Das Technologie-Zentrum Informatik und Informationstechnik (TZI) der Universität Bremen steht mit seinen Forschungsthemen im Zentrum des massiven Umbruchs, den die Digitalisierung in der Gesellschaft ausgelöst hat. In diesem Jahr feiert das TZI sein 25 -jähriges Bestehen – aufgrund der Pandemie allerdings ohne eine Festveranstaltung. Das Jubiläum bietet dennoch Anlass für eine Bilanz: Welchen Beitrag hat das Institut, in dem die Kompetenzen von rund 160 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus verschiedenen Fachbereichen der Universität gebündelt werden, für die Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft geleistet?
„Das TZI hat in diesem Vierteljahrhundert auf vielfältigen Ebenen zur Entwicklung des Landes Bremen beigetragen, gilt aber längst auch als international bedeutendes Institut mit Forschungskooperationen in der ganzen Welt“, betont der geschäftsführende Direktor des TZI, Professor Rainer Malaka. „Wir sind in den Bereichen Forschung, Transfer und Lehre aktiv. Damit haben wir nicht nur wichtige Beiträge zu Entwicklungen in Zukunftsfeldern wie Künstliche Intelligenz, Robotik und 5G-Mobilfunk geleistet, sondern auch dringend benötigte IT-Fachkräfte ausgebildet, insbesondere für die Region Bremen.“
Forschungsergebnisse zügig in die Wirtschaft transferieren
Pro Jahr arbeiten die TZI-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler durchschnittlich an rund 120 Forschungsprojekten. Dabei handelt es sich oft um Grundlagenforschung, die das Fundament für Technologien von übermorgen legt – die Forscherinnen und Forscher denken oft zehn oder 20 Jahre voraus. Parallel dazu besteht aber eine weitere Kernaufgabe darin, anwendungsnahe Forschungsergebnisse zügig in die Wirtschaft der Region Bremen zu transferieren, um sie der Gesellschaft zukommen zu lassen. Aktuell beteiligt sich das TZI beispielsweise intensiv an der Einrichtung eines Transferzentrums für Künstliche Intelligenz (KI) und an der Umsetzung der KI-Strategie des Landes Bremen. Auch beim Thema Open Science, also der freien Verfügbarkeit von Forschungsergebnissen und der Einbindung vielfältiger gesellschaftlicher Gruppen in die Wissenschaft, engagiert sich das TZI.
„Im Mittelpunkt steht für uns immer der Mensch“
Die Erkenntnisse aus abgeschlossenen Projekten werden bereits in vielfältigen Bereichen wie dem Gesundheitswesen, der Telekommunikation, der Automobilindustrie oder dem „Smart Home“ eingesetzt. Das TZI setzt dabei auf Technologien wie Virtual Reality, Künstliche Intelligenz, 5G-Mobilfunk und Robotik. „Im Mittelpunkt steht für uns dabei immer der Mensch“, betont Malaka. „Wir wollen den Menschen nicht ersetzen, sondern ihn dabei unterstützen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. In der Arbeitswelt geht es auch darum, Menschen von gesundheitsschädlichen oder monotonen Arbeiten zu entlasten.“
Unterstützung für das Ingenieurwesen, die Chirurgie und den Reha-Bereich
Zu den frühen TZI-Forschungsfeldern, die jetzt in der Praxis eingesetzt werden, zählt beispielsweise der Bereich Wearable Computing, also tragbare Computer, die unter anderem bei komplizierten Wartungsarbeiten am Körper getragen werden können, sodass die Anwenderinnen und Anwender ihre Hände frei haben. Im Gesundheitswesen hat das TZI verschiedene Projekte zur Unterstützung von Chirurginnen und Chirurgen während der Operation und zum Trainieren von komplizierten Hüftoperationen entwickelt, aber auch zur Durchführung von Reha-Maßnahmen im eigenen Heim.
Forschen für die KI im Sonderforschungsbereich EASE
Ein besonderer Erfolg war darüber hinaus die Bewilligung des Sonderforschungsbereichs (SFB) EASE der Universität Bremen durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG). Die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter Leitung von Professor Michael Beetz entwickeln neue Methoden der Künstlichen Intelligenz. Die Forschung verfolgt das Ziel, Roboter für das Erledigen alltäglicher Aufgaben zu befähigen, damit Menschen auch bei körperlichen Einschränkungen ein selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden führen können.
Der Bereich Nachrichtentechnik unter Leitung von Professor Armin Dekorsy war an der Entwicklung der heutigen 5G-Mobilfunktechnologien beteiligt und hat seinen Blick bereits auf die 6. Generation gerichtet. Kooperationspartnerinnen und -partner sind dabei oft renommierte internationale Universitäten sowie Unternehmen vom Bremer Mittelstand bis zum internationalen Konzern.
Ausbildung dringend benötigter Fachkräfte für die Region
Die Lehre genießt ebenfalls einen sehr hohen Stellenwert am TZI. „Unsere Studierenden werden bereits sehr früh in die Forschung eingebunden“, erklärt Malaka. „Unsere Absolventinnen und Absolventen tragen damit hochaktuelles Wissen und Know-how in die Unternehmen, bei denen sie später arbeiten.“ Dass diese Fachkräfte in der Region dringend benötigt werden, hat kürzlich die Studie „Struktur und Entwicklungsperspektiven der IT-Branche im Land Bremen“ gezeigt, die vom Verband Bremen Digitalmedia und dem Institut für Arbeit und Wirtschaft erstellt wurde. Demnach gaben drei Viertel der befragten IT-Unternehmen an, dass sich die Besetzung von Stellen in den vorausgegangenen zwölf Monaten problematisch gestaltet habe.
Zahlreiche Uni-Ausgründungen
Einige dieser Unternehmen wurden selbst von ehemaligen TZI-Studierenden sowie -Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gegründet. In 25 Jahren hat das TZI fast 30 Ausgründungen hervorgebracht. Zu den prominentesten Ablegern gehört die Firma Encoway, gegründet vom ehemaligen TZI-Forschungsmanager Christoph Ranze. Das Unternehmen, das zur Lenze-Gruppe gehört und in Bremen mehr als 200 Arbeitskräfte beschäftigt, errichtet zurzeit das neue „Digital Industry Hub“ im Technologiepark Universität Bremen.
Internationale Aufmerksamkeit für aktuelle Forschungshighlights
Forschungshighlights, die in den nächsten Jahren besonders viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen werden, sind unter anderem die Projekte MUHAI (Meaning and Understanding in Human-centric AI) und Knowledge4Retail. Im Rahmen von MUHAI entwickelt ein internationales Konsortium die Grundlagen für eine Künstliche Intelligenz, die den Menschen wirklich versteht, statt nur auf Verhaltens- und Sprachmuster zu reagieren. Bei Knowledge4Retail geht es um die Entwicklung von Robotern, die den stationären Einzelhandel im Wettbewerb mit der reinen Online-Konkurrenz stärken.