Hintergrund
Der Weg zum GlobaLab
Die Universität Bremen blickt auf eine lange Geschichte der Solidarität zurück. Seit ihrer Gründung übernimmt sie gesellschaftliche Verantwortung und arbeitet an drängenden Fragen der Zeit. Solidarität ist aber nicht nur ein gelebter Wert, sondern auch Gegenstand der Forschung. So ist institutionalisierte Solidarität durch Sozialpolitik und Wohlfahrtsstaat seit 50 Jahren ein zentraler Forschungsschwerpunkt.
Aufstieg als globaler Hub für sozialwissenschaftliche Forschung
Das Ergebnis ist eine sehenswerte Erfolgsbilanz in der sozialwissenschaftlichen Forschung. Dazu gehört eine sehr hohe Expertise in der Erforschung von Sozialpolitik und sozialer Ungleichheit sowie umfangreiche Erfahrungen mit groß angelegten Forschungsverbünden. Seit 1988 hat die Universität Bremen allein in den Sozialwissenschaften drei aufeinanderfolgende DFG-geförderte Sonderforschungsbereiche (SFB) eingeworben - eine außerordentliche Leistung, die kaum eine andere Institution je erreicht hat.
Das hat die Struktur der Universität geprägt, zum Beispiel mit der Gründung des Zentrums für Sozialpolitik (ZeS) 1989 und seiner Weiterentwicklung zum SOCIUM - Forschungszentrum für Ungleichheit und Sozialpolitik im Jahr 2015. Weiterhin wurde das Deutsche Institut für Interdisziplinäre Sozialpolitikforschung (DIFIS) etabliert.
Außerdem wird im aktuellen Sonderforschungsbereich 1342 "Globale Dynamiken der Sozialpolitik" der analytische Blick erweitert und von der nationalen Regierungsebene auf Abhängigkeiten und Wechselbeziehungen zwischen verschiedenen Gesellschaften sowie zwischen dem globalen Norden und dem globalen Süden gerichtet.
Thematisch wird in Bremen unter anderem der Zusammenhalt innerhalb einer Gesellschaft betrachtet. Das spiegelt sich wider im bundesweit tätigen Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ), zu dessen koordinierenden Standorten Bremen gehört. Hier steht die Frage im Fokus, inwieweit soziale, kulturelle und politische Unterschiede und Konflikte die gesellschaftliche Solidarität innerhalb und zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen untergraben. Gleichzeitig wird untersucht, wie der Zusammenhalt wieder gestärkt werden kann. Konkret geht es um Herausforderungen für die gesellschaftliche Integration, darunter Globalisierungskritik, Rechtspopulismus, wachsende Ungleichheit sowie ethnische und kulturelle Vielfalt.
Ein weiterer wichtiger Teil der Bremer Sozialwissenschaften ist die BIGSSS: die Bremen International Graduate School of Social Sciences. Sie wurde im Rahmen der Exzellenzinitiative für den maximalen Zeitraum von 2007 bis 2019 gefördert und nimmt Doktoranden aus der ganzen Welt auf.
Unter welchen Bedingungen ist globale Solidarität in einer fragmentierten Welt möglich?
Der nächste geplante Schritt ist eine Kombination der beiden genannten Forschungsstränge - also die Analyse institutionalisierter Solidarität und sozialem Zusammenhalt in einer globalen Perspektive. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Bremer Sozialwissenschaften entwickeln dafür ein transnationales Kooperationsformat mit dem Ziel, eine neue Forschungsinitiative zur globalen Solidarität aufzubauen: GlobaLab.
Die zentrale Frage ist, ob und unter welchen Bedingungen globale Solidarität in einer zunehmend fragmentierten Welt möglich ist. Mit dem Bremen Collaboratory on Global Solidarity will das GlobaLab-Team eine neue Forschungsinfrastruktur schaffen, um unterschiedliche inhaltliche, analytische und methodische Perspektiven und Ansätze zu verbinden und Forscherinnen und Forscher aus aller Welt zu einer gleichberechtigten Kooperation auf Augenhöhe zusammenzubringen.
Klimakrise, Gewalt, Ungleichheit: Keine Lösung ohne Solidarität
GlobaLab konzentriert sich zunächst auf drei weltweite Herausforderungen, die ohne Solidarität nicht zu lösen sind: die Klimakrise, gewaltsame Konflikte und Kriege sowie globale wirtschaftliche Ungleichheiten. Um diese Probleme zu bewältigen, müssen sehr unterschiedliche Länder und ihre Einwohner und Einwohnerinnen zusammenarbeiten. Solidarität bedeutet hier also, dass wechselseitige Unterstützung und Hilfe zwischen sehr ungleichen und heterogenen Ländern stattfindet - zwischen starken und schwachen, reichen und armen, von der Klimakrise unmittelbar bedrohten und weniger stark betroffenen Staaten.
Hinweis: Dieser Text ist eine angepasste Fassung des Artikels "Solidarität: Ein Forschungsthema seit 50 Jahren". Der Artikel wurde in up2date. im September 2023 veröffentlicht.