(Y) Krieg und Frieden - Erklärungen, Reflexionen, Ausblicke

Moshe Zimmermann
Moshe Zimmermann

Frieden ist ein eher seltener Zustand in der uns bekannten menschlichen Geschichte und eine noch junge zivilisatorische Leistung. Nach dem Erringen dieser Leistung kann jeder Krieg als Ausdruck kollektiver Gewaltanwendung gegen Menschen und die von ihnen bewohnte, geschaffene und gestaltete Welt und als Rückfall in einen vor-zivilisatorischen Zustand verstanden werden, drastischer: als Zivilisationsbruch. Dieser trifft - so gesehen – nicht nur auf geführte Kriege zu, sondern auch bereits auf die Anerkennung von Krieg als einer möglichen Art politischen Handelns, einschließlich der entsprechenden Handlungsvorbereitungen jedweder Art. 

Nach zwei verheerenden Weltkriegen im 20. Jahrhundert wurden diese Einsichten nicht nur in populäre Parolen wie „Nie wieder Krieg!“ gefasst, sondern auch in die UN-Charta, die dazu beitragen sollte, Kriege als Konfliktaustragungs-Form zwischen Staaten künftig zu verunmöglichen; die gewonnenen Einsichten motivierten darüber hinaus Abrüstungsverträge und verständigungsorientierte Politik, wie etwa die neu entwickelte deutsch-französische Freundschaft und die Ostpolitik der Regierung von Willy Brandt, der nicht zuletzt dafür den Friedensnobelpreis erhielt. Auch die EU und ihre Vorläufer verstanden sich lange Zeit als Friedensprojekt für Europa; im Jahr 2005 wurde die EU dafür ebenfalls mit dem Friedens-Nobelpreis ausgezeichnet.

Seit dem Ende des Kalten Krieges, dem Untergang der Sowjetunion und der forcierten neoliberalen Globalisierung nach 1990 fanden und finden allerdings auch wirtschafts-, macht- und geopolitische Entwicklungen statt, die erneut zu Kriegen führten, in die Deutschland und die EU nicht zuletzt auch als bedeutende Waffenbauer/-lieferanten, Kriegsunterstützer und Teil der politisch-militärischen Allianzen des Westens involviert waren und sind. Somit sind sie auch erneut zu potentiellen Kriegsschauplätzen geworden und daher mit bisher nie gekannten Dimensionen von Tod und Zerstörung bedroht – abgesehen von der bereits realisierten gigantischen Umweltzerstörung durch aktuelle Kriege und militärische Großmanöver.  

Angesichts dieser beängstigenden Lage stellen sich viele Menschen Fragen nach der Vernunft- sowie der Lern- und Friedensfähigkeit der menschlichen Spezies. Vor 300 Jahren setzte sich Immanuel Kant in seiner Schrift „Zum ewigen Frieden“ u. a. auch damit auseinander; diese war schließlich der wesentliche Bezugstext der 1945 beschlossenen Charta der Vereinten Nationen. In seinem Aufsatz „Zeitgemäßes über Krieg und Tod“ beschäftigte sich Sigmund Freud angesichts des 1. Weltkriegs und in seinem Briefwechsel mit Albert Einstein kurz vor Beginn des 2. Weltkriegs ebenfalls mit diesen Fragen und den psychischen Ursachen von Kriegsbereitschaft und kriegerischem Handeln.

Auch im Seminar soll es aus aktuellen Anlässen um diese Fragen gehen. Von den genannten Autoren gefundene Antworten sollen reflektiert und diskutiert - und eigene gesucht werden.

 

Literaturempfehlungen:

Kant, Immanuel (1795): Zum ewigen Frieden. 4. Auflage. Berlin. Suhrkamp-Verlag, 2016

Freud, Sigmund (2022): Zeitgemäßes über Krieg und Tod + Warum Krieg? Der Briefwechsel mit Albert Einstein. Reclam-Verlag, Ditzingen

Elias, Norbert (1977): Über den Prozess der Zivilisation – Soziogenetische und psychogenetische Untersuchungen, Zweiter Band. Vierte Auflage. Suhrkamp-Verlag. Frankfurt/Main

Zimmermann, Moshe (2024): Niemals Frieden? Israel am Scheideweg. 2. Auflage. Propyläen-Verlag. Berlin

Sandel, Michael (2023): Das Unbehagen in der Demokratie. 2. Auflage. S. Fischer-Verlag. Frankfurt/Main
 


Dozentin:    Dr. Roswitha Peters

Termine:   3 Termine, Dienstag + Mittwoch + Donnerstag

  • 24.09. + 25.09. + 26.09.2024

Zeit:    14:00 (s.t.) bis 17:30 Uhr

Entgelt:    60,- Euro

Veranstaltungsart:    in Präsenz (Akademie, Raum B 1300)

Hinweis:   Teilnehmerbegrenzung: 20 Personen

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