Frauen in der Wissenschaft – Fokus Indien
Vier junge Frauen, die vieles gemeinsam haben: Sie kommen aus Indien, sie haben an der Universität Bremen promoviert oder sind gerade dabei, und – sie haben es geschafft. Alle vier sind erfolgreich in ihre akademischen Karrieren gestartet. Vier Geschichten eines vielversprechenden Anfangs, aber – mit vielen Hindernissen und mühsam erarbeitet. Bei der Online-Podiumsdiskussion „Women in Science: Focus India“ haben die jungen Inderinnen von ihren Karrierewegen erzählt und mit anderen Wissenschaftlerinnen diskutiert, wie Frauen im Wissenschaftsbetrieb nach wie vor bestehende Diskriminierungen und Probleme überwinden können. Organisiert wurde die Diskussionsrunde von dem Projekt BIG beim Gleichstellungsbüro der Uni Bremen und dem Indien-Chapter des Alumni-Vereins. Ein spannendes und vor allem notwendiges Gespräch.
1% - in Worten: ein Prozent. Das ist international der Anteil von Frauen in akademischen Führungspositionen. 99 Prozent sind Männer. Was für ein Missverhältnis! Dr. Ajita Srivastava, Dr. Gitanjali Dharmadhikari, Dr. Ketki Tulpule, und Tanya Keni, die vier Podiumsteilnehmerinnen, blicken mit Stolz auf das zurück, was sie erreicht haben. Aber auf dem Weg zu einer Top-Position in der Wissenschaft dürften all ihre Fähigkeiten und Anstrengungen vergebens sein, solange systemische Strukturen das schlicht verhindern. Diesen Missstand stärker öffentlich machen, um endlich Veränderungen zu erreichen – das war das Anliegen dieser Veranstaltung, zu der das Projekt BIG, Bridge between Internationalisation and Gender, und der Alumni-Verein geladen hatten – ein Follow-up zu unserer Podiumsdiskussion im Februar dieses Jahres.
Sie habe sich sehr privilegiert gefühlt, als sie mit 21 Jahren nach Deutschland gekommen sei, so eine der indischen Wissenschaftlerinnen. Es sei unglaublich bereichernd, ergänzte eine andere Podiumsteilnehmerin, die aktuell noch an der Bremen International Graduate School of Social Sciences (BIGSSS) promoviert, mit anderen internationalen Doktorand:innen in einer gemeinsamen akademischen Einrichtung zusammenzuarbeiten. So einige der Highlights auf dem bisherigen Karriereweg der jungen Forscherinnen.
Und was waren die „Lowlights“, wollte die Moderatorin Saumya Pant wissen. Diese Liste war nicht gerade kurz: Enorme Bürokratie, angefangen bei der langwierigen Visa-Erteilung im Heimatland bis hin zur Registrierung hier in Deutschland; finanzielle Hürden – teilweise noch heute müssen internationale Studierende Kautionen von bis 7.000 Euro bei den deutschen Botschaften hinterlegen als Sicherheitsleistung, dass sie auch zurückkehren; Sprachbarrieren; das Gefühl, anders zu sein, verstärkt z.B. durch eine Tätigkeit im Labor nur mit Männern. Und natürlich die Gewöhnung an die deutsche (Zeit-)Disziplin. Sie habe das wirklich als Kulturschock, als den berühmten clash of cultures empfunden, so eine Diskutantin. Schwierigkeiten gab es oft auch im eigenen Umfeld zuhause. Denn in Indien ist es alles andere als selbstverständlich, dass junge Frauen eine akademische Karriere einschlagen, schon gar in den Naturwissenschaften.
Wie lassen sich Beruf und Familie für die jungen Wissenschaftlerinnen verbinden? In der Regel extrem schlecht. Wenn Frauen bessere Chancen erhalten sollen, auch in Spitzenpositionen aufzusteigen, dann muss es im Wissenschaftsbetrieb ganz neue und umfassende Ansätze zur Kinderbetreuung geben. Stichwort Inklusion. Darin waren sich alle Gesprächsteilnehmerinnen einig.
Und was macht Hoffnung? Vielleicht am meisten, das wurde bei dieser Gesprächsrunde deutlich, dass gerade eine Generation von engagierten und selbstbewussten Wissenschaftlerinnen heranwächst, die sich im Wissenschaftsbetrieb behaupten wollen und auch können.