Personalisierte Werbung erfordert sensible Daten
Durch den zunehmenden Werbedruck und eine wachsende Anzahl an Kommunikationskanälen wird es für Unternehmen heute immer schwieriger, ihre (potenziellen) Kunden zu erreichen. Als Konsequenz aus dieser Entwicklung nimmt die Effektivität von Werbemitteln stetig ab. Insbesondere im Online‐Marketing steuern Werbetreibende mit innovativen, datenbasierten Technologien dagegen, welche die Ansprache immer feinerer Zielgruppen („Targeting“) und das Ausspielen maßgeschneiderter Inhalte („Personalisierung“) ermöglichen. Diese Ansätze funktionieren umso zielgenauer, je mehr persönliche Nutzerdaten das werbende Unternehmen aufzeichnen und zu einem Gesamtbild des Users zusammensetzen kann.
Personalisierte Werbung in Zeiten der EU-Datenschutzgrundverordnung
In Zeiten der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und steigender Vorbehalte der regulatorischen Behörden gegenüber der Sammelleidenschaft digitaler Unternehmen, werden solche Techniken zunehmend kritisch diskutiert und deren Einsatz erschwert. Auf Konsumentenseite wird insbesondere personalisierte Werbung häufig als aufdringlich empfunden und kann mitunter sogar negative Konsumentenreaktionen hervorrufen. So hat sich die Nutzung sogenannter Ad‐Blocker Technologien in den vergangenen Jahren drastisch erhöht. Zudem sinkt die Bereitschaft der Konsumenten, persönliche Daten zu Werbezwecken preiszugeben.
Privacy Customization als möglicher Lösungsansatz
In seiner März-Ausgabe berichtet der Harvard Business Manager über einen Ansatz von Prof. Dr. Maik Eisenbeiß und Dr. Nico Wiegand (Universität zu Köln), der „Kunden mit personalisierter Werbung versöhnen und ihre Kaufabsicht erhöhen soll“. Der Name: Privacy Customization. Die Idee: Unternehmen gewähren dem User bei seinem ersten Besuch einer Website die vollständige Kontrolle über die weitere Verwendung seiner Daten. Der User entscheidet selbst, welche „Datenpunkte“ (bspw. Demografika, Surfverhalten, social media, etc.) das werbetreibende Unternehmen zu Personalisierungszwecken nutzen darf.
Studien in Deutschland und in den USA liefern erste Erkenntnisse
Das Potenzial dieses Ansatzes konnte in zwei Online-Experimenten in Deutschland und in den USA belegt werden. Konkret wurden Konsumenten zufällig in drei Gruppen aufgeteilt, die unterschiedliche Grade an Nutzerfreundlichkeit hinsichtlich der Privatsphäreeinstellungen widerspiegeln. Gruppe 1 sah sich mit dem Status Quo vor Einführung der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) konfrontiert. Besucher einer Website hatten keine Möglichkeiten, ihre gesammelten Daten einzusehen oder deren Nutzung zu steuern. Besucher in Gruppe 2 wurden umfassend aufgeklärt, in welcher Weise Daten zu Werbezwecken gesammelt und genutzt wurden – ähnlich den neuen Anforderungen der DSGVO. In Gruppe 3 hatten Website-Besucher schließlich die Möglichkeit, selbst festzulegen, welche Daten sie zu Werbezwecken freigeben mochten (Privacy Customization).
Privatsphärebedenken gehen zurück und Werbeerfolg steigt durch Privacy Customization
Im Ergebnis erhöht sich die Kaufabsicht der Besucher in Gruppe 3 im Vergleich zum Status-Quo vor Einführung der DSGVO um fast 10%, während die Absicht, den Online‐Shop erneut zu besuchen, um 16% ansteigt. Somit wird der Verlust einiger Daten durch die Opt‐in-Logik des Privacy-Customization-Ansatzes von den positiven Auswirkungen der größeren Datenkontrolle mehr als kompensiert. Im Vergleich mit den Besuchern, die lediglich einen transparenten Einblick in die genutzten Daten bekamen (Gruppe 2), konnte ebenfalls ein signifikanter Anstieg festgestellt werden. Interessanterweise zeigt sich auch, dass Transparenz alleine (Mindestanforderung der DSGVO) nicht zu einer erhöhten Akzeptanz von Online‐Werbung führt.