Bremer Medienstudierende treffen Polarwissenschaftler:innen
Das Polareis schmilzt. Wo Gletscher auf dem nordischen Archipel Spitzbergen vor zehn Jahren noch im Meer endeten, erstrecken sich jetzt kilometerweit blanke Felsen. Es gibt kaum eindrücklichere Bilder für die Erderwärmung. Bilder, die schockieren. Lässt sich die Arktis noch retten? Dieser Frage geht seit mehr als zwei Jahren das EU-Forschungsprojekt FACE-IT nach, das von Meeresbiolog:innen der Universität Bremen geleitet wird. Was genau untersuchen die Forscher:innen eigentlich? Und zu welchen Lösungsansätzen kommen sie? Das konnten im Wintersemester rund 20 Bremer Medienstudierende ganz unmittelbar erfahren und entwickelten aus Interviews, Fotos und Forschungsvideos ein umfangreiches Medienpaket für die Kommunikation von FACE-IT.
Von sechs Gletschern im Kongsfjorden auf Spitzbergen enden nur noch drei im Meer, berichtete Professor Kai Bischof den jungen Medienwissenschaftler:innen bei seiner ersten Einführung in das EU-Projekt. Der Bremer Meeresbiologe ist Projektkoordinator von FACE-IT. „Im Kongsfjorden gibt es winzige Algen, die von Eis ummantelt sind, eine einzigartige Species, die am Anfang einer langen Nahrungskette steht. Wenn diese Algen durch die Wassererwärmung verschwinden, dann ändert sich dort ein komplettes Ökosystem.“ Mehr als 60 Wissenschaftler:innen von 13 renommierten internationalen Instituten und Universitäten arbeiten bei FACE-IT mit. Sie erforschen an sieben Projektstandorten in Grönland, Nord-Norwegen und Spitzbergen, wie sich durch den Klimawandel die biologische Vielfalt in der Arktis verändert. „Aber das Hauptanliegen von FACE-IT ist, Lösungsansätze und Vorschläge zu entwickeln, wie sich die Folgen des Klimawandels abmildern und möglichst auch bewältigen lassen“, sagt Dr. Simon Jungblut, Meeresbiologe an der Universität Bremen. „Wir nennen das angepasste Co-Management, und das betrifft dann auch die Menschen und Gesellschaften in den arktischen Regionen, die auf den Klimawandel reagieren müssen.“
In Bremen fand Ende November im Haus der Wissenschaft das jährliche Projektmeeting von FACE-IT statt, nach zwei Jahren Pandemie zum ersten Mal in Präsenz. Für die internationalen Studierenden des englischsprachigen Masters „Digital Media and Society“ am Fachbereich 9 – Kulturwissenschaften - eine ideale Gelegenheit, Vorträge zu hören, Forscher:innen kennenzulernen und Interviews zu führen. Später sichteten sie hunderte Fotos und Videos, die bereits von den Polarforscher:innen erstellt worden waren. Faszinierende Bilder aus der Arktis, die von den jungen Medienwissenschaftler:innen zusammen mit ihren Interviews zu mehreren kurzen Videos, fünf Artikeln und einer kompletten Social-Media-Toolbox verarbeitet wurden. Drei Erasmus-Studenten aus Spanien gestalteten als Zusatzleistung für mehr benötigte Creditpoints auch noch eine Broschüre im Projektdesign. „Das theoretische Konzept für unsere Arbeit beruht auf dem ‚Konstruktiven Journalismus‘, der in Zeiten von oft alarmistischer Krisenberichterstattung Lösungen und Akteure, die nach Lösungen suchen, in den Vordergrund stellt“, erläutert Seminarleiter Christoph Sodemann. „Das war alles schon viel Aufwand“, so eine Kursteilnehmerin aus Mexiko, „aber für uns war es toll, dass wir direkten Kontakt zu den Wissenschaftler:innen hatten und etwas produzieren konnten, das jetzt tatsächlich von FACE-IT genutzt wird.“