(N) Daniel Kehlmann: „Lichterspiel“ (2023)

Daniel Kehlmann
Daniel Kehlmann

Daniel Kehlmann, 1975 in München geboren, wurde für sein Werk unter anderem mit dem Candide-Preis, dem Kleist-Preis und dem Thomas-Mann-Preis ausgezeichnet. Sein Roman „Die Vermessung der Welt“ zählt zu den erfolgreichsten Büchern der Gegenwart.
In seinem neuen Roman „Lichtspiel“ thematisiert der Autor die moralische Verstrickung des Künstlers in der nationalsozialistischen Zeit. Im Zentrum seines historischen Romans steht der heute nahezu unbekannte österreichische Filmregisseur Georg Wilhelm Pabst (1885-1967), der neben Fritz Lang und F. W. Murnau zu den renommiertesten Filmkünstlern der Weimarer Republik zählte. Georg Wilhelm Pabst war der Regisseur, der der unbekannten Greta Garbo durch seinen Stummfilm „Die freudlose Gasse“ zu großem Ruhm verhalf. Pabst galt als Avantgardist in Sachen Film, er hatte 1931 Bertolt Brechts „Dreigroschenoper“ verfilmt; Brecht sah seine Vorstellungen nicht umgesetzt und es kam zu einem Prozess gegen Georg Wilhelm Pabst und gegen die Filmgesellschaft.
„Da der Film gleich bei seiner Uraufführung von den faschistischen Politikern nicht nur heftig angegriffen, sondern dort, wo sie Macht besaßen, einfach verboten wurde, fiel ihm in der politischen Öffentlichkeit eine aktive, streitbare Rolle zu.“ (zit. nach W. Mittenzwei, B. Brecht, I., 423)

Daniel Kehlmanns Roman folgt der historischen Spur des umstrittenen Filmkünstlers: Pabst flieht 1934 vor den Verbrechen der neuen Macht in Deutschland nach Hollywood, hier scheitert der einst Hochgelobte und kehrt, nachdem er mit seinem dort gedrehten Film „A Modern Hero“ gescheitert war, im Sommer 1339 nach Österreich zurück. Vordergründig um seine kranke Mutter zu besuchen, „man kommt doch auch wieder heraus aus dem Land, denkt man sich“, heißt es im Roman. Offiziell ist Pabst kein Verfolgter des Regimes, doch Österreich gehört seit März 1938 zum „Großdeutschen Reich“. Pabst bleibt, eine Mischung aus Krankheit und Trägheit hält ihn fest. Historische Ereignisse verbindet Daniel Kehlmann in seinem Roman da mit fiktiven Figuren, wo die Ereignisse blinde Flecken hinterlassen haben.
Pabst wird nach Berlin zu Joseph Goebbels zitiert, eine zentrale Stelle im Roman, er versucht zu widerstehen und wird doch immer mehr in die Propagandaarbeit hineingezogen. Eindeutige Propagandafilme drehte Georg Wilhelm Pabst nicht. Seine einzige Chance, dem Unheil zu entrinnen, wäre eine eindeutige politische Haltung, zu der er nicht findet.  „All das geht vorbei,“ sagt er im Roman zu seiner Frau, „aber die Kunst bleibt.“ Seine Frau Trude antwortet „aber die Kunst, die bleibe, sei blutig und beschmutzt“, darauf bleibt Pabst die Antwort schuldig.
Insgesamt drei Filme hat Georg Wilhelm Pabst in dieser Zeit gedreht.
Der letzte, „Der Fall Molander“, der bis heute verschollen ist, spielt im Roman eine wesentliche Rolle.
Mit vielen einzelnen Szenen portraitiert Daniel Kehlmann nicht nur den Regisseur Georg Wilhelm Pabst, er entwirft einen Zeitroman über das 20. Jahrhundert, mit wechselnden Einstellungen und Schnitten folgt er den Mitteln des Films.

 

AUSGABE: Daniel Kehlmann, „Lichtspiel“, Roman, Rowohlt Verlag, Hamburg 2023.

 


Dozentin:  Margrit Platt, M.A.

Termine:    6 x dienstags

  •    13.02., 20.02., 27.02., 05.03., 12.03., 19.03.2024

Zeit:    10:00 (s.t.) bis 11:30 Uhr

Entgelt:    60,- Euro

Veranstaltungsart:    hybrid, in Präsenz (Gebäude GW2, Raum B2900) oder wahlweise Online-Teilnahme

Hinweis:    Teilnehmerbegrenzung: 60 Personen in Präsenz

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