Menschen mit Behinderungen haben es schwer, einen passenden Arbeitsplatz zu finden. Digitale Medien können ihnen helfen, neue Tätigkeiten zu erschließen oder bestehende Arbeiten besser zu bewältigen. Das TZI der Universität Bremen hat daher unter Leitung von Professorin Heidi Schelhowe im dreijährigen Projekt „Emotionssensitives Assistenzsystem zur Unterstützung von Menschen mit Einschränkungen“ (EmotAsS) gemeinsam mit der Universität Augsburg und der Werkstatt Bremen an einer Problemlösung gearbeitet. Herausgekommen ist ein System, das sowohl die Beschäftigten unterstützt als auch ihre Betreuungspersonen entlastet. Es liefert nicht nur die notwendigen Instruktionen für eine Aufgabe, sondern reagiert auch auf den emotionalen Zustand der Anwenderinnen und Anwender, um sie nicht zu über- oder unterfordern. Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.
Spracherkennung registriert negative Gefühle
Den Prototypen des Systems nutzt die Werkstatt Bremen, Träger der Werkstatt für behinderte Menschen „Martinshof“, im Bereich Hauswirtschaft. Die Beschäftigten erhalten am Bildschirm Anweisungen für verschiedene Reinigungsaufgaben in der Werkstatt, beispielsweise in den Büros oder im Treppenhaus. Gesteuert wird das System hauptsächlich per Spracheingabe, wahlweise aber auch per Touchscreen oder über eine einfache Tastatur. Im Zuge der Spracherkennung ermittelt das System zusätzlich positive oder negative Emotionen sowie deren Intensität. Im Falle von negativen Gefühlen wird den Nutzerinnen und Nutzern angeboten, erst einmal ein beruhigendes Spiel zu spielen. Bei einem Mangel an Energie wird stattdessen eine kleine Verfolgungsjagd vorgeschlagen.
„In der Informatik versuchen wir heute, Gefühle zu erkennen und zu berechnen“, erklärt Professorin Heidi Schelhowe, Leiterin der Arbeitsgruppe Digitale Medien in der Bildung (dimeb). An der Universität Bremen werde dies mit einer hohen Kompetenz in der Pädagogik verknüpft, um zu erforschen, wie die Informatik in Bildungszusammenhängen eingesetzt werden kann. Bei dem Assistenzsystem, so betonen auch die Projektmitarbeiter Christian Cohrs und Florian Lütkebomert, gehe es darum, den Menschen mit Behinderungen mehr Verantwortung, Selbstbestimmung und Kontrolle zu ermöglichen. Die Emotionserkennung wurde dabei von der Universität Augsburg beigesteuert.
Beschäftigte sind begeistert
Die Beschäftigten in der Werkstatt Bremen, einer der größten Einrichtungen ihrer Art in Deutschland, haben das System sofort angenommen und ihm sogar einen Namen gegeben: „Georg“ heißt ihr digitaler Ratgeber jetzt. „Die Mitarbeitenden in der Hauswirtschaft haben eine Aufwertung ihrer Tätigkeit durch das Projekt erfahren, sie sind sehr begeistert“, berichtet Werkstattleiter Hinderk Ulferts. Seitens der Betreuenden habe es zunächst Berührungsängste gegeben, weil sie in dem Assistenzsystem eine Gefahr für ihren Arbeitsplatz sahen. Mittlerweile seien sie jedoch froh über die Entlastung, denn „Georg“ beantwortet die häufig wiederkehrenden Fragen der Beschäftigten immer wieder mit Engelsgeduld. Die Betreuerinnen und Betreuer können sich auf andere Aufgaben konzentrieren.
Das Projekt EmotAsS ist zum 31. Mai 2018 ausgelaufen. Die Beteiligten kämpfen jedoch darum, das System weiterentwickeln zu können, weil es für die Menschen mit Behinderungen in der Werkstatt Bremen eine große Unterstützung darstellt. „Experten sind sich sicher, dass es einen großen Bedarf an solchen Hilfen gibt“, betont Monika Emmel, die das Projekt für die Werkstatt betreut. „Ich bin der Meinung: das ist die Zukunft.“
Weitere Informationen:
www.emotass.de