(AKAD15) Die Kunstgeschichte des 19. Jahrhunderts und die Anfänge der modernen Kunst

Mit dem 1915 entstandenen Bild „Schwarzes Quadrat“ von Kasimir Malewitsch manifestierte sich eine Wende in der Geschichte der Kunst, mit der eine andere zu Ende ging: Hatte Leon Battista Alberti 1435 mit der Metapher vom Bild als „geöffnetem Fenster“ (aperta fenestra) die neue Aufgabe der Kunst der Renaissance, ein Fenster zur Welt zu sein, umschrieben, so wird dieses Fenster 1915 mit dem „Schwarzen Quadrat“ um der Autonomie der Kunst willen metaphorisch wieder geschlossen. Der Betrachter sieht nun kein Bild der Welt mehr, sondern eines, das ohne erkennbare Referenz zu einer außerbildlichen Wirklichkeit zu sein scheint.

In der Geschichte der philosophischen Ästhetik entsteht der Gedanke einer autonomen Kunst am Ende des 18. Jahrhunderts mit den Schriften von Karl Philipp Moritz und Immanuel Kant, in denen sinngemäß von der Autonomie der begriffsfreien Kunst die Rede ist: „das in sich selbst Vollendete“ lesen wir hierzu bei Moritz und von der „Zweckmäßigkeit […] ohne Vorstellung eines Zwecks“ bei Kant. In dieser Zeit verändert sich auch die Bedeutung des Begriffes „Kunst“ und wird zu einem die schönen Künste zusammenfassenden Begriff im heutigen Sinn. Die Handwerkskunst, die der alte Kunstbegriff noch mit umschloss, ist in dem neuen nicht mehr enthalten.  Eine bildbestimmende Autonomie der Farben und Formen ist aber Ende des 18. Jahrhunderts noch nicht zu erkennen.

In der Zeit der Romantik entsprechen nur die avantgardistischen Werke William Turners und Caspar David Friedrichs dem neuen Gedanken einer autonomen Kunst: bei Turner durch die zunehmende Selbständigkeit der Farbe, bei Friedrich durch eine ideelle, konzeptionelle Darstellung der Natur.

Versuche, diese neue Kunst zu schaffen, finden sich dann vermehrt in der Zeit des Nachimpressionismus: nach 1880 bei Paul Cézanne und seinen Montagne Sainte-Victoire-Bildern, bei Claude Monet und dessen Serien (1891 erste Ausstellung der Heuschober-Serie) und bei Georges Seurats pointillistischen Werken (um 1885). Gemeinsam ist diesen Werken eine Bildwirklichkeit, die sich durch eine verfremdende Darstellung der gegenständlichen Welt mehr und mehr einer begrifflich identifizierenden Betrachtung verschließt.

Zwischen philosophischer Ästhetik und Kunstgeschichte bestand also eine Ungleichzeitigkeit, die von Kants „Kritik der Urteilskraft“ aus dem Jahre 1790 bis zum Nachimpressionismus andauern sollte. In dieser Zeit entsteht das neue kunsthistorische Paradigma der Gegenstandslosigkeit, das nach 1900 das alte ablösen wird.
 


Dozent:          Dr. Karl Heinz Wölke

Termine:        dienstags, 08.04. – 08.07.2025

Zeit:               16:00 (s.t.) bis 17:30 Uhr

Veranstaltungsart:  hybrid, in Präsenz (Akademie, Raum B 0660) oder wahlweise Online-Teilnahme

Hinweis:            Teilnehmerbegrenzung: 40 Personen in Präsenz

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