Auf einer Pressekonferenz in Wien gaben die Professoren Gerold Wefer, Universität Bremen, und Michael Strasser, ETH Zürich, erste Ergebnisse ihrer Expedition mit dem Forschungsschiff SONNE vor der japanischen Küste bekannt. Die Reise galt den Spuren, die das große Tohoku-Erdbeben vom 11. März 2011 am Meeresboden hinterlassen hat. Es zeigte sich, dass das Megabeben, das vor mehr als einem Jahr den verheerenden Tsunami ausgelöst hatte, große Sedimentmengen aufwirbelte und umlagerte. Sedimentproben aus bis zu 7.700 Meter Wassertiefe enthielten Hinweise auf weitere Megabeben, die sich in jüngerer Erdgeschichte ereigneten.
Die Fahrt, an der auch japanische und schweizerische Wissenschaftler teilnahmen, fand vom 8. März bis 6. April 2012 statt. Leiter der Expedition, die vom Bundesministerium für Forschung und Bildung sowie von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert wurde, war Professor Gerold Wefer, Direktor des Zentrums für Marine Umweltwissenschaften an der Universität Bremen (MARUM). Das insgesamt 33-köpfige Team untersuchte Meeresregionen im Epizentrum des großen Bebens. Japanische Forscher lokalisierten das Epizentrum etwa 70 Kilometer vor der Küste der größten japanischen Insel Honshu in rund 32 Kilometer Tiefe.
Trotz heftiger Winde und hohem Seegang konnte der Tauchroboter MARUM-QUEST zwei japanische Tiefseeobservatorien in rund 2.700 Meter Wassertiefe ansteuern. „Dabei zeigte sich, dass eines der beiden Observatorien offenbar infolge des Erdbebens nach Südosten versetzt worden war“, berichtet Expeditionsleiter Wefer. Auch Messungen japanischer Forscher belegen, dass Teile der Erdkruste im Bereich des Japan-Tiefseegrabens durch das Beben um etwa 50 Meter, einige Bereiche der Küste von Honshu immerhin noch um bis zu fünf Meter nach Osten versetzt worden waren.
Fächerecholot-Messungen am Meeresboden bestätigten diesen Versatz im Bereich des Epizentrums. Der Datenvergleich mit Kartierungen, die von japanischen Wissenschaftlern auf den gleichen Profilen bereits 1999 und 2004 durchgeführt worden waren zeigte, dass weiter nördlich bzw. südlich keinen Versatz festzustellen ist. „Die Bewegungen der Erdkruste scheinen also auf einen relativen engen Bereich beschränkt zu sein“, so der Wefer.
Auf einem zweiten Fahrtabschnitt gewann das SONNE-Team Proben vom Meeresboden. Mit Hilfe des Schwerelots, einer Art Hohlzylinder, wurde insgesamt 95 Meter Sedimentkerne von etwa 12 Zentimeter Durchmesser an die Oberfläche gebracht. Die Proben stammen sowohl aus flacheren, küstennahen Bereich als auch aus den Tiefen des Japan-Grabens und wurden in Meerestiefen von etwa 1.350 bis zu 7.550 Metern gewonnen.
Professor Michael Strasser, Geologe an der Eidgenössisch-Technischen Hochschule Zürich (ETHZ), führte erste Untersuchungen der Sedimentproben im Geolabor der SONNE durch. Dabei ergab sich, dass das Beben untermeerische Rutschungen auslöste und große Sedimentmengen umlagerte. Während seiner noch vorläufigen Untersuchungen stieß der früher am MARUM tätige Geologe auch auf die Spuren dreier großer früherer Erdbeben. „Weitere Analysen in unseren heimatlichen Labors durchführen, werden zeigen müssen, was es mit diesen älteren Megabeben auf sich hat bzw. wann sie sich ereigneten“, sagt Strasser. „Erst danach können wir hoffentlich Aussagen darüber treffen, im welchem zeitlichen Rhythmus sich Starkbeben wie das vor gut einem Jahr ereignen.“
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