Deutschland beansprucht das Land der Energiewende zu sein. Mit der Atomgesetznovelle von 2011 wurde der Ausstieg aus der Atomkraft formell beschlossen. Mit Ablauf des 15. April 2023 gehen nun die letzten drei verbliebenen Atomkraftwerke Emsland, Isar 2 und Neckarwestheim vom Netz. Zu diesem Anlass machen wir auf eine bereits im Jahr 2017 am artec Forschungszentrum Nachhaltigkeit erschienene Arbeit aufmerksam, die die Zukunft der stillgelegten Kraftwerksbauten aus einem spannenden, weil ungewohnten Blickwinkel beleuchtet.
Die Erhaltung eines stillgelegten Atomkraftwerkes könnte lehrreich, gewinnbringend, wenn nicht sogar geboten sein
Julia Kieselhorst folgt dem bestechenden Gedanken, dass eines oder mehrere der stillgelegten Atomkraftwerke zu einem Industriedenkmal gemacht werden soll. Ohne Zweifel stehen diese Anlagen für eine eigene technische Ära der Energiegewinnung in Deutschland, die nun zu Ende geht. Zugleich stehen sie auch für gesellschaftliche Kontroversen, die die deutsche Geschichte über viele Jahrzehnte mitgeprägt haben, von den „Atomtod“-Debatten der 1950er-Jahre bis zu den andauernden Debatten um die Endlagerung, die sich lange Zeit auf den Ort Gorleben fokussierten und noch keineswegs zu einem Ende gekommen sind. Die Erhaltung eines stillgelegten Atomkraftwerkes – in einer geeigneten Form, die erst noch zu ermitteln ist – könnte vor diesem Hintergrund lehrreich, gewinnbringend, wenn nicht sogar geboten sein. Die rechtlichen und technischen Schwierigkeiten sowie die notwendig lange Zeitperspektive bilden beträchtliche Hindernisse auf dem Weg zu einer Umsetzung. Der Ansatzpunkt und die Grundidee der vorgelegten Arbeit sind dessen ungeachtet intuitiv einleuchtend und anregend.
Die Studie wurde ursprünglich als Abschlussarbeit im Master-Studiengang Stadt‐ und Regionalentwicklung an der Universität Bremen verfasst und am artec Forschungszentrum Nachhaltigkeit betreut. In einer gestrafften und überarbeiteten Fassung erschien sie im Dezember 2017 in der Reihe der artec‐Papers.