Auf einen Espresso mit …. Prof. Dr. Konrad Elmshäuser, Archivleiter des Staatsarchivs Bremen
Herr Elmshäuser, wann haben Sie an der Uni Bremen studiert und wie kam es, dass Sie sich gerade für Bremen entschieden haben?
Ich war in den 80er Jahren dabei. Bin 1981 nach Bremen gezogen. Damals sind ja viele sehr bewusst dorthin gegangen. Meine Familie stammt jedoch aus Marburg, ich ging in Wiesbaden zur Schule – da wollte ich einfach sehr gerne weiter weg. Eine Freundin von mir begann ein Musikstudium in Bremen – da bin ich ebenfalls dorthin gegangen. Ich hatte auch Familie vor Ort, also schien es mir sinnvoll, in der Hansestadt zu beginnen. Aber WAS ich studieren wollte, stand für mich immer schon fest: Geschichte und Deutsch. Das war es. Zwar wollte ich nicht in die klassische Lehrerausbildung – aber in der Richtung Universität oder Journalismus konnte ich mir meine Zukunft gut vorstellen. Viele Studenten pilgerten damals fast sektenartig an die Uni Bremen (Stichwort Rote Kaderschmiede) – obwohl ’81 der Höhepunkt bereits überschritten schien. Das führte manchmal zu klaustrophobischer Stimmung. Man war der Meinung, die Reformuni würde von außen abgewickelt.
Welche Erinnerung prägte Sie nachhaltig – oder besser: was bleibt, wenn Sie an Ihre persönliche Zeit an der Universität zurückdenken?
Nun – da gibt es kein singuläres Ereignis, das besonders heraussticht in meiner Erinnerung. Aber ich war einfach sehr gerne im GW2 unterwegs damals und natürlich in der Uni-Bibliothek. Man hatte dort gute Arbeitsbedingungen und noch heute – inzwischen lehre ich auch seit 2009 als Privatdozent dort Geschichte – gibt es mir ein wohliges Gefühl, auf dem Campus unterwegs zu sein.
Erinnern Sie sich, wer oder was Ihre Laufbahn besonders beeinflusste?
Da fällt mir auf jeden Fall ein Hochschullehrer besonders ein: der Mediävist war – Prof. Hägermann. Wir haben uns schon sehr früh kennengelernt. Seinen Arbeitsschwerpunkt – deutsche und französische Geschichte – habe ich sehr geschätzt. Er hat mich geprägt und ich konnte auch später bei ihm promovieren. Leider ist er 2006 verstorben. Zu seinem 80. Geburtstag versammelten sich in diesem Jahr zu einer Tagung im Staatsarchiv zahlreiche ehemalige Schüler und es war toll, wie viele sozialgeschichtliche, wirtschaftsgeschichtliche und technikgeschichtliche Karrieren er mit auf den Weg gebracht hat. Selbst in Paris (Aufenthalt und Promotion am Deutschen Historischen Institut Paris) galt die École de Brême etwas, damals. Darauf konnte man stolz sein. Die Wende vom Reformmodell hin zur „echten“ Universität hat insgesamt über 10 Jahre gedauert und war sehr schwierig. Hinterließ manchmal auch eine Art Ratlosigkeit.
Was würden Sie – in Doppelfunktion als aktuell Lehrender und eingedenk des eigenen Studiums – Studierenden heute denn gerne mit auf den Weg geben?
Ja (lacht), das ist wahr – so ganz mit dem Abstand der Zeit kann ich das nicht sehen und raten. Aber dennoch gebe ich immer gerne weiter, dass man sich nicht abhängig machen soll von fremden Fragestellungen. Selbstbestimmt studieren – würde ich empfehlen. Im besten Sinne sein Studium selbst in die Hand nehmen und alle Informationen hinterfragen. Im wissenschaftlichen und positiven Sinn: eine kritische Methode anwenden. Für Historiker betrifft das vor allem die Quellenarbeit. Man darf und muss Theorien auch einmal gegen den Strich bürsten. Die Quellen überprüfen und hinterfragen. Dranbleiben. Das ist ein guter Forschungsstil. Nicht alles als gegeben und in Stein gemeißelt sehen. (Lächelt) Aktiv studieren, sozusagen.
Und was gehört für Sie dazu?
Na ja: zum Beispiel beginnt das schon damit, dass man die Zeitung aufmerksam liest. Eine persönliche Offenheit pflegt und Fairness. Als Honorarprofessor bin ich aktiv mit der Quellenarbeit zur Landesgeschichte Bremens befasst oder überhaupt von Nordwestdeutschland. Nicht nur mit Erinnerungen, sondern ganz aktuell in den letzten 10 Jahren.
Und Ihre persönliche Verbindung zu den Alumni der Uni Bremen ist…?
Oh, den Verein habe ich erst in diesem Jahr so richtig wahrgenommen und kennengelernt. Bei der Führung in diesem Jahr und den Abstimmungen dazu im Vorfeld. Wir sind in Bremen ja eine vergleichsweise junge Universität und haben diese ganze Alumni-Kultur noch nicht so ausgeprägt, wie zum Beispiel alte deutsche Universitäten oder Unis im Ausland.
Wir müssen gerade Ihnen unbedingt noch die Frage nach der Zeitreise-Maschine stellen: wohin würde es Sie am liebsten ziehen? Welche Zeit möchten Sie gerne erleben?
DAS ist doch klar: nach Bremen ins Mittelalter! Ich würde zu gerne wissen, liegen wir mit allen Theorien richtig? War das Leben zu dieser Zeit wirklich so, wie wir uns das denken? Oder doch völlig anders? Tappen wir im Dunkeln? Ich würde leidenschaftlich gerne abklären, ob die Bauten so richtig gedeutet sind, die Einwohnerzahlen stimmen, die Menschen vergleichbar lebten…oder war alles einfach nur dunkel und man hatte Angst vor dem nächsten Winter? Viele spannende Fragen liegen mir dazu auf der Zunge.
Gibt und gab es in Ihrem Leben noch eine zweite, andere Leidenschaft? So, dass Sie sagen, hätte ich nicht Geschichte studiert, wäre ich gerne…?
Nein – es ist alles bestens und richtig gekommen für mich. Ich habe ja einmal etwas Anderes probiert: die Tiermedizin! Aber der NC war zu hoch – höher noch als in der Humanmedizin, das muss man sich mal vorstellen! Und es gab ein unsägliches Losverfahren, darauf mochte ich auch nicht setzen. Nach 1-2 Bewerbungsrunden habe ich es dann aufgesteckt. Jetzt habe ich das Gefühl: ich habe alles richtig gemacht! Und ich verbinde mit der Uni noch heute nur Positives. Bin mit ihr gut verbunden und habe die Chance, über die Honorarprofessur ein wenig zurückzugeben, wovon ich auch profitiert habe. Ich bin tiefenentspannt und zufrieden. Habe ein freundliches Verhältnis zur Uni Bremen.
Das klingt nach einem wunderbaren Schlusswort – wir danken Ihnen für das Gespräch!
(das Interview führte Manuela Brocksieper, con TEXT)