Multi-Touch Interaktion für Computeranimation
Dissertation von Benjamin Walther-Franks (2014)
Für die meisten Medientypen steht eine große Bandbreite von digitalen Gestaltungswerkzeugen zur Verfügung, von einfachen Tools für Gelegenheitsnutzer bis zu leistungsfähiger Software für den professionellen Einsatz. Die Computeranimation, als die Kunst der animierten Darstellungen glaubwürdiger Figuren und fantastischer Welten, bleibt fast ausschließlich Spezialisten vorbehalten. Wichtige Gründe dafür liegen in den Animationsverfahren, die eine indirekte Steuerung der Dynamik über abstrahierte Beschreibungen erfordern (Keyframe-Animation), beziehungsweise mit hohem technischen Aufwand verbunden und daher wenig flexibel sind (Performance Animation). Der gegenläufige Trend in der Mensch-Technik-Interaktion, den Gebrauch von Benutzerschnittstellen direkter, intuitiver und natürlicher zu machen hat die Forschung im Bereich der Computeranimation bisher kaum beeinflusst.
Der vorliegenden Arbeit liegt die Hypothese zugrunde, dass Animationswerkzeuge der nächsten Generation vom Nutzer und der Interaktion her gedacht werden müssen. Zur Beschreibung diese Ansatzes werden drei Ziele formuliert: Verfahren und Werkzeuge der Computeranimation sollen in einen Interaktionskontext eingebettet werden. Die Erkenntnisse, die diese Perspektive bringt sollen erforscht, zusammengetragen und als Gestaltungsrichtlinien formuliert werden. Anhand von Prototypen soll illustriert werden wie mittels dieser Richtlinien direktere, effizientere, einfachere und flexiblere Werkzeuge zur Bearbeitung von Animationen erstellt werden können. Eine umfassende Darstellung des Standes der Wissenschaft und Technik, ein Gestaltungsraum von Bedienschnittstellen zur Bearbeitung zeitabhängiger visueller Medien, sowie eine Taxonomie der Abbildungen zwischen realer und medialer Raum-Zeit bilden die Grundlage des Vorgehens. Auf dieser Basis er- folgt eine interaktionszentrierte Analyse von Animationsverfahren, die zu einem Konzept von Direct Animation Interfaces und dazugehörigen Gestaltungsrichtlinien führt. Diese werden in zwei Beispieldesigns angewendet. In der Gestaltung, Umsetzung und dem Test eines Animationstools für interaktive Oberflächen wird neben Fragestellungen der Schnittstellengestaltung erörtert, wie man klassische Softwarearchitekturen so erweitern kann, dass sie neue Bedienkonzepte unterstützen. Die Technik Dragimation zeigt, wie neue Steuerungsmöglichkeiten für die Navigation von Videos in ein Verfahren für direktere und effizientere Gestaltung von Bewegungsdynamiken übertragen werden können.