(U) Der touristische Blick. Koloniale Spuren in unseren (exotischen) Reisefotos

Kolonialisiert
Kolonialisiert

Fotos erzählen Geschichten, und Urlaubsfotos erzählen Geschichten darüber, wie wir unseren „grauen“ Alltag hinter uns lassen und uns mit dem Reisen einen Moment lang den Traum von einem ganz anderen Leben erlauben – je exotischer der Urlaubsort, desto intensiver das Erleben des Fremden und desto spektakulärer die Geschichten, die unsere Bilder erzählen können. Wir „teilen“ sie, kleben sie in Alben, hängen sie an die Wand und an den Startbildschirm – und fragen uns vielleicht, was wir eigentlich gesehen haben.

Motive für Reisen sind so vielfältig wie die Menschen, die sie unternehmen, und die Tourismusindustrie bedient heute ein breites Spektrum an Erwartungen. Der touristische Blick wird vielfältiger und die Geschichten, die Reisefotos erzählen, differenzierter.

Trotzdem beherrscht noch immer eine stereotype Bildsprache die Sicht auf Urlaubsorte, die Anlass gibt, genauer nachzufragen, welche Bilder von der weiten Welt und ihren Menschen wir eigentlich produzieren und heimbringen.
Die Vorlesungsreihe betrachtet mit den Mitteln der Bildanalyse, wie Fotos eigene Geschichten in Szene setzen, jedoch auch Botschaften enthalten, die verstanden, aber nicht bewusst wahrgenommen werden. Denn genau das transportiert die stereotype Bildsprache.

Damit sind die scheinbar ganz privaten Fotos vom ganz individuellen Urlaub in einen größeren, einen kulturellen Kontext gestellt, aus dem wir Wahrnehmungsmuster und Darstellungsformen beziehen.

Die kulturellen Quellen der Reisefotografie liegen in der Kolonialzeit. Denn die Fotografie und auch die Amateurfotografie in den Händen von jedermann und jederfrau entwickelt sich nicht von ungefähr zeitgleich und begleitend-verstärkend mit dem Kolonialismus selbst:  der eurozentrische Blick durch die Kameralinse erzieht den kolonialen Blick auf die Welt. Auch in den eigenen Reisefotos lassen sich diese kolonialen Spuren aufspüren.

Das verweist auch auf die heutigen stereotypen Vorbilder für diese Bildsprache: die Bildproduktion der Tourismusindustrie. Und von hier aus öffnet sich der Blick nicht nur auf das kolonialfotografische Erbe, sondern ebenso auf die deutlichen kolonialen Spuren in den Inszenierungen, die die globalisierte Tourismusbranche in kommerziellen „Urlaubsparadiesen“ im Globalen Süden vornimmt und die ebenfalls in die Untersuchung gehören.
 


Dozentin:    Dr. Helga Rathjen

Termine:   6 x dienstags

  •   13.02., 20.02., 27.02., 05.03., 12.03., 19.03.2024

Zeit:   12:00 (s.t.) bis 13:30 Uhr

Entgelt:    60,- Euro

Veranstaltungsart/ -ort:    hybrid, in Präsenz (Akademie, Raum B 0660) oder wahlweise Online-Teilnahme

Hinweis: Teilnehmerbegrenzung: 40 Personen in Präsenz

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