mit hundert Wörtern zusammenstellen. Auf jeden Fall solle man jedes halbe Jahr die Liste ändern, um zu unverbrauchten Wörtern zu kommen.
2. Man benutzt ein Wörterbuch, denkt sich eine Seitenzahl (z. B. S. 82) und die Position des Wortes auf dieser Seite (z. B. das achte Wort von unten). Wenn sich herausstellt, daß dieses Wort kein Substantiv ist, geht man weiter, bis das erste auftaucht.
3. Man schließt die Augen und steckt einen Finger in eine Zeitung oder ein Buch und nimmt das dem Finger nächste Wort (de Bono 1996, S. 178 f.).
Ein Beispiel:
In einer geographiedidaktischen Lehrveranstaltung gebe ich den Seminarteilnehmern als Problem vor: „Ich möchte mein Kollegium überzeugen, daß wir im nächsten Schuljahr mit Freiarbeit beginnen sollten.“ Aus unserer Zufallswort-Dose (vgl. Mat. 2) zieht eine Studentin die (laminierte) Karte „Schiff“, stutzt, denkt nach und formuliert: „Was sind die Eigenschaften eines Schiffes? Es ist heute oft ein Ungetüm, von gewaltiger Masse, Kursänderungen lassen sich mit diesem trägen Gefährt nur langsam vollziehen. Es hat einen Kapitän, den ich zuerst von der Notwendigkeit eines Kurswechsels überzeugen muß, vielleicht auch noch den Ersten Offizier - auf jeden Fall aber den Smutje, denn wenn das Essen nicht schmeckt, ist eine Meuterei zu befürchten. Die Mannschaft müßte ich zu überzeugen versuchen, daß das neue Ziel auch für sie attraktiver ist, als am alten Kurs festzuhalten ...
Wer an meiner Schule der Kapitän ist, ist mir klar. Und der Erste Offizier? Und der Koch? Zu welchem Speiseplan könnte ich den überreden? Und wo liegen die Vorteile des neuen Ziels für die Mannschaft? Vielleicht sollte ich diese Vorteile erst einmal in Einzelgesprächen deutlich machen! Auf jeden Fall wird das alles wohl nicht aus dem Stand heraus gelingen. Ich muß geduldig und beharrlich und planvoll vorgehen.“
Die Zufallswort-Technik (auch „Reizwort-Analyse“, frz. „superposition“, vgl. Sikora 2001, S. 47 f.) läßt sich vorzüglich in Phasen einsetzen, wenn die Arbeit einer Gruppe stagniert, wenn „das verdammte weiße Blatt“ Angst vorm Anfangen eines längeren Projekts macht oder wenn zusätzliche Ideen gebraucht werden.
Die Lust an der spielerischen Einlassung auf die Verbindung von Unvereinbarem kann kreative Schübe freisetzen - wenn man jedenfalls einige Fallgruben meidet:
Es macht beim Einsatz dieser Technik keinen Sinn, zeigen zu wollen, wie geschickt man die Zufalls-Anregung an eine bereits gehegte Idee anschließen kann. Zweck der Technik ist, auf neue Ideen zu kommen, und nicht, sich mit Entschuldigungen für die Verfolgung alter Ideen zu versorgen.
Das gezogene Wort ist als gegeben zu akzeptieren und zu verwenden. Schon die Verwendung nur eines Wortteils, nur um einen zu den eigenen Ideen besser „passenden“ Begriff zu finden, gibt die provozierende Wirkung verloren.
Das gleiche geschieht, wenn man zu viele Denk- und Formulierungsschritte versucht: „Das bedeutet ... das führt dazu, daß ...und das erinnert mich daran ... usw.“ Bei zu vielen Schritten kommt man irgendwann bei einem schon gehegten Gedanken an und gibt die Wirkung der Provokation auf.
Man sollte auch nicht alle Charakteristika des Zufallswortes aufzuzählen versuchen; das birgt nur die Gefahr, daß man diese Liste durchgeht, bis man irgend etwas sehr gut „Passendes“ findet - und der provokative Effekt verloren ist. Mit dem ersten Merkmal anfangen und probieren, ob es funktioniert!
Die Regeln schließen wird deshalb auch aus, ein gezogenes Wort für unbrauchbar zu erklären und ein neues zu nehmen. Das läuft abermals nur darauf hinaus, auf ein Wort zu warten, das zu bereits bestehenden Ideen „paßt“. Der einzige Fall, in dem es zulässig ist, ein anderes Wort zu ziehen, liegt dann vor, wenn die Beziehung zwischen dem Problem und dem zuerst gezogenen Wort so schlagend und eng ist, daß ihre Verbindung keine Herausforderung darstellt (vgl. de Bono 1996, S. 181 f.).
(Den vollständigen Text, die Zufallswort-Liste und die Literaturverweise finden Sie im Artikel: Schramke, Wolfgang 2002: Kreativitätstechniken im Geographieunterricht; in: Praxis Geographie, H. 11, S. 4-8)