Am 12. Juli 1979 wurden im Stadium der „Chicago White Sox“ mehrere tausend Schallplatten verbrannt; dieses Ereignis wurde als „Disco Demolition Night“ bekannt. DiscoMusik, die ihre Wurzeln in urbanen schwarzen und schwulen Stadtvierteln hatte, galt RockFans als elitär und wurde so ein perfektes Ziel für „weiße Wut“. Die vermeintlich rebellische Attitüde von „Disco Sucks“ und die paradoxe Verhandlung von „Authentizität“ in der PopMusik sind auch zu lesen als popkulturelle Auswirkungen und Abwehrkämpfe gegen die Veränderung einer fordistischen (von Industrialisierung geprägten) Produktions- und Lebensweise sowie der damit schwindenden Dominanz weißer Männlichkeiten und als Reaktion auf veränderte Geschlechterregime. Der Poptheoretiker Tim Lawrence diskutiert daher Disco Demolition Night 1979 gar als Grundsteinlegung für die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten. Nun, wie ist dieses Ereignis und sein Nachhall 40 Jahre später, mitten im Neoliberalismus und aktuellen politischen und kulturellen Auseinandersetzungen, zu bewerten? – Eine Rekonstruktion mithilfe von Text, Musik- und Videoschnipseln und wilden Thesen...
Sven Bergmann ist Kulturanthropologe mit einem Schwerpunkt in STS (Wissenschafts- und Technikforschung). Am Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven betreut er den Schwerpunkt „Meer und Umwelt“. Seine aktuellen Forschungen drehen sich um Fragen der politischen Ökologie des Meeres, u.a. zu Plastik in der Umwelt. Darin stellt sich ständig die Frage, was als „natürlich“ oder „authentisch“ gilt und welche Politiken dies hervorruft.