Jörg Holkenbrink war der Leiter des Zentrums für Performance Studies (ZPS) der Universität Bremen mit dem angeschlossenen Theater der Versammlung (TDV) zwischen Bildung, Wissenschaft und Kunst. Er entwickelte gemeinsam mit den Ensemblemitgliedern und Lehrenden an der Universität seit den 1990er Jahren regelmäßig Projekte, die eine künstlerische Orientierung in wissenschaftlichen Arbeitszusammenhängen ermöglichen. Die Schwerpunkte Performative Forschung und Lehre, Wissenskulturen im Dialog sowie öffentlichkeitswirksame Grenzüberschreitungen zwischen theoretischen und praktisch-ästhetischen Arbeitsweisen und Darstellungsformen zählen zu den wesentlichen Zielen seiner Arbeit. Das Theater der Versammlung hat sich von seinen Anfängen als erstes Forschungstheater in der Lehre in Deutschland, (Modellversuch der Bund-Länder-Kommission für Bildungsfragen 1992-1996; Berninghausen-Preis für ausgezeichnete Lehre und ihre Innovation im Hochschulbereich 1993) zu einer international beachteten Institution entwickelt
Wir verlieren mit Jörg Holkenbrink einen immer interessierten und diskussionsfreudigen Gesprächspartner, Lehrenden und Bildungsforscher. Seine weite Belesenheit, sein neugieriges Fragen, seine tiefe Intellektualität erlaubten es ihm, sich zwischen den Disziplinen hin und her zu bewegen und hinter den Differenzen die Berührungspunkte auszuloten. Damit hat er in den Fachbereichen, die seit Jahren Mitglied im Zentrum für Performance Studies sind, neue Perspektiven und Handlungsdispositionen für die Studierenden wie die Lehrenden angeregt.
Seiner Offenheit nicht nur für alle wissenschaftlichen Fragen und das weite Feld der kulturwissenschaftlichen Theorien, sondern auch und insbesondere für Studierende und Kolleg*innen, die sich mit diesen Fragen auseinandersetzten, verdanken wir viele Impulse. Kunst, Theater und Kreativität, so lautete eines seiner Credos, sind spezifische Modi von Forschung und keinesfalls Gegensätze.
Im Methodischen streng, war es ihm zugleich ein großes Anliegen, dass Studierende ihren eigenen Weg suchten. Dabei hat er alle mit seinen weiten Kenntnissen und großer Sensibilität unterstützt.
Als Intellektueller und Hochschullehrer hat er die Gründungszeit der Universität Bremen und deren Reformansätze in Praxis umgesetzt und weitergedacht. Von dieser Erfahrung geprägt, hat er manche Erscheinung der Universität heute kritisch gesehen. Das erste Buch, der zahlreichen Publikationen, die im Rahmen der Arbeit des TDV in den letzten Jahren erschienen sind, trägt den Titel: Tragt Masken, schont das eigene Gesicht. Das Theater der Versammlung - Performance zwischen Bildung, Wissenschaft und Kunst (1996). Im April 2020, einer Zeit, in der die Theater auf unbestimmte Zeit geschlossen sind, hat der Titel angesichts des Wirkens von Jörg Holkenbrink eine große Bedeutungsvielfalt und ist aktueller den je, da die ganze Welt zur Bühne wird.
Er wird uns fehlen. Wir trauern mit seiner Familie, mit den Mitgliedern und Freunden des Theaters der Versammlung und des Zentrums für Performance Studies und allen, die ihm nahe standen.
Die Mitglieder des Zentrums für Performance Studies und des Theaters der Versammlung