(O) Marion Poschmann: „Chor der Erinnyen“ (2023)

Marion Poschmann
Marion Poschmann

Der neue Roman der renommierten Gegenwartsautorin wird passenderweise in einer Rezension als „Zauberkunststück in Form und Inhalt“ bezeichnet. Wie auch in ihrem sonstigen literarischen Werk erweist sich Poschmann auch hier als feinsinnig, klug und humorvoll. „Chor der Erinnyen“ erzählt von Mathilda, die bereits in dem Roman „Die Kieferninseln“ (2017) auftaucht, ohne jedoch persönlich in den Fokus der Geschichte zu geraten. Nun geht es vollständig um ihr Erleben. Mathilda, die Studienrätin für Mathematik und Musik, im Wesen an sich bedachtsam und verantwortungsbewusst, gerät in Aufruhr: ihr Mann verlässt ohne nachvollziehbare Erklärung und ohne erreichbar zu sein das Haus. Gleichzeitig taucht eine Freundin aus Kindertagen auf; mit einer weiteren Freundin ist sie in einem Haus im Wald verabredet. Zu diesen recht eigenwilligen Begegnungen kommt hinzu, dass ihre sonst eher zurückhaltende Mutter plötzlich eine besondere Wirkung auf sie auszuüben scheint. Mathilda muss sich fragen, ob sie von ihrer Mutter eine mystische Neigung geerbt hat. So heißt es gleich zum Auftakt: „Meine Mutter fürchtet diese Fähigkeit, denn sie sieht die Verstorbenen. Bei mir ist es milder. Mir erscheinen lebende Personen. Sie flackern kurz auf, und ich weiß alles über sie. Wenn auch nur für den einen Moment, in dem wir verbunden sind. Oft geschieht es im Schlaf, wenn ein Traum seinem Ende zugeht und etwas enthüllt, was wahrer ist als der Rest und dessen Klarheit mich erschüttert zurücklässt. Plötzlich wieder allein, und doch nicht. Es bleibt das Gefühl einer Nähe, einer heimlichen Anwesenheit.“

Im Verlauf des Romans erlebt Mathilda, wie ihre Visionen zunehmend Raum einnehmen. Ihre Handschrift verselbständigt sich, geflügelte Frauen tauchen auf, es kommt zu Waldbränden und weiteren mysteriösen Vorkommnissen. Poschmann kreiert eine vieldeutige, allegorische Geschichte auf das Leben von Frauen, auf die Schönheit der Natur, auf die Kraft des Daseins. Am Ende findet Mathilda immer mehr zu sich selbst, so dass auch eine Versöhnung mit ihrem entschwundenen Mann möglich erscheint.

Es ist nicht notwendig, „Die Kieferninseln“ (2017) zu kennen, um den neuen Roman zu ergründen. Wo Verweise sinnvoll sind, wird jedoch im Seminar darauf hingewiesen.

Marion Poschmann wurde am 15. Dezember 1969 in Essen geboren. Nach dem Abitur studierte sie Germanistik, Philosophie und Slawistik in Bonn und Berlin. Eine geplante Dissertation über Friederike Mayröcker und Francis Bacon gab sie wegen eigener literarischer Ambitionen auf. Seit 2003 lebt Poschmann als freie Schriftstellerin in Berlin. Sie schreibt Lyrik, Prosa und Essayistik. Hervorzuheben sind ihr Roman „Die Sonnenposition“ (2013), sowie ihre Gedichtbände „Geliehene Landschaften. Lehrgedichte und Elegien“ (2016) und der mit dem Bremer Literaturpreis prämierte Band „Nimbus“ (2020). Für ihr literarisches Werk erhielt Poschmann seit ihrem Erstling „Baden bei Gewitter“ (2002) zahlreiche Auszeichnungen wie z.B. den Wilhelm-Raabe-Literaturpreis 2013, den Klopstock-Preis für neue Literatur 2018 und den Joseph-Breitbach-Preis 2023 für ihr literarisches Gesamtwerk.

Für diejenigen, die den bislang nur in gebundener Form vorliegenden Roman nicht selbst anschaffen möchten, können Passagen als PDF bereitgestellt werden.

 


Dozentin:    Dr. Ina Düking

Termine:   6 Termine montags und donnerstags

  • Montag,            19.02.2024
  • Donnerstag,    22.02.2024,
  • Montag,           26.02.2024,
  • Donnerstag,    29.02.2024,
  • Montag,           04.03.2024,
  • Donnerstag,    07.03.2024

Zeit:    14:15 (s.t.) bis 15:45 Uhr

Entgelt:    60,- Euro

Veranstaltungsart:    Online-Seminar

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