(AKAD06) Künstliche Intelligenz im Gegenwartsroman

In diesem Seminar sollen der mit dem österreichischen Buchpreis ausgezeichnete Roman „Dave“ (2021) von Raphaela Edelbauer sowie der Roman „Klara und die Sonne“ (2021) des Literaturnobelpreisträgers Kazuo Ishiguro diskutiert werden. Beide Romane sind auf sehr eigene Art und Weise eindrucksvoll: so geht es weniger um den technischen Aspekt der Künstlichen Intelligenz, sondern vielmehr um zwischenmenschliche und ethische Fragen, um die Lebensbedingungen der Zukunft, um Vergänglichkeit, Liebe und Sinn. Die entscheidende Frage, die beide Romane nachdrücklich stellen, ist die, wie der Mensch im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz seine Menschlichkeit bewahren will oder kann.

Raphaela Edelbauers dystopischer Roman „Dave“ (2021) spielt in einem riesigen Labor auf einer ansonsten unbewohnbar gewordenen Erde. Der Ich-Erzähler mit dem Namen Syz ist vom gewöhnlichen Programmierer zum Mitglied einer geheimen Forschungsgruppe aufgestiegen. Während sein gesamtes Denken und Erleben in die Modellierung der titelgebenden Mensch-Maschine „Dave“ einfließt, damit sie die Urteilskraft und Kreativität eines menschlichen Bewusstseins erlangt, gerät seine anfänglich blinde Technikgläubigkeit ins Wanken. Die Komplikationen und das Aufbegehren, das daraus folgt, bringen im Verlauf des Romans einige überraschende Wendungen mit sich. In Rezensionen wurde Edelbauers Werk empfohlen als „aberwitziger und komplexer Science-Fiction-Roman“ sowie als „gelungene Literarisierung der aktuellen KI-Debatten“. Gelobt wurden zudem Edelbauers „lakonisch-schwarzer Humor und ihre federnde Sprache“.

Im Gegensatz dazu wirkt Ishiguros Roman wie ein melancholisch-liebevolles Zukunftsmärchen. Es ist die Geschichte der Ich-Erzählerin Klara, eine KF – eine künstliche Freundin -, die als aufmerksame und empathische Gefährtin für Jugendliche entwickelt wurde, um diese beim Erwachsen-Werden zu begleiten. Klara, die selbst solarbetrieben ist, erlebt eine besondere Beziehung zur Sonne, der sie eine gottartige heilende Wirkung zuspricht. Mit dieser will sie Josie, ein 14jähriges, kränkelndes Mädchen, retten. Auch die Geschichte um Klara und Josie nimmt einige überraschende Wendungen, vor allem, weil die künstliche Intelligenz Klara alle menschlichen Existenzstadien zu durchleben scheint und so mitunter menschlicher wirkt als die eigentlich menschlichen Figuren. Zentrales Thema des Romans, den Ishiguro seiner verstorbenen Mutter gewidmet hat, ist jedoch die nach der Kraft der Mutterliebe. Was ist die Mutter bereit, für den Erfolg des Kindes in einer gnadenlosen Gesellschaft zu riskieren? Wie geht sie mit dem drohenden Verlust ihres Kindes um?

Kazuo Ishiguro wurde am 8. November 1954 in Nagasaki geboren. 1960 zog seine Familie nach Großbritannien, wo er seitdem lebt. Während des Studiums der Anglistik und Philosophie verdingte sich Ishiguro als Sozialarbeiter in Schottland. In dieser Zeit begann er zu schreiben. Später arbeitete er mit Obdachlosen in London. 1979/80 erhielt Ishiguro die Möglichkeit, an einem Creative-Writing-Programm teilzunehmen. Kurz darauf erschienen seine ersten Kurzgeschichten. Der Erfolg seines ersten Romans „Damals in Nagasaki“ (1982) veranlasste Ishiguro, fortan als freier Schriftsteller zu leben. Bekannt wurde Ishiguro durch die auch erfolgreich verfilmten Romane „Was vom Tage übrig blieb“ (1989) sowie „Alles, was wir geben mussten“ (2005).

Raphaela Edelbauer wurde 1990 in Wien geboren. Die Eltern, eine Ethnologin und ein philosophieinteressierter Physiker, inspirierten Edelbauer in vielen Diskussionen, sich sowohl mit geistes- wie auch naturwissenschaftlichen Perspektiven auseinanderzusetzen. Ab 2008 studierte Edelbauer Sprachkunst an der Universität für Angewandte Kunst Wien. Ab 2009 veröffentlichte sie erste literarische Werke in Magazinen und Anthologien, trat auf Literaturfestivals auf und verfasste Auftragsarbeiten. 2012 begann Edelbauer wegen ihres Interesses für Sprachphilosophie ein Philosophiestudium an der Universität Wien. 2019 erschien Edelbauers erster Roman „Das flüssige Land“, das es auf die Shortlist des Österreichischen und des Deutschen Buchpreises brachte. Nach „Dave“ (2021) veröffentlichte Edelbauer den am Vortag des Ersten Weltkriegs spielenden, ebenfalls empfehlenswerten Roman „Die Inkommensurablen“ (2023).
 


Dozentin:          Dr. Ina Düking

Zeit:                 13 x montags,    14:15 s.t. - 15:45 Uhr,  ab dem 14.10.2024 (nicht am 16.12.2024)

Veranstaltungsart:    Online-Seminarreihe

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