Navigation in the Real World and in Virtual Worlds
Dissertation von Dirk Wenig (2015)
Navigation ist das Bewegen durch eine Umgebung und umfasst Fortbewegung und Wegfindung in unterschiedlichen Ausprägungen. Dies gilt sowohl für die Navigation in der realen Welt als auch für die Navigation in virtuellen Welten. Die Anforderungen an Benutzungsschnittstellen für Real-Welt-Navigation und Navigation in virtuellen Welten sind ähnlich, unterscheiden sich aber hinsichtlich der Prioritäten. Bei der Navigation in der realen Welt ist der wichtigste Aspekt in der Regel, ein Ziel so schnell wie möglich zu erreichen ohne vom Weg abzukommen. Bei der Navigation in virtuellen Welten ist das Nutzungserlebnis die zentrale Anforderung, mit einem Fokus auf dem Unterhaltungswert bei Spielen.
Ziel dieser Arbeit ist es, sich moderne Eingabetechnologien zunutze zu machen um natürliche und intuitive Interaktionskonzepte für die Navigation in der realen Welt und die Navigation in virtuellen Welten zu entwerfen. Es werden bewegungsbasierte Benutzungsschnittstellen zur Navigation auf Mobilgeräten im Rahmen von drei Studien im Bereich der Fußgängernavigation und zwei Studien im Bereich von Spielen untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl Real-Welt-Navigation als auch Navigation in virtuellen Welten davon profitieren können. Bewegungsbasierte Benutzungsschnittstellen müssen aber sehr vorsichtig eingesetzt werden. Mehrdeutige Reaktionen legen nahe, es dem Nutzer zu ermöglichen zwischen unterschiedlichen Interaktionstechniken wählen zu können.
Im Bereich der Fußgängernavigation haben Studien die Vorteile bildbasierter Ansätze aufgezeigt. Panoramafotografien gehen einen Schritt weiter und bieten kontextuelle Informationen. Die Forschung der vorliegenden Dissertation beschäftigt sich mit den Vorteilen von Panoramen gegenüber einfachen Fotografien. Mittels zweier Nutzerstudien in einem realistischen Szenario für Fußgängernavigation wird gezeigt, dass Fußgänger bei der Navigation von Panoramafotografien profitieren – unabhängig davon ob diese mit einer Karte kombiniert werden oder nicht.
Für die Zukunft ist zu erwarten, dass Smartwatches eine große Rolle bei der tagtäglichen Navigation spielen werden. Kartenanwendungen für Smartwatches sind aus kartografischer Sicht eine Herausforderung, da im Bereich der Kartografie große Bildschirme von Vorteil sind. Diese Arbeit präsentiert einen neuartigen kartografischen Ansatz, der den im mobilen Web oft genutzten Prozess der Linearisierung aufgreift um Karten auf kleinen Bildschirmen anzuzeigen. Der Ansatz transformiert jede zweidimensionale Karte in einen eindimensionalen Streifen. Die Resultate einer Nutzerstudie zeigen, dass diese Vereinfachung sowohl traditionellen mobilen Benutzungsschnittstellen für Karten und Wegbeschreibungen von Punkt zu Punkt bei der Fußgängernavigation mit Smartwatches überlegen ist.
Mobile Interaktionskonzepte zur virtuellen Exploration und für Spiele sind eine Herausforderung. Auf Grund fehlender Eingabegeräte muss der Großteil der Interaktion auf kleinen berührungsempfindlichen Bildschirmen umgesetzt werden. Diese Arbeit präsentiert ein neuartiges Steuerungskonzept für die virtuelle Exploration und für mobile Spiele, das eine physikalische Neige-Geste mit berührungsempfindlichen Bildschirmen kombiniert. Das Konzept basiert auf unterschiedlichen Bedeutungen von Aktionen in Abhängigkeit von der Orientierung des Gerätes und einem entsprechenden Blick auf die virtuelle Welt. Mittels einer Nutzerstudie wird gezeigt, dass Nutzer derartige Benutzungsschnittstellen verstehen und in der Lage sind diese zu nutzen. Nutzer haben keine Probleme damit, zwischen unterschiedlichen Abbildungen der Berührungen zu wechseln.
Im Bereich von Spielen, bei denen Spaß und das emotionales Nutzungserlebnis oftmals wichtiger sind als die pure Effizienz, ist es von Bedeutung Kompromisse unterschiedlicher Eingabetechnologien zu untersuchen. Die Forschung der vorliegenden Dissertation untersucht die Bedeutung von Nutzungserlebnis und subjektiver Effizienz. Die Resultate von zwei Studien im Bereich mobiler Spiele sind mehrdeutig. Während in einer Studie die Spieler einfache Eingaben über berührungsempfindliche Bildschirme und Bewegungen gegenüber effizienteren Schaltflächen vorziehen, bevorzugen die Spieler in einer anderen Studie einen virtuellen Joystick gegenüber intuitiveren Alternativen weil dieser bekannt, einfach und präzise ist.
Schlagwörter: mobile Mensch-Computer-Interaktion (mobile MCI), Fußgängernavigation, virtuelle Exploration, mobile Spiele, Virtual Reality (VR), Augmented Reality (AR)